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Ostschweiz
Eine Stiftung will Familien Geld zahlen, wenn sie nach Quinten zügeln. Vättis hat diesen Plan verworfen. Aus Gründen der Gerechtigkeit, wie der Gemeindepräsident sagt. Er geht in einer privaten Initiative einen anderen Weg.
Ein feuerspeiender Drache ziert das Wappen von Vättis unterhalb des Drachenlochs. 400 Personen leben heute hier, jedes Jahr wird es eine Handvoll weniger. Politisch gehört Vättis zu Pfäfers. Gemeindepräsident Axel Zimmermann sagt: «Die Dörfer Pfäfers und Valens haben mit den Kliniken sehr viele Arbeitsplätze und liegen nahe bei Bad Ragaz. Vättis ist zuhinterst im Tal und hat fast keine Arbeitsplätze.»
Zimmermann wohnt selbst zuhinterst im Tal und ist Teil einer privaten Arbeitsgruppe, die Vättis für Zuzüger attraktiv machen will. Eine Idee seien finanzielle Anreize gewesen.
«Geldgeschenke sind zwar verlockend, aus Gründen der Gerechtigkeit und aus staatspolitischen Überlegungen ist dies aber ein heikler Ansatz.»
Im Taminatal käme die Bevorzugung eines einzelnen Dorfes bei Massnahmen politisch nicht gut an. Die Arbeitsgruppe habe die Idee deshalb verworfen und setze stattdessen auf die Initiative «Bauland Vättis»: Dorfbewohner wollen erschlossenes Bauland für circa 100 Franken pro Quadratmeter vermitteln, ehrenamtlich und provisionsfrei, wie es auf der Homepage heisst.
Während in Vättis Prämien für Zuzüger verworfen wurden, wirbt Quinten nun damit. 200 Franken pro Kind und Monat möchte die Stiftung «Quinten lebt» Familien zahlen. Bis zum 20. Lebensjahr und maximal 20000 Franken pro Kind. Heute leben in dem Dorf am Walensee knapp 40 Personen, 2004 waren es noch 56, vor 100 Jahren über 200. Trotz See und Sonne hat das Dorf einen Standortnachteil: Es ist nur per Schiff oder zu Fuss erreichbar.
Politisch gehört Quinten zu Quarten. Beteiligt sich die Gemeinde an den Prämien? «Die Idee ist neu für mich», sagt Gemeindepräsident Erich Zoller. Deshalb habe der Gemeinderat noch nicht darüber beraten können. Persönlich schätze er es sehr, dass sich die Stiftung darum bemühe, das Dorf wieder zu beleben. Zoller sagt aber auch, dass er es aus Sicht einer Gemeindebehörde als heikel erachte, die Wohnortwahl mit monetären Anreizen steuern zu wollen.
«Wo sollten wir fördern und wie? Geht die Unterstützung nur an Zuzüger oder an alle Anwohner? Ich sehe auf den ersten Blick keine überzeugenden Antworten.»
Die Stiftung selbst wollte gestern keine weitere Auskunft geben, nur so viel: Das Geld werde auch an die bereits im Dorf lebenden Kinder gehen, insgesamt vier.
Der Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten sowie dem Ostschweizer Zentrum für Gemeinden an der Fachhochschule St. Gallen sind keine weiteren Anreizmodelle dieser Art in der Ostschweiz bekannt. Lineo Devecchi, Co-Leiter des Zentrums, sagt: «Eines ist gelungen, Quinten ist jetzt in aller Munde.» Der Marketingeffekt sei nicht zu unterschätzen. «Vielleicht fährt ja tatsächlich jemand nach Quinten und ist so begeistert, dass er dort leben möchte.»
Die Gemeinde Albinen im Oberwallis hatte mit dieser Strategie Erfolg. Vor drei Jahren versprach sie allen Neuzuzügern eine Prämie. Bis Ende 2019 sind gemäss «Sonntags-Blick» vier Familien mit insgesamt sechs Kindern nach Albinen gezogen, weitere sechs Personen erhielten von der Gemeinde Beiträge für einen Hauskauf oder Umbau.
Auf weltweites mediales Echo stiess vergangenes Jahr das Förderprogramm der griechischen Insel Antikythira, die gut 20 Einwohner zählte. Der Bürgermeister, der Bischof und der örtliche Geistliche sprachen Familien mit drei und mehr Kindern monatlich 500 Euro zu, wenn sie auf die Insel zögen.