Die beiden St. Galler Ständeräte Karin Keller-Sutter (FDP) und Paul Rechsteiner (SP) weibeln weiter für eine bessere Anbindung der Ostschweiz im Bahnverkehr. Diesmal geht es um eine Direktverbindung via Schaffhausen nach Basel.
Richard Clavadetscher
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Die beiden St. Galler Standesvertreter Karin Keller-Sutter und Paul Rechsteiner gelten als «Eltern des Bahn-Y», also der verbesserten Bahnverbindung von Chur über St. Margrethen–Rorschach nach Konstanz sowie von Chur oder München nach St. Gallen und Zürich. Sie sehen damit ihre Arbeit noch längst nicht als erledigt an. Einerseits schauten sie mit Argusaugen darauf, «dass das nun Beschlossene auch zeit- und abmachungsgemäss umgesetzt wird», sagt Karin Keller-Sutter. Anderseits beschäftigen sie sich bereits heute schon intensiv mit dem Ausbauschritt 2030 der Bahn. Beide Ständeräte wollen dabei die Ostschweiz nicht lediglich als Randregion und als Anhängsel des Metropolitanraums Zürich sehen. Für sie ist diese Region vielmehr zentraler Teil eines Bodensee-Wirtschaftsraums, der sich von Vorarlberg über die Ostschweiz und das südliche Baden-Württemberg bis nach Schaffhausen erstreckt. Dies sei ein Wirtschaftsraum mit Potenzial, sagen beide übereinstimmend, und deshalb brauche er auch angemessene Verkehrsverbindungen.
Keller-Sutter und Rechsteiner haben dabei wiederum die Bahn im Auge. Ihr Stichwort heisst diesmal Hochrhein-Tangente – eigentlich eine Weiterentwicklung des Bahn-Y. Konkret geht es um die Verbindung von Chur über St. Gallen–Konstanz–Singen–Schaffhausen bis nach Basel. Die Reisezeit soll auf rund zwei Stunden gesenkt werden. Sie brächte laut den beiden Parlamentariern etliche Vorteile: Der süddeutsche Raum und das Alpenrheintal würden so erschlossen, die Ostschweiz und die Region Konstanz an das deutsche Bahn-Hochgeschwindigkeitsnetz angebunden sowie der ganze Bodenseeraum mit dem Raum Basel verbunden – und dies ohne den Bahnknoten Zürich zu belasten. Es wäre also nichts weniger als eine zeitsparende Verknüpfung von Wirtschaftsräumen und Tourismusregionen im nördlichen und östlichen Teil der Schweiz mit den deutschen und österreichischen Nachbarn bei gleichzeitiger Anbindung an internationale Verbindungen zu wichtigen Städten der beiden Nachbarländer.
Den Einwand, dies sei lediglich ein schöner Traum, lassen beide Parlamentarier nicht gelten. Der Zeitpunkt für die Aufgleisung eines solchen Vorhabens sei vielmehr besonders günstig, sagt Rechsteiner. Und er verweist darauf, dass das Bundesamt für Verkehr gegenwärtig den Bahn-Ausbauschritt 2030/35 plane. Dies unter Einbezug von Kantonen, Bahnen und der Güterverkehrsbranche. Komme der Ausbauschritt in die Vernehmlassung, was voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte der Fall sein werde, müssten sich die Kantone der Ostschweiz wiederum einbringen – wie sie das schon beim Bahn-Y erfolgreich getan hätten.
«Erste Reaktionen von Kantonen sind positiv», sagen Keller-Sutter und Rechsteiner übereinstimmend. Im Thurgau und in Schaffhausen etwa finde die Hochrhein-Tangente gute Resonanz – doch nicht nur dort: Auch beim Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt stosse man auf Interesse. Jener Kanton sieht die Hochrhein-Tangente zudem als Argument für die Notwendigkeit der durchgehenden Elektrifizierung dieser Strecke. Im Klettgau fehlt diese gegenwärtig noch.
«Das Projekt ist sicher komplex und entsprechend arbeitsaufwendig, weil es länderübergreifend ist», so Rechsteiner. Aber immerhin müssten für dessen Realisierung nicht erst teure Tunnel oder andere schwierige Infrastrukturbauten realisiert werden. Entsprechend zuversichtlich sind Keller-Sutter und Rechsteiner – wenn sich die Ostschweizer Kantone wiederum gemeinsam und kraftvoll für das Vorhaben einsetzten. Was Keller-Sutter und Rechsteiner nicht sagen, wovon aber auszugehen ist: Beide werden sich auch für dieses Vorhaben in Bern erneut ins Zeug legen – wie sie es schon beim Bahn-Y taten.