In der nasskalten ersten Junihälfte 2016 sind schweizweit viele Jungstörche gestorben – im Rheintal und Werdenberg haben aber die meisten überlebt. Die Kälte und der Schneefall der letzten Wochen sind dagegen für den Storchennachwuchs kein Problem.
Thomas Schwizer
Eines vorweg: Die bitterkalten Aprilnächte mit Nächten bis zu minus 6 Grad haben den Storchenpaaren in der Region keine besonderen Probleme bereitet. «Storchenvater» Reto Zingg erklärt den Grund. Die derzeit brütenden Storchenpaare könnten die Eier noch gut vollständig zudecken und so wärmen. Und auch allenfalls bereits geschlüpfte Jungtiere könnten noch vollständig vom Federkleid ihrer Eltern geschützt werden.
Heikler wird es gemäss Zingg in der sogenannten Schafskälte, die ab und zu Anfang Juni herrscht. Besonders gefährlich wird es, wenn diese in Verbindung mit tagelangen Regenfällen auftritt. Zu dieser Zeit sei das Federkleid des Storchennachwuchses noch nicht voll entwickelt, Nässe und vor allem die Kälte seien für sie deshalb gefährlich. Und die Eltern könnten die Jungen nicht mehr vollständig schützen. Dafür seien sie dann bereits zu gross, erklärt der Fachmann.
Diese Situation hat in der ersten Hälfte Juni des vergangenen Jahres dazu geführt, dass in einigen Regionen der Schweiz nahezu alle Jungstörche «eingegangen» sind. In der Region Rheintal-Werdenberg haben dagegen glücklicherweise die meisten überlebt (der W&O berichtete).
Manche der in der Region Rheintal-Werdenberg geborenen Jungstörche würden im folgenden Jahr mit einer Partnerin, die sie während des Winters im warmen Süden gefunden hätten, wieder in unsere Region zurückkehren und hier eigenen Nachwuchs aufziehen, weiss Reto Zingg. Das habe sich durch zahlreiche Beobachtungen von freiwilligen Mitarbeitenden aufgrund der bei Jungstörchen in den Horsten regelmässig durchgeführten Beringungen gezeigt. Doch nicht alle würden den Sommer in diesem Gebiet verbringen. Manche würden auch andere Storchenkolonien in der weiteren Umgebung bevölkern.
Die Entwicklung der Anzahl Storchenpaare in der Region nennt der «Storchenvater» aus dem Toggenburg schlicht eine Erfolgsgeschichte. Die Zahl der Tiere steige hier weiter an. In diesem Frühjahr wurden zwischen Grabs und Thal nicht weniger als 46 Brutpaare gezählt. Dafür sei aber einiges an Aufwand und Pflege nötig. Reto Zingg nennt zum einen freiwillige Helferinnen und Helfer, die jeweils Horste aufstellen, reinigen und instand stellen. Auch wenn zunehmend mehr Storchenpaare sich auf Bäumen eigene Nistplätze suchen und bauen, bleibe dies ein sehr wichtiger Beitrag.
Zingg lobt aber auch die Leistungen der Naturschutzvereine und der Landwirtschaft in der Region. Verschiedene Massnahmen für die Aufwertung des Lebensraums und Vernetzungen von extensiv bewirtschafteten Flächen würden auch für die Storchenkolonien ein passendes und wertvolles Umfeld schaffen.
«Der Storch ist ein Grünlandbewohner», betont er. Die Hauptnahrung für diese Tiere sind Kleinsäuger wie Mäuse oder Ratten. Von Grabs bis Sennwald, rund um das Saxerriet, seien viele Wiesen und Feuchtflächen vorhanden, die einen geeigneten Lebensraum für die Störche schaffen. Wenn es stärker regne, würden sich zudem mancherorts im Wiesland und auf Weiden sporadisch Wasserflächen bilden, was die Störche lieben.