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Am Mittwoch trifft die Schweiz im letzten WM-Gruppenspiel auf Costa Rica. Marc Tschallener ist vor vier Jahren dorthin ausgewandert. Er erzählt vom Stellenwert des Fussballs in Costa Rica und von der Stimmung vor dem Spiel.
Vor vier Jahren wanderte der Bronschhofer Marc Tschallener der Liebe wegen nach Costa Rica aus. Er betreibt mit einem weiteren Schweizer die Internetplattform Tropenwanderer mit Informationen zu Land und Leuten und kennt die Mentalität der Ticos, wie die Einwohner Costa Ricas sich selbst bezeichnen, deshalb bestens. Vor dem entscheidenden Spiel der Schweizer Nati gegen Costa Rica spricht er über die Euphorie in der «Schweiz Mittelamerikas», Enttäuschungen und verrät, für wen sein Herz beim heutigen Spiel schlägt.
Welchen Stellenwert hat die Fussballweltmeisterschaft für die Bevölkerung in Costa Rica?
Marc Tschallener: Die Fussball-WM hat einen absolut hohen Stellenwert für die Ticos. Es gibt einige wenige, die es nicht interessiert. Die sind jedoch klar in der Minderheit. Hier regiert König Fussball. Das gute Abschneiden an der WM in Brasilien vor vier Jahren hat die Erwartungen der Ticos an ihre «Sele» (kurz für: La Selección Nacional) zusätzlich geschürt. Damals schieden sie erst im Viertelfinale gegen die Niederlande aus.
Wie war die Stimmung während der zwei ersten Spiele von Costa Rica?
Die Stimmung während des Spiels gegen Serbien war gut, gefärbt von hohen Erwartungen aus der Weltmeisterschaft in Brasilien. Diese wurden leider arg gedämpft, nachdem man 0:1 verloren hatte. Viele Ticos waren unzufrieden mit der Leistung im ersten Spiel. Das war im zweiten Spiel gegen Brasilien dann anders. Dass es bis in die 90. Minute 0:0 bleiben würde, hätte niemand erwartet. Doch wie es im Fussball so ist, wurde die Euphorie am Schluss mit zwei Toren der Brasilianer leider wiederum arg getrübt. Die Enttäuschung war dementsprechend gross, denn die Ticos haben sehr gut dagegen gehalten. Man hätte offensiv mehr versuchen müssen, hiess es nach dem Spiel.
Gibt es in Costa Rica auch Public Viewings oder wie schauen sich die Ticos die Spiele ihrer Mannschaft an?
Die Spiele finden hier in Costa Rica um 6, 9 und 12 Uhr statt. Infolgedessen sind Public Viewings keine richtige Option. Ich persönlich kenne zumindest keine. Die Spiele werden, wenn dies erlaubt ist, im Geschäft geschaut oder in Bars. Ansonsten schaut man die Spiele mit Freunden und Familie zu Hause, da solche Ereignisse auch hier gerne mit vielen Leuten geteilt werden.
Werden Sie sich das Spiel Schweiz gegen Costa Rica ansehen?
Ich werde mir das Spiel auf jeden Fall ansehen. Wir sind momentan acht Stunden gegenüber der Schweiz hinterher. Die Zeitverschiebung ist also kein Problem. Das Spiel wird um 12 Uhr am Mittag angepfiffen und glücklicherweise erlaubt mir mein Arbeitgeber, das Spiel anzusehen.
Sie sind ein Schweizer, der nach Costa Rica ausgewandert ist und jetzt mit einer Tica verheiratet ist. Für welche Mannschaft schlägt beim Spiel Ihrer Wahlheimat gegen Ihr Mutterland Ihr Herz?
Vor der Auslosung der Gruppen hatte ich gehofft, dass Costa Rica und die Schweiz nicht aufeinander treffen würden. Bekanntlich kam es nun anders. Es ist für mich eine schwierige Situation, da ich mich mit beiden Nationen sowie ihren Mannschaften eng verbunden fühle. Es wird ein Spiel mit gemischten Gefühlen werden. Abschliessend für mich ist jedoch klar: Mein Herz schlägt für die Schweiz.
Costa Rica kann selbst bei einem Sieg gegen die Schweiz nicht mehr weiterkommen. Ist das ein Vorteil für die Schweiz?
Ich bin überzeugt, dass sich die Ticos mit einem Sieg aus dem Turnier verabschieden möchten. Ob sie es schaffen, vom Mentalen her nochmals alles zu geben, kann ich nicht beurteilen. Die Schweiz ist jedoch gut beraten, wenn sie nicht auf Unentschieden spielt.