Kolumne
Wenn aus Altbundesräten Altinfluenzer werden

Was tun Alt-Bundesräte eigentlich den ganzen Tag? Sie warten wie Jörg Kachelmann auf ein Comeback.

Roland Schäfli
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Immer wieder mischen sich Altbundesräte in politische Prozesse ein. Was niemand wusste: Sie halten sogar wöchentlich ihre eigene Altbundesratssitzung ab.

Elisabeth Kopp: Endlich kommt ihr! Ich bin schon seit einer Stunde hier! Adolf Ogi: Wieder vergessen die Uhr zurückzustellen? Als Frau warst du deiner Zeit schon immer voraus. Ruth Dreifuss: Diese Woche haben Elisabeth, Moritz und ich erfolgreich unsere Stimme gegen die Selbstbestimmungs-Initiative erhoben. Wozu äussern wir uns nächste Woche? Ogi: Wie wär’s mit der Debatte um die Lebensmittelampel? Moritz Leuenberger: Via Secura ist mein Departement! Als Ex-Verkehrsminister verlange ich: Diese Ampeln sollen zur Verkehrsberuhigung immer auf Rot stehen. Micheline Calmy-Rey: Moritz, bei diesen Ampeln geht’s um Grün, Gelb oder Rot auf Lebensmittelpackungen, zur Anzeige störender Inhalte. Du wärst dann also Grün-Rot.


Ogi: Ich begrüsse Doris und Johann zur Schnuppersitzung der Altinfluenzer. Freude herrscht! Johann Schneider-Ammann: Gibt’s hier Kaffee? Ich bin furchtbar müde. Doris Leuthard: Doch nicht im Plastikbecher, Johann! Wegwerfprodukte hat die EU verboten. Johann: Ich fühle mich selbst wie ein Wegwerfprodukt. Heute noch voll im Saft, morgen schon Altbundesrat. Ruth: Du und Kurt Aeschbacher seid bei der Zwangspensionierung etwa gleich alt. Kopp: In Amerika bekommen Ex-Präsidenten wenigstens ab und zu noch Post.
Doris: Iss doch nicht die Avocado, Johann! Die ist gemäss Ampel nicht grün, sondern rot! Für eine Avocado werden 400 Liter Wasser verbraucht. Und trink nicht so viel. Johann: Wegen der Wasserknappheit? Doris: Nein, weil du ebenso wie der Schweizer Immobilienmarkt ein Blasenrisiko hast.


Moritz: Der Bundesrat kündigt Konsequenzen zu Saudi-Arabien an. Wahrscheinlich schreibt er der «Pilatus» vor, dass die Konkurrenz gleich lange Stöckli haben muss. Calmy-Rey: Natürlich sagen wir Altbundesräte demonstrativ unsere Teilnahme in Riad ab, dem «Davos in der Wüste». Ogi: Davos in der Wüste kann man nach diesem Hitzesommer im richtigen Davos sehen. Die Skigebiete verschieben den Winter. Kopp: Weil auch sie die Uhr falsch umgestellt haben? Ogi: Nein, weil sie die Schneekanonen nicht einsetzen können. Calmy-Rey: Ich bin sowieso gegen Waffenexporte. Auch bei Schneekanonen. Heute wird der Waffenhandel ja direkt von der Kantonspolizei Schwyz betrieben.


Johann: Wir müssen unbedingt was gegen diese Dürre unternehmen! Moritz: Die Hitze können selbst wir Altinfluenzer nicht beeinflussen. Johann: Nein, nein, ich meine die Dürre da: Calmy-Rey! Calmy-Rey: Schrei doch nicht so. Oder was hast du am Wort Ruhestand nicht verstanden? Kopp: Ich war noch im Bundesrat, als wir Khashoggi verhafteten. Ich weiss noch, ich rief gleich meinen Mann an. Wir flogen Khashoggi First-Class mit der Swissair aus. Womit wir erfolgreich den Arabien-Tourismus in der Schweiz lancierten.


Moritz: Sag nicht Swissair, sonst muss ich gleich wieder weinen. Geben wir ein Statement zur Winterthurer Moschee ab? Die Angeklagten kamen vermummt zum Prozess. Calmy-Rey: Pah, ich war auch mal ungestraft vermummt, für den Gasdeal mit Iran. Doris: Und viele hatten gehofft, du wärst verschleiert geblieben. Moritz: Wie gut, dass wir Altbundesräte uns jederzeit selbst reaktivieren können. Für uns gilt die Verwahrung nicht!