Einen grossen Teil der Freizeit widmet der Pensionär Louis Moser aus Trübbach seinem Wingert. Diese Beschäftigung begleitet den zweifachen Familienvater und mehrfachen Grossvater während des ganzen Jahres.
Die Vorfahren von Louis Moser waren keine Winzer, zumindest weiss er nichts davon. Doch die Naturverbundenheit, der Bezug zu Pflanzen und zur Natur wurde dem heute 70-Jährigen bereits von Kindsbeinen an vermittelt, und sie ist ihm auch heute noch sehr wichtig.
1985, mitten im Berufs- und Familienleben stehend, bot sich dem gelernten Elektroingenieur die Möglichkeit, einen Wingert in Azmoos zu bewirtschaften. «Der Weinbau interessierte mich schon seit jeher. So musste ich nicht überlegen und meldete mich umgehend auf ein Inserat hin, als jemand Hobbywinzer zur gemeinsamen Bewirtschaftung suchte.» So erinnert er sich an den Anfang seiner Winzer-Tätigkeit. «Der besagte Azmooser Wingert stammte aus einer Erbmasse.» Der Erbe wollte und konnte diesen nicht alleine bewirtschaften, deshalb bildete er eine Interessensgemeinschaft (IG). «Zu fünft haben wir diesen Wingert gemeinsam bis gegen Ende der Neunzigerjahre bewirtschaftet, bis er anderweitig verkauft wurde», erklärt Moser.
Während diesen zehn gemeinsamen Winzerjahren lernte Louis Moser enorm viel über die Tätigkeiten und einzelnen Arbeitsschritte eines Winzers. Er wusste den Vorteil der IG sehr zu schätzen, welche eine Arbeitsteilung auf fünf Gleichgesinnte ermöglichte. Weder sein Beruf noch seine Familie litten unter seinem neuen Hobby – im Gegenteil: «Es war für mich ein gesunder Ausgleich an der frischen Luft zur täglichen Büroarbeit in der Firma.»
Beinahe zeitgleich mit dem Verkauf des Azmooser Erbwingerts und der darauf folgenden Auflösung der IG bot sich Moser die Möglichkeit, einen Wingert auf Steinen in Trübbach, unmittelbar in seiner Nachbarschaft, zu pachten. Noch immer mitten im Arbeitsprozess integriert, mittlerweile Inhaber einer Elektronikfirma mit mehreren Mitarbeitern und Standorten, suchte der Hobbywinzer auch hier jemand Interessierten zur Arbeitsteilung.
«Für mich, zusammen mit meiner Frau Gerda, hätte der ganze Wingert damals zu viel Arbeit bedeutet. So war es 1994 ein Glücksfall, dass ich mich mit meinem Nachbarn und Freund Niklaus Eggenberger zusammenschliessen konnte und wir den Wingert seit nunmehr über 20 Jahren gemeinsam bewirtschaften und Arbeit und Wein teilen.» So können beide ohne schlechtes Gewissen auch einmal für ein paar Tage in die Ferien fahren, ohne dass die Reben darunter leiden. «Unsere kleine IG hat sich bis heute bestens bewährt», freut sich Louis Moser, der den Wingert 2015 käuflich erworben hat.
«Aus unserem 1450 Quadratmeter grossen Wingert stammt der Wartauer Cuvée, ein Wein aus drei verschiedenen Traubensorten», erklärt der Hobbywinzer stolz. In seinem Wingert wachsen rund 500 Reben.
Ursprünglich waren alles 50-jährige Blauburgunder-Reben. Auf Ratschlag des Kelterers ersetzten sie erst einen Drittel durch die gegenüber Pilzbefall widerstandsfähige Piwi-Rebe Maréchal Foch und später ein weiteres Drittel durch die Rebsorte Cabernet Jura, ebenfalls eine Piwi-Sorte. Bei Piwi-Rebsorten kann der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf ein Minimum reduziert werden, was für Moser der richtige Weg hin zum naturnahen Weinbau bedeutet. Diese Zusammensetzung der Rebsorten hat sich für den Cuvée-Wein sehr bewährt und soll so erhalten bleiben. Bei den nunmehr 70-jährigen Blauburgunderreben müssen alle zwei bis drei Jahre rund zehn Rebstöcke aus Altersgründen ersetzt werden.
Die Trauben von Mosers werden im bündnerischen Malans in der Bio-Kellerei «Weinbau zur Krone» nach naturnahen Prinzipien gekeltert. «Diese Kellerei war bereits vor 20 Jahren eine Pionierin im Keltern von Cuvée-Weinen mit Piwi-Rebsorten. Ich bin überzeugt, dass die gesamte Weinbereitung (Keltern) mindestens so wichtig ist wie die Pflege der Reben», hält der Wartauer Winzer fest. Deshalb ist ihm auch wichtig, dass die mit viel Hingabe gepflegten Trauben in der richtigen Kellerei zu Wein gemacht werden. Auch wenn er privat Wein kauft, interessiert ihn neben dem betreffenden Winzer immer auch, wo der Wein gekeltert wurde.
