Der vom Seniorenforum Werdenberg organisierte Vortrag von Peter Eggenberger über den Biber in unserer Region stiess auf grosses Interesse. Der ehemalige Wildhüter berichtete von Beobachtungen und Berührungspunkten.
Corinne Hanselmann
«Mit der Wahl zum Wildhüter ging für mich im Jahr 1993 ein grosser Traum in Erfüllung», erzählte der mittlerweile pensionierte Peter Eggenberger aus Grabs am Dienstagnachmittag den über 150 interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern im NTB. Schon als Bub habe er davon geträumt, einmal Wildhüter zu sein. Nach vielen Jahren als Förster und Jäger wurde daraus Wirklichkeit. Mit viel Leidenschaft übte er den Beruf des Wildhüters bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2014 aus.
«Der Biber in unserer Region» lautete der Titel von Eggenbergers Vortrag. In seiner Zeit als Wildhüter seien verschiedene zwischenzeitlich verschwundene Tierarten wieder in der Ostschweiz aufgetaucht, oder aber sie wurden aktiv wiederangesiedelt. Als Beispiele nannte er Wildschwein, Luchs und Bartgeier. Der Biber verschwand vor rund 200 Jahren aus dieser Region, weil er übermässig bejagt wurde. Die Jagd hatte verschiedene Gründe: Das Fleisch des Bibers wurde aufgrund seiner Lebensweise im Wasser auch an Fastentagen verspeist, sein wasserdichtes Fell wurde gerne genutzt und das vom Biber produzierte Bibergeil wurde als Heilmittel eingesetzt.
Nachdem ab den Fünfzigerjahren an verschiedenen Orten in der Schweiz Biber wiederangesiedelt wurden, tauchte im Jahr 2000 in Oberbüren der erste Biber im Kanton St. Gallen auf. Im Sommer 2008 gab es Hinweise auf einen Biber in Oberriet. Peter Eggenberger konnte dieses Tier schliesslich auch fotografieren. Im November des gleichen Jahres gab es erste Hinweise auf Biber im Werdenberg. Nach einigen Beobachtungen gelangen Eggenberger fotografische Nachweise des Buchser Bibers im April 2009. Seither verbreitete sich das grosse Nagetier ständig weiter und hat im Werdenberg schon bei vielen als Lebensraum geeigneten Gewässern Spuren hinterlassen. Schweizweit leben heute schätzungsweise rund 3500 Biber. Ein ausgewachsenes Tier misst von Kopf bis Ende des Schwanzes, auch Kelle genannt, etwa 135 Zentimeter und wiegt zwischen 25 und 30 Kilogramm. Dennoch wird der Biber häufig mit der deutlich kleineren und «nervöseren» Bisamratte verwechselt.
«Der Biber ist ein exzellenter Schwimmer», weiss der ehemalige Wildhüter, der die Tiere unzählige Male beobachtet hat. Dabei entwickelte sich zwischen ihm und einem Biberweibchen im Ochsensand, er nennt sie Olga, eine Art Freundschaft. Das Tier verlor die Scheu und näherte sich bis auf wenige Meter. Über die Intelligenz des Nagetiers, etwa beim Bauen von Dämmen, staunte der Wildhüter immer wieder.
Die langen und starken Schneidezähne des Bibers, die übrigens nachwachsen, zeigte Peter Eggenberger am Schädel eines toten Tieres. Wenn der Biber einen Baum fällt, sei das Holzknabbern deutlich hörbar. Für einen faustdicken Ast brauche der Nager nur gerade zwei bis vier Minuten. Hauptsächlich fällt dem Biber die Silberweide, die im Volksmund Felbe genannt wird, zum Opfer. Seltener fällt er auch Fichten, Föhren oder Eichen. Im Winter benötigt der Biber die Rinde dieser Bäume als Nahrung. Im Sommer ernährt er sich mehr von Gras, Blättern, Sträuchern, Wurzeln von Wasserpflanzen oder auch Mais, Zuckerrüben oder Chinakohl.
Als Wildhüter erlebte Peter Eggenberger auch heikle Berührungspunkte zwischen Mensch und Biber. So fällten die Tiere beispielsweise Bäume, die auf Telefonleitungen fielen, sie taten sich am Chinakohl-Feld eines Bauern gütlich oder gruben ihre Bauten so nah unter einem Feldweg, dass dieser unter dem Gewicht eines Traktors einstürzte. Der Biber ist mittlerweile im Werdenberg wieder zu Hause. Das müsse man akzeptieren. «Ich empfehle allen, die nahe an einem Bach wohnen, die Augen offen zu halten», so Eggenberger. Sein Tipp: Bäume, die einem lieb sind und im Abstand von wenigen Metern zu einem Bach stehen, sollte man mit einem mindestens einen Meter hohen Drahtgeflecht schützen. Interessiert begutachteten die Besucher nach dem Vortrag die von Peter Eggenberger mitgebrachten Ansichtsstücke (siehe Titelseite).
Die Augen offen zu halten, und frische Spuren zu sehen, ist das Wichtigste, wenn man einen Biber beobachten möchte, sagt der ehemalige Wildhüter Peter Eggenberger aus Grabs. Das können beispielsweise frisch angenagte Bäume oder Äste sein. Frisch sind sie, wenn das Holz ganz hell ist. Die beste Chance, das Tier zu sehen, besteht bei beginnender Dämmerung. Biber leben an vielen Gewässern in der Region Werdenberg, so etwa am Binnenkanal, an der Simmi oder beim Schluch zwischen Sennwald und Lienz. Bäume fällen Biber vor allem zwischen Oktober und April. (ch)