Am «Pfuus» des Lebens vorbei

Kolambo – nicht eine Gruppe aus dem tiefsten Schwarzafrika, sondern aus tiefster Berner Provinz gastierte am Samstag im Eschliker Kulturzentrum Frohsinn. Die Langnauer überzeugten, die Eschliker nicht.

Michael Hug
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Eschlikon. Es war ein trauriges Bild, das sich den Späterkommenden präsentierte. Auf der Bühne kratzten vier junge Männer all ihr Haben und Können zusammen, um die Luft im Lokal zu zerreissen, aber die Kraft reichte nicht. Wie auch! Es waren nur gerade zehn zahlende Gäste da, dazu das Quartett der «Frohsinnler» und der Berichterstatter. Nicht dass für Letzteren die Situation neu war, aber in diesem Fall erschien sie ihm schon etwas mitleiderregend.

Letzte Monate der Existenz

Da schmeisst sich das «Frohsinn»-Macher-Team ins Zeug, um auch in den letzten Monaten der Existenz noch ein mitreissendes Programm auf die Beine zu stellen, aber das Publikum straft es mit Absenz. «Es ist wohl eine Gesellschaftserscheinung», sagt Tina Bossert, «bei Adrian Stern im Januar wird es voll sein!» In der Tat lässt sich das Phänomen seit einigen Jahren beobachten.

Obwohl es keine Konkurrenzveranstaltung gibt (ausser vielleicht die Olma), sind Konzerte mit sogenannten No-Name-Bands zunehmend schlecht besucht. Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht – hat zwar schon früher gegolten. Aber man vertraute wenigstens dem Koch – dem Veranstalter – erst recht dann, wenn er etwas Fremdes auf den Tisch stellte.

Neben dem Puls der Zeit

«Ich läbä näbm Puls vor Zyt värbii», singt Pasquale «Päscu» Penella von der Bühne. Der Text passt zum Abend, dieser «karikaturhaften Nacht», wie es dann weiter hinten im Song «süffer, schläger u sünder» heisst. Diese Nacht ist in vielerlei Hinsicht grotesk: Nichts bewegt sich im Dorf, man sitzt vor «Benissimo», der Verkehr ruht. Und ausgerechnet dort, wo der «Frohsinn» steht, soll dereinst ein Verkehrskreisel zu liegen kommen.

Darum muss er weg, der «Frohsinn», darum erscheint das Kolambo-Konzert wie ein Abgesang, darum singt «Päscu»: «Die Morgädämmerig vo mim Läbä suecht äs Alibi.»

Wir sind halt Idealisten

«Wir sind halt Idealisten», meint Tina Bossert und macht gute Miene zum schlechten Spiel. Das «Frohsinn»-Quartett steht hinter dem Entscheid, Kolambo trotz äquivalentem Flop vor fast zwei Jahren nochmals zu engagieren.

«Sie sind eben gut!», tönt es im Team, und es scheint, dass man die Langnauer eigentlich nur für sich selbst gebucht hat, weil allen der Sound der «vier Jungs, drei Akkorde und einer geilen Geschichte», wie sich Kolambo selbst darstellt, gefällt. «Poetische Texte, illegal coole Gitarrenriffs, böse Bässe und Mördersnares mit einer gesunden Portion an Ehrlichkeit» steht ebenso im Bandportrait.

Solche Affichen verhallen ungehört im Wald der längst satten (jugendlichen) Konsumgesellschaft, auch das übersteigerte Echo, dass «die Berner Mundartdetektive den wahren Rock'n'Roll- Groove längst überführt und ihn bis auf die Knochen ausgekocht haben», löst keinen Freudentaumel aus. Solche Ankündigungen holen im 21. Jahrhundert eben keinen gestandenen Rock'n'Roller mehr hinter dem Ofen hervor.