Comedian Renato Kaiser machte im Fabriggli die eigenen Schwächen zu Stärken

Ein Abend im Fabriggli mit Renato Kaiser wird zur Balance zwischen Zuhören, Lachen, Nachdenken und bester Unterhaltung. Die Mischung aus Spoken Word, Comedy und Satire erhielt lang anhaltenden Applaus.

Adi Lippuner
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Renato Kaiser bei seinem Auftritt im Buchser Fabriggli. (Bild: Adi Lippuner)

Renato Kaiser bei seinem Auftritt im Buchser Fabriggli. (Bild: Adi Lippuner)

Ein bunt gemischtes Publikum von jüngeren Leuten bis zu Kulturfreunden im Pensionsalter wollte sich am Freitagabend den Genuss mit Renato Kaiser, angekündigt als Spoken-World-Künstler, Comedian, Satiriker, Autor und Präsident von spoken-word.ch und seinem Programm «In der Kommentarspalte» nicht entgehen lassen. Und wer sich trotz winterlicher Kälte aus dem Haus begab, wurde mit zwei unvergesslich-unterhaltenden Blöcken von je 45 Minuten – Zugabe nicht eingerechnet – verwöhnt. Das Publikum war begeistert und quittierte die pointierten Aussagen immer wieder mit Applaus. Der 33-jährige Goldacher machte gleich zu Beginn klar, dass ihm der Ostschweizer Dialekt nicht automatisch Sympathiepunkte einbringt. «Ganz im Gegensatz zu den Bernern, die haben es geschafft, dass bei sämtlichen Umfragen ihr Dialekt als schön empfunden wird. Oder die Walliser, keiner versteht sie, aber alle mögen ihre Sprache.» Deshalb sei es sein Bestreben, die eigene Schwäche zur Stärke zu machen. Und stark zeigte sich der Künstler während seines, durchgehend auswendig vorgetragenen Programms auf ganz verschiedenen Ebenen.

Beeindruckende Mimik und Gestik

Wer ohne jegliche Requisiten, einfach mit einem Mikrofon und einem, auf dem Barhocker platzierten Glas Wasser vors Publikum tritt, muss einiges an Können mitbringen. So auch Renato Kaiser, der beispielsweise erklärte, dass sich sein Geburtsort Goldach dort befinde, wo aus der Sicht des Werdenbergers das Chancental aufhöre. Eine Breitseite gab es, im Zusammenhang mit der Geschichte rund um die Entschädigungen der St. Galler Gemeindepräsidenten gegen Wartau. Nicht das Salär, aber die Autospesen sind Renato Kaiser aufgefallen. «Als studierter Germanist wird man entweder Lehrer oder Taxifahrer. Ich wäre gerne Taxifahrer für den Wartauer Gemeindepräsidenten.» Jede einzelne Geschichte wurde mit der dazu passenden Mimik und Gestik vorgetragen. Mal ganz ruhig, mal mit auslandenden Bewegungen, aber immer das Publikum im Blick. «Die ersten Kommentare im Leben kommen von den Eltern, sie sind entweder gut oder schlecht, ausser es sind antiautoritär Erziehende. Diese Erziehungsform ist eine Ausrede, um die Kinder loszuwerden.» Und «also bitte» – sieht Renato Kaiser als «die helvetische Form für Konfliktbewältigung».

Keine Pflicht, Worte aufzunehmen

Die Kommentare von Politiker, wenn diese zudem noch Herausgeber einer Wochenzeitung sind, kann der Künstler nicht unkommentiert lassen. «Was Roger Köppel im Zusammenhang mit Flüchtlingen sagt, wir können nicht alle aufnehmen, gilt für seine Worte. Weshalb können diese nicht dort bleiben, wo sie herkommen,» so seine Schlussfolgerung. Auch die Erzählung übers auch so tolerante Berner Quartier Breitenrain – Renato Kaiser wohnt in Bern – gipfelt in der Aussage: «Wenn dort bei einem Fussballmatch Gegenstände fliegen, werden nicht Feuerzeuge, sondern Visitenkarten von Heilpraktikern zurückgeworfen.»