Ohne grosse Planung zog André Götte in die weite Welt hinaus und kehrte erst 15 Monate später nach Hause zurück. Im Buch «Der Weltenbummler» verarbeitete er seine Eindrücke und ist damit auf Lesetour.
Mit einem verschmitzten Lächeln und seinem wilden Lockenschopf sitzt André Götte, 31jährig, da und scheint alle Zeit der Welt zu haben, um seine beeindruckende Reisegeschichte in geduldiger Form zum x-ten Mal zu erzählen. Vor dem Interviewtermin war er noch zu Besuch bei seinem Grosi, Frieda Götte, der er das Buch widmete. In diesem Büchlein hält Götte seine Erlebnisse und Geschichten fest, die er vor fünf Jahren auf einer unkonventionellen Reise rund um den Globus erleben durfte. Aufgebrochen war er nur mit einem Rucksack und einer Gitarre ausgestattet.
Wie kommt man auf die Idee, ohne viel Erspartes und alleine 15 Monate lang um die Welt zu ziehen?
Das Reisefieber liegt in der Familie. Mein Vater ist nach Kanada ausgewandert und ist dann später wieder zurückgekehrt. Mein Onkel lebt in Kuba, mein Grossonkel in Argentinien. Die besten Voraussetzungen also für einen Weltenbummler. Natürlich war ich auch ein bisschen blauäugig vor der Reise. Konkret geplant war nur die erste Etappe über Russland und Kirgistan nach China. Der Rest des Weges von Tibet via Indien nach Sri Lanka und so weiter, hatte sich dann so ergeben.
Wie kamen Sie auf die Idee, ein Buch über diese Reise zu veröffentlichen?
Die Idee entstand erst nach der Reise. Neben Berichten, den sogenannten Tagblättern, die ich in monatlichen Zeitabständen nach Hause schickte, habe ich auch immer Tagebuch geschrieben. Diese Papiere dienten mir als Grundlage für das Buch. Sicher war ich auch so fleissig mit Schreiben, weil ich mit einem verletzten Fuss unterwegs war und so auch viel Zeit dazu hatte.
Wie schafften Sie es, alles so präzise zu beschreiben?
Das Buch liest sich sicherlich so lebendig, weil es während der Reise geschrieben wurde, jedoch nie die Absicht oder der Druck bestand, eine Lektüre herauszugeben. Grosse Ereignisse, wie beispielsweise die Ankunft und die Flucht vom Schiff in Panama nach dem zweimonatigen Segeltrip, musste ich unmittelbar festhalten. Es war meine Art das Geschehene zu verarbeiten.
Das 290seitige, kleinformatige Buch ist sehr handlich. Sollte es bewusst eine reisekompatible Lektüre werden?
Ja, klar! Bevor es zum Verlag kam, war das Design schon bestimmt und der Verlag war sofort einverstanden. Dieses Format ist einfach sehr praktisch und das Design sticht ins Auge. Mit dem Elfundzehn-Verlag hatte ich ein Riesenglück.
Vor einem Jahr, im letzten September, kam es zur Buchtaufe in Sargans. Sind Sie zufrieden mit dem Verkauf des Buches?
Ich bin sehr zufrieden und hätte nie damit gerechnet, dass meine Geschichte solche Wellen wirft: Es gab einige Lesungen; einmal mussten wir die Leute wieder nach Hause schicken, weil es zu wenig Platz hatte. Es kam auch zu einem Radio-Interview und ich wurde zum Fernsehinterview beim TVO eingeladen. Diese Erfahrungen – einmalig!
Der Trip wäre aufgrund Ihrer angeschlagenen Gesundheit fast ins Wasser gefallen. Über sechs Monate waren Sie mit Krücken unterwegs.
