Startseite
Ostschweiz
Wil
Früher vereinbarten die Unternehmen, dass erst ab dem ersten November Lehrverträge abgeschlossen werden dürfen. Heute geschieht das aber früher – nicht zur Freude aller.
Es ist nur ein Stempel. Ein Stempel, der jedoch für die Jugendlichen einiges bedeutet: Wenn das Amt für Berufsbildung in diesen Tagen den genehmigten Lehrvertrag an den zukünftigen Stift zurückschickt, ist seine Zukunft nach der Schule endgültig geklärt. Und das, obwohl er die Zusage des Lehrbetriebs vielleicht schon länger hat.
Früher wurden vor dem ersten November keine Lehrverträge abgeschlossen. «Diese Abmachung gilt schon länger nicht mehr», sagt Tiziana König von der Berufs- und Laufbahnberatung in Wil. Nicht leicht für die Jugendlichen.
«Wenn in einer Schulklasse schon drei Viertel eine Lehrstelle haben, erhöht das den Druck nicht nur auf die Schüler, sondern auch auf deren Eltern»
Für Rolf Raschle, Präsident des Gewerbevereins Uzwil, wäre eine Frist, ab wann Lehrverträge abgeschlossen werden können, wünschenswert, aber nicht umsetzbar:
«Einige Betriebe haben das früher gemacht. Wenn jedoch die guten Schüler von Betrieben abgeworben werden, die sich nicht an die Frist halten, ist es logisch, dass die Anderen ebenfalls früher rekrutieren.»
Der Kampf um die grössten Talente ist hart. Deshalb sei auch die Suche nach Lehrlingen schwierig. «Da jetzt einige geburtenschwache Jahrgänge ins Lehrlingsalter kommen, befürchten wir magere Jahre», sagt Raschle. Dazu komme, dass die Industrie und das Gewerbe im Moment erfolgreich liefen, was zu mehr Lehrstellen führe.
Für die Schule ist die frühe Lehrstellensuche ebenfalls ein Problem. «Die Berufswahl ist ein Prozess. Die Schüler müssen sich in jüngeren Jahren für eine Lehre entscheiden als die Schüler früher», sagt Christoph Eggenberger, Schulleiter des Schulhauses Schöntal.
Eine frühe Entscheidung könnte darum auch zu mehr Lehrabbrüchen führen, da die Jugendlichen unsicherer seien. Aus Sicht des Schulleiters ist optimal, wenn die Lehrverträge erst zu Beginn des dritten Oberstufenjahres abgeschlossen werden.
«Wir haben aber Jugendliche, die bereits im zweiten Oberstufenjahr eine Lehrstelle gefunden haben.»
Eine verbindliche Datumsregelung lehnt Eggenberger aber ab. «Wir sind froh, wenn wir alle Schülerinnen und Schüler in einem Betrieb unterbringen können.» Besser wäre es, wenn die Lehrbetriebe die Zeugnisse des dritten Oberstufenjahres einsehen würden und eine massive Verschlechterung Konsequenzen nach sich zögen. «Damit bliebe ein Ansporn für die Schüler im letzten Jahr.»
Die Jugendlichen beginnen in der zweiten Oberstufe mit der Berufswahl. Für Berufsberaterin König ist das der richtige Zeitpunkt.
«Jedoch wird der Fokus oftmals zu sehr auf das Verfassen des Bewerbungsschreibens gelegt und zu wenig auf die eigentliche Berufswahl.»
Das sei jedoch zum Teil nachvollziehbar, da hin und wieder bereits für das Schnuppern eine schriftliche Bewerbung verlangt werde.
Nach dem Schnuppern folgt die eigentliche Bewerbung. Die Berufsberatung betreibt eine der grössten Lehrstellenplattformen im Land. Lehrstellen für den Start im August werden jeweils ein Jahr im Voraus publiziert.
«Viele Lehrbetriebe schreiben ihre Lehrstellen aber schon vorher auf der eigenen Website aus oder möchten die Jugendlichen nach dem Schnuppern für sich gewinnen.»
Sucht man im Netz nach Lehrstellen in Uzwil, sind im Moment noch 34 offene Lehrstellen zu finden. Erweitert man den Suchradius zur Region Uzwil, findet man aber immerhin noch rund 800 Lehrstellen.