«Unwählbar»: Streit unter Linken um Ständeratskandidat Patrick Ziltener

Die St.Galler Jungsozialisten sind überhaupt nicht zufrieden damit, dass die Grünen mit Patrick Ziltener zur Ständerats-Ersatzwahl antreten: Der Sitz gehöre den Frauen. Grünen-Präsident Thomas Schwager kontert. Die SP stimmt derweil nicht in die Kritik der Juso ein, sieht aber in Ständerat Paul Rechsteiner bereits einen «Garanten für die ökologischen Kräfte im Kanton».

Adrian Vögele
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Zieht den Zorn der Juso auf sich: Patrick Ziltener, Ständeratskandidat der Grünen. (Bild: PD)

Zieht den Zorn der Juso auf sich: Patrick Ziltener, Ständeratskandidat der Grünen. (Bild: PD)

Dicke Weihnachtspost haben die St.Galler Jungsozialisten (Juso) verschickt. Sie reagieren auf die Ankündigung der Grünen, mit Soziologieprofessor Patrick Ziltener in den Ständeratswahlkampf zu steigen. «Ein männlicher Kandidat ist aus der Sicht der Juso der absolut falsche Weg, um den freigewordenen bürgerlichen Ständeratssitz anzugreifen», so Angela Derungs vom Juso-Vorstand. «Die Grünen streben mit dieser Kandidatur einen Sitz an, welcher schon seit Jahren in der Hand einer Frau ist.» Die Frauenquote im Ständerat liege bei gerade mal 15 Prozent, eine Frauenkandidatur sei darum bitter nötig. «Dass Patrick Ziltener es überhaupt wagt, in seiner Kandidatur von Geschlechtergerechtigkeit zu sprechen, ist einfach ein schlechter Witz.
Es scheint, dass die Grünen ihre zweifellos kompetenten Frauen in der Partei weder erst nehmen, noch fördern wollen.» Da stelle sich die Frage, wieso die Grünen überhaupt jemanden ins Rennen schicken würden – Ziltener sei eine «nicht wählbare Alternative».

Das lassen die Grünen nicht auf sich sitzen. «Wenn es im Kanton eine Partei gibt, die Frauen fördert, dann sind das die Grünen» sagt Parteipräsident Thomas Schwager. «Für die Ständerats-Ersatzwahl haben wir mit diversen Frauen gesprochen. Wenn es eine Frau gegeben hätte, die ebenso qualifiziert gewesen wäre wie Patrick Ziltener und zugleich bereit gewesen wäre, anzutreten, dann wäre sie mit Sicherheit zum Zug gekommen.»

«Er wird sich auch für Frauen einsetzen»

Gespräche geführt haben die Grünen etwa mit der St. Galler Stadtparlamentarierin Franziska Ryser, die im vergangenen Jahr mit Jahrgang 1991 die jüngste Parlamentspräsidentin der Stadtgeschichte war. Sie selber hat sich jedoch ebenfalls für Patrick Ziltener ausgesprochen, wie sie sagt: Er habe für den Ständerat die besten Voraussetzungen und werde sich auch für Frauen einsetzen. «Lieber ein Mann, der das tut, als eine Frau, die es nicht tut.» Parteipräsident Schwager bekräftigt: «Auch ein Mann kann gute Politik zugunsten der Frauen machen.» Die Grünen hätten verschiedene Parteien eingeladen, um ihnen Patrick Ziltener vorzustellen – auch die Juso, und zwar noch vor deren geharnischter Medienmitteilung.

Ebenfalls gegen eine Kandidatur entschieden hat sich Kantonsrat Basil Oberholzer: Er sei mit Ende 20 noch zu jung für das Ständeratsamt.

Wahlkampf mit beschränkten Mitteln

Mit Patrick Ziltener tritt ein politisch Unbekannter zur Wahl an. «Das Ziel ist es nun, dieses Defizit aufzuholen», sagt Schwager. Illusionen macht er sich allerdings keine: Einfach werde es nicht. «Wir sind keine Partei, die unbeschränkt Geld in einen Wahlkampf buttern kann.» Doch eine Kandidatur der Grünen sei jetzt einfach notwendig, insbesondere nach dem Scheitern des CO2-Gesetzes im Nationalrat Anfang Dezember. Trotz der schwierigen Ausgangslage erhofft sich Schwager, dass es Ziltener im ersten Wahlgang auf den zweiten Platz schafft.

Die SP ist mit Paul Rechsteiner bereits im Ständerat vertreten. Droht nicht eine Zersplitterung der linken Kräfte in St.Gallen, wenn die Grünen nun selber ebenfalls antreten? «Hier geht es ja um die Ersatzwahl für den freiwerdenden Sitz der FDP im März», sagt Schwager. Rechsteiner und die SP seien in dieser Wahl kein Thema. Die nationalen Wahlen im Herbst seien ein anderes Paar Schuhe, die Ausgangslage müsse man dann wieder neu beurteilen.

SP: St.Gallen hat mit Rechsteiner bereits eine umweltpolitische Stimme

Die SP-Spitze hält sich in der Debatte noch zurück und stimmt nicht in die Kritik der Juso am Kandidaten der Grünen ein. «Die Parteileitung der SP wird in ihren Gremien ihre Position festlegen», sagt SP-Präsident Max Lemmenmeier. «Es gilt, die ökologische Frage gegen die Frauenfrage abzuwägen.» Aus persönlicher Sicht begrüsse er die Kandidatur von Patrick Ziltener. Die Klimaprobleme würden ein schnelles und entschlossenes Handeln erfordern. «Die SP hat an ihrem Klimaparteitag eine Vielzahl von raschen Massnahmen gefordert. Der Kandidat der Grünen liegt auf der Linie unserer Forderungen.» Zugleich betont Lemmenmeier aber: «Entscheidend ist, dass die sozialen und ökologischen Kräfte des Kantons im Ständerat weiter eine Stimme haben. Paul Rechsteiner ist der Garant dieser Kräfte.» Für die SP sei Rechsteiners Wiederwahl im Herbst zentral.

Etwas überrascht über Zilteners Kandidatur zeigt sich Margrit Blaser, Präsidentin der SP-Frauen Kanton St. Gallen. «Ich finde es schade, dass Franziska Ryser nicht kandidiert. Sie ist eine interessante Persönlichkeit und als Stadtparlamentariern in St. Gallen bekannt.» Patrick Ziltener kenne man hingegen weniger. Dennoch sei er sicher ein «solider Kandidat».