Bevor die eigenen Trauben im Herbst gekeltert werden können, müssen viele Stunden Arbeit im heimischen Wingert geleistet werden. Die verschiedenen Arbeiten sind auf das ganze Kalenderjahr verteilt und erfordern durchschnittlich 150 bis 180 Arbeitsstunden. Je nach Jahr kann dies aber stark unterschiedlich sein. Wenn keine spezifische Arbeit ansteht, vergeht keine Woche, ohne dass Louis Moser den Wingert besucht. «Es gehört für mich einfach dazu, dass ich wöchentlich einmal zu meinen Reben sehe.»
Ende Februar beginnen er und Niklaus Eggenberger mit dem Schneiden der Reben. Wichtig beim Schnitt ist das Anschneiden des frischen Fruchtholzes. Dabei handelt es sich um Triebe, die im Vorjahr gewachsen und an denen neue Knospen erkennbar sind. Damit sind 80 bis 90 Prozent der Weinrebe entfernt, und sie sieht ziemlich kahl aus. Nach dem «Richten» des Drahtgerüstes und dem Ersetzen von morschen Pfählen werden die neuen Fruchttriebe am Drahtgerüst angebunden.
Ende April beginnt die Hauptwachstumszeit. Arbeiten wie ein erstes Mähen des Grases zwischen den Reben und ein erster Pflanzenschutz werden nötig. Das Erlesen, bei dem schwache Triebe entfernt und nur starke belassen werden, dient der ersten Ertragsregulierung. Das Einschlaufen zwischen den Drähten weist den Reben den Weg im Drahtgerüst. Bis zu zehn Zentimeter pro Tag können sie nun wachsen.
Anfang Juni beginnt die Rebblüte und mit ihr das Auslauben der Traubenzone. Die untersten drei Blätter an den Trieben haben ihre Arbeit erfüllt und werden entfernt. «Die Trauben brauchen frische Luft, damit sie nach einem Regen rasch abtrocknen. Er schätze diese ruhige Arbeit, das «Löbla» sehr gerne, stellt der Winzer fest. In dieser Zeit werden auch die überzähligen Trauben abgeschnitten. Es wird auf maximal zwei Trauben pro Trieb reduziert, damit der Ertrag im Herbst 800 Gramm pro Quadratmeter nicht übersteigt.
Alle Tätigkeiten des Winzers werden an der frischen Luft ausgeführt, was für Louis Moser einer der grössten Vorteile des Winzer-Daseins ist. In diesen Stunden kann er seinen Gedanken nachhängen oder unterhält sich gar mit den Rebstöcken, ohne eine Antwort zu erwarten: «Manchmal erwische ich mich dabei, wie ich zu den Rebstöcken spreche und sie frage, welchen Trieb ich denn nun stehen lassen soll.» Die Pflege der Reben bereitet ihm viel Freude – viel mehr als beispielsweise das laute Grasmähen zwischen den Reben und die Pflanzenschutzbehandlung. Ihm ist bewusst, dass Pflanzenschutzmassnahmen nötig sind, doch lieber würde er darauf verzichten. Darum hat er auch eine Vorliebe für die Piwi-Rebsorten.
Der Höhepunkt für jeden Winzer ist wohl die Ernte im Herbst. Das gilt auch für Louis Moser: «Die Lese ist bei uns ein geselliger Anlass, bei dem immer wieder die gleichen Leute mithelfen.» Sicher bereite die Traubenernte zuerst Arbeit mit dem Säubern von eventuell geschädigten Trauben. «Dieses Jahr hatten wir ein traumhaftes Traubengut, das praktisch nur abgeschnitten werden konnte. Im Anschluss an die Ernte richten wir als Dank für unsere Helfer immer ein kleines Fest aus, an dem noch weiter über Reben und Wein philosophiert wird. Gespannt warten wir dann auf den Erntebericht, das gewogene Gesamtgewicht und die gemessenen Oechsle-Grade und stossen mit unserem Cuvée auf die erfolgreiche Ernte an.»
Seine Kenntnisse hat sich Louis Moser am jährlich stattfindenden Rebbaukurs und diversen Weiterbildungen am Landwirtschaftlichen Zentrum in Salez angeeignet. Selbstverständlich haben auch seine Frau Gerda und Niklaus Eggenberger diese Kurse absolviert. Trotz seines mittlerweile grossen Erfahrungsschatzes besucht er dort periodisch Module zu verschiedensten Themen wie Rebschnitt, Laubarbeiten oder Pflanzenschutz. Moser stellt fest: «Die Zeit steht nicht still, und es gibt immer wieder neue Techniken und Erkenntnisse. Auch bei den Schädlingen tauchen immer wieder neue Probleme auf.»
In den letzten Jahren war die Kirschessigfliege ein grosses Thema. Durch die Globalisierung wurde diese vor ein paar Jahren aus Japan eingeschleppt. Die rund drei Millimeter grosse Fliege ist mit den herkömmlichen Fruchtfliegen verwandt. Sie sticht in die reifen Traubenbeeren und legt Eier hinein. Daraus entstehen kleine Würmchen, die befallenen Trauben weisen anschliessend einen penetranten Geschmack nach Essig auf und sind für die Weinzubereitung unbrauchbar. Den Besuch der angebotenen Rebbau-Kurse kann Moser jedem Hobbywinzer nur empfehlen. Der Trübbächler schätzt auch den dabei entstehenden Austausch mit Gleichgesinnten.