Eine Runde für Gemütsathleten Jetzt haben wir den Speichen-Salat. Neben rechtschaffenen Velofahrern mischen sich immer mehr Aliens auf die Strasse, solche mit Flyers unter dem Po. Sie bringen ganz unverschämt die bisherige Rangordnung der strampelnden Velocracks durcheinander.
Jetzt haben wir den Speichen-Salat. Neben rechtschaffenen Velofahrern mischen sich immer mehr Aliens auf die Strasse, solche mit Flyers unter dem Po. Sie bringen ganz unverschämt die bisherige Rangordnung der strampelnden Velocracks durcheinander. Früher konnte klar unterschieden werden: Rennfahrer, Biker, Berufspendler, Schüler, Hausfrauen, Genussfahrer.
Doch die Flyerpedaleure stellen alle in den Schatten, sogar Velostar Fabian Cancellara, wie ein Test in der Fernsehsendung «Kassensturz» bewiesen hat. Denn mit einem batteriebetriebenen Zweirad erreicht man bis zu 50 Stundenkilometer. Nicht dass den Rentnern und Omas die sausende Fahrt zu missgönnen wäre. Vielmehr ist es die etwas anmassende Art, welche uns schwitzende Pedaleure hässig macht: Hochaufgeschossen, wie von göttlicher Hand gestossen, genüsslich lächelnd, überholt die neue Konkurrenz ziemlich zügig.
Was das mit einem Velotip zu tun hat? Hier folgt ein versöhnlicher Vorschlag, einer für beide Kategorien, vor allem aber für Gemütsathleten.
Die Route führt von Rheineck sogleich über die Grenze nach Gaissau. Von dort auf die österreichische Seite bis nach Höchst. Dann wechseln wir beim Zoll wieder in heimatliche Gefilde nach St. Margrethen, folgen dem Rhein entlang bis nach Kriessern, setzen erneut über den Grenzstrom nach Vorarlberg und pedalen auf dem Veloweg in nordöstliche Richtung. Dabei umkurven wir Diepoldsau am Ufer des weniger bekannten Abschnitts des Alten Rheins, beziehungsweise dessen, was davon übriggeblieben ist. Auf dem Rheindelta, nach der Passage an Lustenau und Fussach vorbei, fahren wir bis zum Rohrspitz und dann in einem Bogen zurück nach Rheineck. Das Rheindelta ist übrigens das grösste Süsswasserdelta in Europa. Schilfgürtel und Sumpfwiesen sind in einem Gebiet anzutreffen, das zu weiten Teilen unter Naturschutz steht.
Der Reiz der Tour besteht auch im problemlosen Grenzverkehr. Allein die Brücke beim Rheinecker Zoll hinüber nach Gaissau (und wieder zurück) ist den Ausflug wert. Diesseits und jenseits des Rheins laden Gastrobetriebe zu Speis und Trank. Mit ein wenig Glück kann man in Lustenau den Käsdönnala, eine Art Käsefladen, kosten, sich am Rohrspitz einen Apfelstrudel zu Gemüte führen und in Rheineck bei einem Sonnenbräu den Durst löschen.
Was aber soll an dieser Rundfahrt versöhnlich sein? Die Flyer, zu erkennen am Surren aus dem Batteriebehälter unterhalb des Sattels, können den Fahrern mit Muskelantrieb Schrittmacherdienste leisten. Zum Beispiel bei Gegenwind im Rheintal. Der Föhn oder der Nordwind ist dort so sicher wie der Sonnenuntergang auf Capri. Da kann uns ein wenig Windschatten gute Dienste leisten. Dann heisst es anhängen wie einst die Sechstagefahrer hinter einem knatternden Derny-Motor, gesteuert von Ueli Luginbühl. Nur dass nun ein umweltschonender Elektromotor die Flyerfahrer anschiebt. Ein etwas kräftigerer Tritt genügt in der Regel, um den Pedaleuren de Charme nachzufolgen. Nicht alle dieser Spezies geben Vollgas. Fredi Kurth