Das vierte Sparpaket in Folge?

Die Finanzkommission verlangt, dass der Kanton St. Gallen künftig ohne Nationalbank-Millionen budgetiert. Die Regierung soll den Ausfall durch Einsparungen wettmachen.

Regula Weik
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Der Goldpreis hat einen wesentlichen Einfluss auf den Abschluss der Nationalbank – und damit auf die Gewinnausschüttung an die Kantone. (Bild: Comet)

Der Goldpreis hat einen wesentlichen Einfluss auf den Abschluss der Nationalbank – und damit auf die Gewinnausschüttung an die Kantone. (Bild: Comet)

ST. GALLEN. Die Haltung von Finanzchef Martin Gehrer ist klar: jetzt, wo sich nach längerer Durststrecke wieder rosigere Perspektiven für die Kantonsfinanzen abzeichnen, lehnt er einen neuen Sparauftrag ab. Für 2016 rechnet Gehrer wieder mit schwarzen Zahlen.

Anders die Finanzkommission. Sie will in der am Montag beginnenden Session die Forderung einbringen, St. Gallen solle für 2015 ohne Nationalbank-Millionen budgetieren, und der Ertragsausfall sei nicht mit Eigenkapital zu kompensieren – sprich einzusparen.

Druck aufs Budget

Die Regierung hält nichts davon. Das erhöhe den Druck aufs Budget – just zu einem Zeitpunkt, da der Kanton auf Konsolidierungskurs sei. Für nächstes Jahr allerdings rechnet die Regierung – samt Nationalbank-Millionen – noch mit einem Aufwandüberschuss. Die Rede ist von neun Millionen. Darum hält sie fest: «Ohne Budgetierung der Nationalbank-Gewinnausschüttung lässt sich ein konformer Voranschlag nur mit massiven Einsparungen erzielen.» Wegen der Schuldenbremse kann der Kanton nicht Defizite in beliebiger Höhe budgetieren. Die Regierung warnt davor, «ein viertes Sparprogramm in Folge und auf Vorrat auszulösen».

Variable Faktoren

Im Januar hatte die Regierung den Aufgaben- und Finanzplan 2015 bis 2017 vorgelegt – kurz bevor die schlechte Nachricht der Schweizerischen Nationalbank eintraf. Diese verzeichnete vergangenes Jahr einen zweistelligen Milliardenverlust. Die Folge davon: Die Gewinnausschüttung an Bund und Kantone fällt aus – erstmals in der Geschichte. Dem Kanton St. Gallen entgehen 40 Millionen Franken; er fängt den Ausfall mit dem Bezug von freiem Eigenkapital auf.

Die Freisinnigen hatten bereits damals reagiert und die Regierung «im Interesse einer realistischen Finanzplanung» aufgefordert, künftig auf die Budgetierung der Nationalbank-Millionen zu verzichten. BDP und Grünliberale tragen das Anliegen mit, wie sie am Wochenende mitteilten. Die Freisinnigen rechnen damit, dass die Nationalbank auch in den kommenden Jahren kein Geld an die Kantone wird auszahlen können.

Finanzchef Gehrer mag nicht so schwarz sehen. Er spricht von einem einmaligen Ausfall, und dieser sei verkraftbar. Jedes Budget habe variable Faktoren; dazu zähle nicht allein die Gewinnausschüttung der Nationalbank. So rechne der Kanton jeweils mit 1,5 Milliarden Steuerertrag – «da liegt man schnell 40 Millionen daneben.» (Ausgabe vom 21. Januar). Die Regierung schreibt in ihrer Reaktion auf das Ansinnen der Finanzkommission: «Bei einem Devisenbestand von über 440 Milliarden Franken reichen minime Wechselkursänderungen, um das Ergebnis der Nationalbank in Milliardenhöhe zu verändern.»

Vorwurf der Schwarzmalerei

Peter Hegglin, Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren, teilt die Einschätzung Gehrers: Aufgrund der einmaligen Nicht-Ausschüttung auf weitere Nullrunden in den kommenden Jahren zu schliessen, wäre überreagiert. Es wäre nicht richtig, so der Zuger Finanzchef gegenüber mehreren Medien, die Millionen der Nationalbank in den Budgets unberücksichtigt zu lassen. Flösse das Geld dann trotzdem, sähen sich die Kantone rasch dem Vorwurf der Schwarzmalerei ausgesetzt.

Die Konferenz der Finanzdirektoren hat Anfang Jahr sämtliche Kantone befragt – alle haben in den Budgets 2014 die Nationalbank-Millionen eingestellt. Das sei «die gängige Praxis». Was rät die Konferenz? Sie gibt keine Empfehlung ab. Jeder Kanton sei selber für sein Budget verantwortlich.

Falsches Signal

Die Regierung führt auch eine taktische Überlegung an, weshalb sie an der bisherigen Praxis festhalten will: «Beginnt die Mehrzahl der Kantone bereits heute, die Nationalbank-Millionen nicht mehr zu budgetieren, ist der Weg zu deutlich tieferen Gewinnausschüttungen oder einem vollständigen Verzicht geebnet.» Die Verfechter der Nicht-Budgetierung dürften primär an die Kantonskasse denken. Eine wichtige Kennzahl ist dabei das freie Eigenkapital; es skizziert den finanziellen Spielraum des Kantons. Ende 2015 wird es den Tiefststand erreichen; 145 Millionen sind dannzumal noch im Topf. Danach erholt es sich – dank der erwarteten Ertragsüberschüsse. Ende 2017 soll es gemäss Finanzplan wieder 190 Millionen betragen.