FRÜMSNER ALP: Ein Käser, der Käse nicht mag

Erklimmer der Staubern haben den jungen Älpler Sämi Mutzner diesen Sommer bestimmt schon angetroffen. Nach kurzer Einarbeitungszeit macht er erstmals selber Käse auf der Alp – und hat bei der Prämierung dafür prompt 19,5 von 20 Punkten abgestaubt.

Mengia Albertin
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Sämi Mutzner mit seinem 19,5-Punkte-Käse und der berühmten Schorle, welche an Wanderer auf der Durchreise ausgeschenkt wird.

Sämi Mutzner mit seinem 19,5-Punkte-Käse und der berühmten Schorle, welche an Wanderer auf der Durchreise ausgeschenkt wird.

Mengia Albertin

mengia.albertin@wundo.ch

Zwei Katzen, drei Hühner, achtzehn Kühe, sieben Sauen und fünfundzwanzig Rinder: Diese Tiere begleiten Sämi Mutzner seit Ende Mai auf der Frümsner Alp. Besonders die Katzen und Hühner folgen dem 23-jährigen Trogner praktisch auf Schritt und Tritt. Es ist für ihn das erste Jahr alleine auf einer Alp. Für seine Arbeit hoch über dem Werdenberg, musste er sich – trotz Erfahrung – schulen lassen. Denn er macht zum ersten Mal in seinem Leben selbstständig Alp- wie auch Bloderkäse. Der junge Mann hat für einen Käser eine wohl eher aussergewöhnliche Eigenschaft: Er selbst mag keinen Käse. «Hier esse ich aber ab und zu einen ­Brocken», sagt er.

Das Käsen und Buttermachen nimmt einen grossen Teil seiner Sieben-Tage-Woche in Anspruch. Auch die Tiere und die Alphütte müssen versorgt werden. So steht Mutzner um 4.15 Uhr auf. Die Milch vom Vorabend wird «abgerahmt» für die Herstellung der Butter. Dann leert er sie in den grossen Käsekessel. Anschliessend müssen die Kühe von der Weide geholt und gemolken werden. Die Sauen, Hühner und ­Katzen werden gefüttert, der Stall ausgemistet. Die frische Morgenmilch landet ebenfalls im Käsekessi. Mit Gas wird das ­Ganze erwärmt und der «Chäs­prozess» kommt ins Laufen. Nach dem Einlaben wird alles ruhig gestellt: Zeit fürs schnelle Frühstück. Seine Nahrungsmittel hat Mutzner selber mitgenommen. Freunde, Familie und der Pächter bringen ihm ab und zu etwas.

Danach wird die Flüssigkeit der Käsemasse – Molke oder Schotte genannt – abgetragen. Mutzner gibt diese den Schweinen. Die restliche Masse kommt in die Käseform. Jeden Tag müssen die mittlerweile rund 150 Käselaibe mit Salzwasser eingeschmiert, geputzt und gewendet werden. Der Prozess wird detailliert protokolliert. Nach dem Putzen der Gerätschaften steht auch schon das Formschneiden der Butter an. Und dann ist es Zeit fürs Mittagessen.

Jeden Tag schaut Mutzner, ob die Rinder gesund sind. Bisher musste erst ein Tier wegen eines Hüftbruchs ins Tal zurückgebracht werden. Mittlerweile ist es wieder gesund. Regelmässig putzt der Älpler die Brunnen und muss die Zäune neu spannen. Auch der Haushalt darf nicht zu kurz kommen, schliesslich treffen immer wieder Gäste auf der Alp ein. Gegen Abend werden die Kühe von der Weide in den Stall geholt und ein zweites Mal gemolken. «In den ersten Wochen kam es auch mal vor, dass ich erst um zehn Uhr abends mit allem fertig war», erzählt der junge Mann. «Den Alltag hier oben stellen sich viele anders vor. Ich wurde sogar schon einmal gefragt, ob ich eigentlich jeweils im Sommer und im Winter hier in den Ferien sei …»

Einmal für alles alleine zuständig sein

Nach seiner Lehre wusste Sämi Mutzner, dass er nicht sein ganzes Leben Anlagen- und Apparatebauer bleiben würde. «Ich war viel zu wenig draussen an der ­frischen Luft». Schon zweimal war er bisher einen Sommer lang auf der Alp, beide Male mit Kollegen am Grabserberg. Im Winter ar­beitet Mutzner in St. Moritz als Skilehrer. Diesen Sommer wollte er zum ersten Mal alleine z’Alp. «Als Älpler lernt man die Landwirte kennen und ich traf im Vorjahr zufälligerweise den Sohn des Pächters der Frümsner Alp». Relativ schnell war klar: Die Alp unterhalb der Staubernkanzel wird seine «Sommer-Residenz». Dafür musste der 23-Jährige aber das Käsen lernen. Denn gerade dafür ist die Alp bekannt. In der Bergkäserei Mädris im Sarganserland wurde er eine Woche ein­gearbeitet. Von dort nahm er auch zwei Katzen mit, Mojito und Whiskas. Diese schützen den ­Käsekeller auf der Alp vor Mäusen. Brauchen sie mal eine Pause, wandern die zwei bis ins Berg­restaurant Staubern. In seiner ersten Woche als offizieller Älpler wurde er in das Käsen noch von seinem langjährigen Vorgänger eingeführt. Dann war es an ihm, den Käse herzustellen und zu pflegen. In den ersten sechs Wochen wurde tüchtig hergestellt, erst dann wurde eine Probe eingeschickt und darüber entschieden, ob der Käse brauchbar ist oder ob die Arbeit in den Abfall muss. Sämi Mutzner bekam grünes Licht und der Käsekeller füllt sich seither stetig.

Zu wenig Löcher im Käse

Mit seinem ersten eigens hergestellten Käse hat Sämi Mutzner in diesem Jahr auch gleich an der Alpkäseprämierung in Sargans teilgenommen. Dabei hat er von 20 möglichen Punkten ganze 19,5 Punkte erreicht. Abzug gab es ­lediglich für die kaum vorhandenen Löcher im Käse. «Ich bin ehrgeizig und habe viele Punkte erwartet», erzählt der 23-Jährige. «Das Wichtigste ist, egal wie viele Punkte der Käse hat, dass die Leute den Käse kaufen und wieder kommen, weil sie ihn für gut befanden.»

Einsam fühlt sich der 23-Jährige kaum. «Um darüber nachzudenken, habe ich viel zu wenig Zeit. Ausserdem treffe ich viele Wanderer, die hier einen Halt machen.» Aber Mutzner freut sich auf die Zeit im Tal mit seiner Familie, seiner Freundin und seinen Freunden. «Sie kommen mich zwar besuchen. Aber besonders in den ersten Wochen hatte ich kaum Zeit für sie.» Er steckt ausserdem mitten in der Ausbildung zum Schneesportlehrer und nutzt die freie Zeit, um Schularbeiten zu schreiben – mit einzigartiger Aussicht ins Tal, versteht sich. Strom hat er dank Sonnenkollektoren, beim Melken und Buttern arbeitet er mit Generator-Strom. Am 6. September wird er sich mit den Tieren auf den Weg ins Tal machen. Bis dann kann hervor­ragend bewerteter Käse also noch direkt auf der Alp abgeholt werden.