Ich hatte eine Nervenentzündung am Fuss, die ich seit Beginn der Reise mit mir herumschleppte. In Asien ging es mir gesundheitlich schlecht. Ich magerte ab und verlor einige Kilos. In Indonesien zog ich Bilanz und die Heimreise war beschlossene Sache. Eine Freundin überredete mich glücklicherweise nach Tahiti weiterzuziehen und meine Pläne zu verwirklichen. So entschied ich mich dann doch noch, nicht nach Hause zu kommen. Im Nachhinein ist es mir beinahe unerklärlich was mich dazu wog, trotzdem weiterzuziehen. Es war beschwerlich, aber es war es wert.
Sie erwähnen auch ungemütliche und beschwerliche Situationen. Muss man mutig sein, ängstlich oder sogar naiv für solch eine Weltumrundung?
Mir half wahrscheinlich, dass ich ziemlich leichtsinnig bin. Wenn man dieses Urvertrauen hat in das Gute im Menschen, dann bin ich überzeugt, widerfährt einem auch viel Gutes. Mir wird oft gesagt, dass ich eine positive Haltung und Ausstrahlung besitze; die half mir sicher. Und selbstverständlich Genügsamkeit und Offenheit, dann kommt man weit mit Reisen.
In Ihrem Buch ist wiederholt herauszuhören, dass ihre Gitarre (Honey Overdose) eine zentrale Rolle einnahm. War sie nicht oft auch sehr «sperrig»?
Oh nein, ohne die Gitarre hätte ich es nicht so weit geschafft. Die Musik ist eine internationale Sprache, sie dient als Schlüssel und verbindet Menschen. Honey war sozusagen my girlfriend. Es war nämlich nicht immer spassig, alleine unterwegs zu sein. Mit der Gitarre konnte ich meinen Gefühlen Ausdruck verleihen: sie verschaffte mir Trost in schlechten Zeiten; in guten Zeiten hingegen schenkte sie mir viel Freude.
Wie kann man sich einen so langen Trip, inklusive den polynesischen Inseln und einem Galapagos-Aufenthalt, finanzieren?
Seit meiner Kindheit war dieser Traum in meinem Kopf und so habe ich lange für diese Reise gespart. Ich wählte eine, sagen wir jetzt einmal, relativ bescheidene Reiseart. Häufig konnte ich bei Leuten übernachten, die ich kennenlernte und habe dafür im Gegenzug für sie gekocht. Das Geheimnis lag sozusagen in der Zubereitung meiner Rösti!
Sie kamen mit einem Containerschiff von New York nach Europa, dann via Bus in die Schweiz. Sie nahmen sich Zeit für die Heimreise. Wie fühlte sich das Heimweh an, wenn man so lange unterwegs war?
Als der Zug in Sargans einfuhr, kam mir eine kleine Träne der Freude. Niemandem hatte ich im Vorfeld gesagt, dass ich an diesem Tag zurückkommen werde. Das Nachhausekommen war unbeschreiblich. Wie im Buch beschrieben, dachte ich, so schnell bringt mich nichts mehr von hier weg. Zugegeben, ich wollte häufig während meiner Reise nach Hause und vermisste die Familie.
Gibt es Ziele, in Bezug auf das Reisen und Schreiben, die Sie für die Zukunft hegen?
Im Dezember gehe ich wieder bummeln und nehme eine Auszeit vom Studium. Ich werde mit meiner Freundin zu meinen Verwandten nach Kanada und nach Kuba reisen. In Trinidad ist geplant, einen Matrosenkollegen zu besuchen. Unsere Reisedauer lassen wir offen. Da wir wieder über Land und mit dem Schiff unterwegs sind, wird die Reise ihre Zeit brauchen. In Bezug auf das Schreiben hat der Verlag angefragt und würde es begrüssen, wenn ein neues Werk zustande käme. Ich kann jedoch nicht voraussagen, ob es wieder ein Buch geben wird und möchte ohne Druck auf die Reise. Lassen wir uns also überraschen, was herauskommt!