Auszeit für Time-out-Schule

Verhaltensauffällige Primarschüler sollen vorübergehend an einer Hinterthurgauer Schule untergebracht werden können. Nun verzögert sich das Projekt. Der Grund: Drei der vier involvierten Schulpräsidenten beenden nächstes Jahr ihre Amtszeit.

Philipp Haag
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REGION. Es ist ein innovatives Vorhaben, eines, dass es im Thurgau noch nicht gibt: Eine Time-out-Schule für Primarschüler, und zwar von der 4. bis zur 6. Klasse, falls notwendig auch für jüngere Kinder bis gar zum Kindergarten. Das Projekt lancierten Hinterthurgauer Schulpräsidenten im Sommer. Die Arbeitsgruppe wollte noch diesen Monat die Trägerschaft für das Schulprojekt gründen. Doch daraus wird nichts. «Die Time-out-Schule verzögert sich», sagt Gabriela Frei Aggeler, Schulpräsidentin von Münchwilen, auf Anfrage. Der Grund: Drei der vier in der Arbeitsgruppe mitwirkenden Schulpräsidenten treten im nächsten März nicht mehr zu den Erneuerungswahlen an und beenden im Frühsommer ihre Amtszeit. «Da macht es keinen Sinn», sagt Gabriela Frei Aggeler, «das Projekt zu forcieren.» Die Arbeitsgruppe legt einen Marschhalt ein. Die Nachfolger der abtretenden Schulpräsidenten werden sich des Projekts wieder annehmen, verspricht Gabriela Frei Aggeler.

Neben der Schulpräsidentin von Münchwilen scheiden Urs Schwarz, Schulpräsident von Fischingen, und Beat Imhof, Schulpräsident von Bichelsee-Balterswil, aus der Arbeitsgruppe aus. Es verbleibt, vorausgesetzt, sie wird im nächsten März bestätigt, Susanna Koller Brunner, die Schulpräsidentin von Eschlikon. Weiter mitarbeiten werden die beiden Vertreter der Politischen Gemeinden, Guido Grütter, Gemeindeammann von Münchwilen, und Kurt Enderli, Gemeindeammann von Wilen, sowie die Vertreterin des Kantons, Sandra Bachmann, Leiterin der Schulentwicklung.

Ein Grobkonzept steht

Ein Grobkonzept für die Time-out-Schule steht bereits. Vorausgegangen sind Gespräche mit Verantwortlichen ähnlicher Angebote in anderen Kantonen sowie das Studium ihrer Konzepte. Die Informationen sind ins Grobkonzept eingeflossen. «Wir haben es mit den Hinterthurgauer Schulpräsidentinnen und Schulpräsidenten bereits besprochen», sagt Gabriela Frei Aggeler. Das Interesse am Projekt sei sehr gross. Ein Diskussionspunkt ist allerdings nach wie vor die Altersspanne der Kinder und die Anzahl, welche das Angebot nutzen können.

Niederschwelliger Ansatz

Der Arbeitsgruppe schwebt ein niederschwelliger, also unbürokratischer, flexibler und schnell umsetzbarer Ansatz vor. Der Arbeitstitel für das Projekt ist darum Stützpunkt. Von der Bezeichnung Time-out-Schule verabschiedet sich die Arbeitsgruppe. «Wir streben keine Sonderlösung für die Schülerinnen und Schüler an», sagt Gabriela Frei Aggeler. Kindern, die in der Schule (oder Familie) nicht mehr tragbar sind, soll eine vorübergehende Auszeit an einem anderen Ort ermöglicht werden. Eine Variante ist der Besuch einer Regelklasse in einer Schule mit einer Tagesstruktur, bei der die Kinder am Abend nach Hause zurückkehren. Eine andere Möglichkeit besteht darin, sie unter der Woche bei einer Familie unterzubringen. Wichtig ist der Arbeitsgruppe der präventive Charakter des Projektes. Durch die Auszeit soll eine Einweisung der Kinder in ein Heim verhindert werden, oder ihr Abrutschen in die Sozialhilfe oder Kriminalität.

Kosten sind noch nicht bekannt

Wie hoch der Finanzbedarf für das Projekt ist, kann die Münchwiler Schulpräsidentin noch nicht sagen. Die Kosten hängen von der Altersspanne der Kinder sowie ihrer Anzahl ab. Ausserdem sind die Schulgemeinden auf die finanzielle Unterstützung der Politischen Gemeinden angewiesen. Ob diese zustande kommt, ist allerdings ungewiss. Die Gemeindeammänner, mit denen er das Projekt diskutiert habe, hätten positiv, aber doch verhalten reagiert, sagt Guido Grütter. Einer finanziellen Beteiligung stehen die Gemeindeammänner skeptisch gegenüber. «Die Sozialkosten sind explosionsartig am Steigen», sagt Grütter. «Da möchte sich der eine oder andere nicht noch weitere aufhalsen.»

Ausserdem seien noch etliche Fragen offen. Welche Probleme können gelöst werden? Welche Ergebnisse können erzielt werden? Zusammengefasst: Welchen Gegenwert erhält die Gemeinde für das eingesetzte Geld? «Um einen Entscheid fällen zu können, braucht es ein ausgereiftes Konzept», sagt Grütter. Er steht hinter dem Projekt, darum engagiert er sich in der Arbeitsgruppe. Er ist zudem der Meinung, dass es eine Chance hat. «Aber», betont Grütter, «dazu müssen wir klar aufzeigen können, wie die Gemeinden durch das Projekt entlastet werden können.»