«Gesunde Bienen durch naturgemässe Haltung»: Die Vorschläge eines renommierten Bienenforschers gefielen nicht allen Imkern

Am Kadertag des Imkerverbandes St.Gallen-Appenzell plädierte Dr. Wolfgang Ritter für eine natürlichere Imkerei.

Katharina Rutz
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Mit Dr. Wolfgang Ritter sprach ein renommierter Bienenforscher in Salez. (Bild: Katharina Rutz)

Mit Dr. Wolfgang Ritter sprach ein renommierter Bienenforscher in Salez. (Bild: Katharina Rutz)

Salez «Ich möchte Ihnen nicht vorschreiben, wie Sie ab morgen imkern sollen», sagte Dr. Wolfgang Ritter, ein renommierter Bienenforscher, am Samstag vor einem Saal voller Imker im Landwirtschaftlichen Zentrum in Salez. Aber er wollte den Funktionären des Imkerverbandes St.Gallen-Appenzell anlässlich ihrer Kadertagung Denkanstösse geben. Dabei ging es um die natürliche Haltung von Bienen. «Gehen wir davon aus, was die Bienen wollen», so Wolfgang Ritter. «Und überlegen uns erst dann, was der Imker will.»

Anlässlich seiner Forschung setzte sich Wolfgang Ritter unter anderem mit den eingeschleppten Varroa-Milben auseinander. Rasch erkannten die Bienenforscher damals, dass die Völker gegen die Varroa behandelt werden mussten. Die Behandlungen wurden in den Folgejahren ständig intensiviert und dennoch braucht es heute eine viel tiefere Anzahl der Milben in einem Volk, bis dieses zusammenbricht. Dies führte Dr. Wolfgang Ritter dazu, umzudenken.

Wann geht es den Bienen gut?

Das Problem mit der Varroa ist nicht der Parasit an sich, sondern die Krankheit ist vielmehr eine Varroa-Virus-Infektion. Krank werden die Bienen also durch von Varroa-Milben übertragene Viren. «Nun wissen wir von anderen Tierarten, dass gewisse Faktoren die Tiere anfälliger für solche Krankheiten machen», erklärt Dr. Wolfgang Ritter. So zum Beispiel Stress, Mängel, eine hohe Produktivität, eine hohe Dichte, genetische Faktoren, aber auch Haltungsfehler.

«Wir müssen uns also fragen: Wie erkennen wir, dass es unseren Bienen gut geht?»

Der Bienenforscher «fragte» dazu die Bienen gleich selber: Aufgrund welcher Kriterien wählt ein Bienenschwarm seine neue Behausung aus? Bienenschwärme wählen in der Regel einen neuen Standort in einem Kilometer Entfernung zum ursprünglichen Standort. Ausserdem verfliegen sich Bienen gern. In einer Reihe von Völkern findet man also die Bienen, die eigentlich aus den mittleren Kästen stammen, plötzlich aussen. Damit verteilen sie auch die Varroa-Milben und die Viren gleich mit. Daraus schliesst Ritter, dass die heutige Haltung von mehreren Völkern unmittelbar nebeneinander «überholt» sei. Besser wäre es, im Bienenhaus die Völker möglichst zu verteilen oder Magazine versetzt zueinander aufzustellen. Schwärme würden ausserdem höher gelegene Behausungen mit kleinen Fluglöchern bevorzugen. Kranke Bienen können weniger gut in die Höhe fliegen und kleine Öffnungen lassen sich leichter verteidigen. Ausserdem wählt ein Bienenschwarm auch nicht unbedingt einen grossen Raum aus.

Ein Imker allerdings möchte sein Volk auf Bodennähe pflegen können, er möchte viel Platz für Honigwaben haben und die Flugöffnung soll ebenfalls eine grosse Anzahl von Bienen Platz bieten, die dann mehr Honig sammeln können. Einen grossen Raum können Bienen allerdings nicht mehr gut kontrollieren und reinigen. «Krankheiten wie Faulbrut brechen denn auch häufig aus, wenn die Honigwaben aufgesetzt wurden.»

Die Vorteile des Schwarmtriebes nützen

Das Schwärmen entspricht der natürlichen Vermehrung von Bienenvölkern. Dies führt sowohl beim neuen Volk, das aus dem Schwarm entsteht, wie auch beim alten Volk, das eine neue Königin erhält zu einer Unterbrechung des Brutgeschäftes. Da die Varroa-Milben sich in der Brut vermehren, wird auch der Schädling in seiner Entwicklung gestoppt. Der Schwarm lässt zudem Viren und Krankheiten im alten Volk zurück. Der Imker versucht in der Regel aber, das Schwärmen zu unterbinden, da so auch Bienenvölker verloren gehen können. Dennoch plädierte Dr. Wolfgang Ritter dazu, die Vorteile des Schwarms zu nutzen, um die Bienenvölker gesünder zu halten. Dem Referat folgte eine angeregte Diskussion unter den Imkern.

Krankheiten beschäftigen die Imker dauerhaft

Ausserdem erläuterte Hans Sonderegger, kantonaler Fachassistent Bieneninspektion, den Verlauf der wichtigsten Bienenkrankheiten im vergangenen Jahr. Die Anzahl an kranken Völkern ist im gesamten Kanton von 97 im Jahr 2018 auf 155 im 2019 angestiegen. Auch Grabs war davon betroffen. «Hier konnte allerdings eine sehr gute Sanierung durchgeführt werden», so Hans Sonderegger. Insgesamt waren im Werdenberg dieses Jahr 13 Bienenstände und 44 Völker von der Sauerbrut betroffen. Die Ursache sah der Bieneninspektor im für die Bienen sehr schlechten Jahr:

«Aufgrund des Wetters im Mai mussten die Bienen ihre Vorräte aufbrauchen und waren somit weniger vital».
Max Meinherz, Präsident (von links); Hans Sonderegger, Fachassistent Bieneninspektion sowie Felx Neyer, Honigobmann informierten die Vorstände der kantonalen Imkervereine über Wichtiges aus dem vergangenen Bienenjahr.

Max Meinherz, Präsident (von links); Hans Sonderegger, Fachassistent Bieneninspektion sowie Felx Neyer, Honigobmann informierten die Vorstände der kantonalen Imkervereine über Wichtiges aus dem vergangenen Bienenjahr.

Ausserdem erläuterte der Honigobmann und Arzt Felix Neyer den Unterschied zwischen Bakterien und Viren und der zusammenhängenden Bienenkrankheiten. So sind Bakterien für Faul- und Sauerbrut verantwortlich, wohingegen Viren eine Reihe weiterer Krankheiten auslösen.