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Ostschweiz
Im Nationalrat wehrt sich die SVP gegen den 43-Millionen-Baukredit für das Bundesasylzentrum Altstätten – obwohl das Volk dem Vorhaben zugestimmt hat.
Eigentlich ist die Sache beschlossen. Der Bund will in Altstätten ein neues Bundesasylzentrum bauen. Geplant sind 390 Schlafplätze und rund 100 Arbeitsplätze. Der Neubau ausserhalb der Stadt soll das heutige Asylzentrum ersetzen, das im Siedlungsgebiet liegt. Altstätten ist eines von fünf Zentren in der Schweiz, an denen beschleunigte Asylverfahren durchgeführt werden. Das Stimmvolk der Gemeinde hat den Plänen und dem Landverkauf schon im Herbst 2016 zugestimmt – mit 65 Prozent Ja. Die Planung ist weit fortgeschritten: Der Bund rechnet nächstes Jahr mit der Baubewilligung, die Arbeiten sollen im Sommer beginnen.
Allerdings: Das Bundesparlament hat das Geld für den Bau noch nicht zugesagt. Nächsten Dienstag entscheidet der Nationalrat über Kredite für drei neue Asylzentren – 43 Millionen für Altstätten, 27 Millionen für ein Zentrum in Schwyz und 24 Millionen für eines im Kanton Genf. Doch erst Anfang dieser Woche gab der Bund bekannt, dass er zwei bestehende Asylzentren in Bern und Basel-Land bis auf weiteres stilllegt. Die 4000 Plätze der Bundeszentren sind derzeit nur zur Hälfte ausgelastet.
Im Parlament gibt es nun Widerstand gegen die neuen Asylzentren, vor allem aus den Reihen der SVP. In der Finanzkommission scheiterten die Streichungsanträge relativ knapp, in der Ratsdebatte am Dienstag kommen sie erneut auf den Tisch.
Zu den Gegnern des Baukredits für Altstätten gehört laut den Ratsunterlagen auch Thomas Müller (SVP/SG). Darauf angesprochen, winkt er ab:
«Das ist ein Irrtum.»
Dem Kredit für Altstätten stimme er zu, das Projekt sei ja «unumstritten». Anders sieht es in Schwyz aus, wo ein grosser Streit entbrannt ist: Der Regierungsrat hat dem Bund die Baubewilligung für das neue Asylzentrum verweigert.
Doch auch das Altstätter Projekt wird im Parlament zu reden geben. Wie sich zeigt, sind sich die St.Galler SVP-Nationalräte nicht einig. Mike Egger sichert dem Vorhaben noch keine Unterstützung zu. Die Überkapazitäten und die Schliessung zweier Asylzentren stünden im Widerspruch zu den geplanten Neubauten für über 90 Millionen Franken. «Der Bund sollte die überdimensionierten Strukturen überdenken», so Egger. Er werde in der Debatte «einige Fragen zur Klärung» stellen.
Auch Barbara Keller-Inhelder verweist auf die schlechte Auslastung der Asylzentren und die entsprechenden Massnahmen des Bundes.
«Persönlich kämpfe ich mit Vorstössen und einer fertiggestellten Volksinitiative für ein neues Asyl- und Migrationskonzept, das die Völkerwanderung nach Europa und in die Schweiz stoppen soll.»
Vor diesen Hintergründen erachte sie es als sinnvoll, nochmals zu prüfen, ob in Altstätten tatsächlich für 43 Millionen ein weiteres Bundesasylzentrum gebaut werden soll, sagt Keller-Inhelder – «was passiert damit, wenn es in Zukunft nicht ausgelastet wird?»
Walter Müller (FDP/SG) ist nicht kategorisch gegen neue Asylzentren, wie er sagt. Aber es sei sicher angebracht, angesichts der sinkenden Asylgesuchszahlen die Situation neu zu beurteilen.
Für den Bund ist die aktuell tiefe Auslastung der Unterkünfte kein Grund, vom vorgesehenen Asylkonzept abzuweichen. Auch am Projekt in Altstätten ändere sich dadurch nichts. «Die Gesuchseingänge im Asylbereich unterliegen starken Schwankungen, die nur schwierig vorherzusagen sind», sagt Lukas Rieder, Mediensprecher im Staatssekretariat für Migration. Um diese Schwankungen auffangen zu können, brauche der Bund 5000 Plätze.