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Ostschweiz
Werdenberg & Obertoggenburg
Verschiedene Umwelteinflüsse auf ihren Lebensraum bedrohen die eleganten Alpentiere.
Der Gesamtbestand der Gämse in den Alpen und den angrenzenden Gebirgen in den Ländern Frankreich, Deutschland, Österreich, Slowenien, Italien und der Schweiz beträgt rund 440'000 Tiere. Etwa 90'000 davon, das ist ein Fünftel, leben in der Schweiz.
Das tönt nach viel, tatsächlich sinken aber die Bestände in den letzten 20 Jahren kontinuierlich. Zwar waren die Gämsen in den 1990er-Jahren wohl auf einem Höchststand, der Rückgang der Gämsen im gesamten europäischen Alpenraum alarmierte aber die nationale Jägerschaft und die Mitglieder der Jagd- und Fischereiverwalterkonferenz. Gemeinsam soll mit der sensiblen Tierart verantwortungsvoll umgegangen werden. Der Rückgang der Gämsen zeigt sich auch in der Jagdstatistik des Kantons St.Gallen.
Das kantonale Amt für Natur, Jagd und Fischerei (ANJF) hat bereits in den letzten Jahren mehrere Massnahmen ergriffen, den Rückgang der Gämsen aufzuhalten.
Zum Rückgang der Gämsen führten laut Dominik Thiel, Leiter des ANJF, eine ganze Reihe von Ursachen. Einerseits sind die Gämsen von Krankheiten wie der Gamsblindheit oder Lungenentzündung betroffen. Da die Tiere im Rudel leben, ist die Ansteckung jeweils gross und es kommt zu Epidemien. Auch in den Lebensräumen der Gämsen am Alvier, den Churfirsten und dem Alpstein kam es zu Lungenentzündung, wie der Werdenberger Wildhüter Silvan Eugster bestätigt. «Im Winter 2008/2009 waren die Gämsen auf dem Gemeindegebiet Gams, Sennwald und im Obertoggenburg stark von der Lungenentzündung betroffen, was zu einem Einbruch der Bestände führte.»
Die Bestände auf Churfirsten und Alvier seien zwar lange gut und konstant gewesen, litten jedoch im Winter 2013 und 2014 ebenfalls an Lungenentzündung. «Dies führte unter anderem in der Region des Wildasyls Gamsberg auf Gemeindegebiet Grabs und Walenstadt zu einem kleineren Einbruch der Population», so Eugster. Auf beide Einbrüche hat das ANJF jedoch reagiert. «Wir haben den Abschuss der Gämsen gesenkt», sagt der Wildhüter. So konnten sich die Bestände wieder erholen. Jedoch folgte im heissen Sommer 2018 wieder eine Epidemie der Gamsblindheit in den Churfirsten.
«Die Gämse ist eine sensible Tierart», sagt Silvan Eugster. «Sie lebt an extremen Orten und sowohl die Klimaerwärmung als auch die Konkurrenz mit Nutztieren in ihrem Lebensraum beeinflussen die Bestände. Sie werden anfälliger für Krankheiten», ist der Wildhüter überzeugt. Ausserdem würden strenge Winter immer wieder zu einer hohen Sterblichkeit führen. Auch Dominik Thiel sagt:
«Umweltverschmutzung, Klimaerwärmung und Störungen durch Tourismus machen die Wildtiere anfälliger.»
Allgemein lasse sich beobachten, dass immer mehr Krankheiten immer häufiger bei Wildtieren ausbrechen würden. Ein weiterer Grund für den Rückgang der Gämsen könnte die Konkurrenz einerseits durch Nutztiere, aber auch durch Wildtiere sein. «Wir hatten noch nie so viele Steinböcke und noch nie so viele Hirsche», sagt Dominik Thiel. Es sei unterdessen wissenschaftlich bestätigt, dass der Hirsch das Reh und die Gämsen verdränge. Den Schafhaltern spricht Dominik Thiel ein gutes Zeugnis aus: «Wir haben keine unbehirteten Herden m Kanton, die Weiden werden gewechselt und allfällige Missstände auch sofort behoben.»
Als erste Massnahmen gegen den Gamsrückgang hat das ANJF die Gamszählung, die im Weisstannental bereits seit 25 Jahren und in den Churfirsten seit über zehn Jahren umgesetzt wird, auf zwei weitere der insgesamt fünf Gamspopulationen des Kantons ausgeweitet. Ausserdem wurde die Jagd jeweils jährlich diesen Zählungen angepasst. Es wurden entsprechend weniger Tiere erlegt. Schliesslich liess man die Ergebnisse verschiedener Studien und Gutachten in die Jagdplanung einfliessen. So wurde festgestellt, dass an einigen Orten zu viele mittelalte Böcke, welche für die Fortpflanzung sehr wichtig sind, erlegt wurden.
Als eine weitere Massnahme soll neu eine Gams-Hegeschau eingeführt werden. Sie wird mit der bereits traditionellen Rotwild-Hegeschau kombiniert. Jedes Jahr soll eine andere Gamsregion die Trophäen vorlegen. Fachleute bestimmen dann das Alter des erlegten Tieres. Mit diesen Daten soll die Jagdplanung weiter optimiert werden.