Degersheim hat das Label «Grünstadt Schweiz» bereits, Lichtensteig möchte nachziehen.
Schon seit einiger Zeit kümmert sich die «Gruppe Blühendes Lichtensteig» um die Verschönerung des Städtlibilds. Mit positiven Nebeneffekten, zum Beispiel für die Tierwelt, die von der Bepflanzung ebenfalls profitieren kann (das «Toggenburger Tagblatt» berichtete).
Unter anderem auf die Bemühungen dieser Gruppe aufbauend will die Gemeinde das Label «Grünstadt Schweiz» erlangen. Beim Zertifikat der Vereinigung Schweizerischer Stadtgärtnereien und Gartenbauämter gehe es vor allem um eine nachhaltige Bewirtschaftung öffentlicher Flächen, sagt Stadtpräsident Mathias Müller. Dabei spielten Themen wie Pestizideinsatz oder die Wahl der Pflanzen eine Rolle (siehe Kasten). «Wir wollen das professionell aufarbeiten und bei der Gemeinde implementieren», sagt Müller. Dadurch solle sich das Thema grundsätzlich langfristig etablieren und im Werkhof der Gemeinde Know-how aufbauen, auch im Austausch mit anderen Gemeinden.
Eine solche Gemeinde dürfte Degersheim sein. Die Gemeinde an der Grenze zum Wahlkreis Toggenburg hat das Label Mitte November überreicht erhalten. Unter der Leitung von Werkhof-Chef Simon Witzig wurde dafür in den vergangenen zwei Jahren ein Dossier mit entsprechenden Massnahmen erarbeitet.
Dieses wurde von Experten geprüft und für gut befunden. Die Gemeinde hat die Bronze-Auszeichnung erhalten. «Für Silber hat es knapp nicht gereicht», sagt Simon Witzig. Gold hat noch niemand erreicht. Das Beispiel Degersheim veranschaulicht, worum es konkret geht. So werden bestimmte Wiesen nicht mehr mit der Maschine, sondern zum Schutz von Lebewesen und Pflanzen mit der Sense gemäht.
Andere Flächen werden mit einer attraktiven Blühmischung aufgewertet, um Neophyten zu bekämpfen. Vorgesehen ist auch, über die Anpassung des Baureglements die Begrünung von Dachflächen zu fördern. Private sollen zudem mit Fachartikeln, Anleitungen oder Pflanzenlisten in ihrem Bemühen um Nachhaltigkeit und Biodiversität unterstützt werden.
Die Anfänge dieser Bemühungen Degersheims gehen auf das Jahr 2017 zurück: Damals lancierte die Gemeinde im Zusammenhang mit einem Wettbewerb der St.Galler Kantonalbank das Projekt «Degersheim zum Anbeissen» – lange bevor sich die «grüne Welle» über das Land ergoss, wie Gemeindepräsidentin Monika Scherrer an der Zertifikatsübergabe betonte. Mit Projekten wie dem Pflückgarten beim Kindergarten an der Bergstrasse und dem Heilkräuterpfad sollte Degersheim «farbiger, freundlicher, nachhaltiger» werden. «Wir fragten uns, wie wir dieses Projekt weiterführen konnten», erinnert sich Scherrer.
Manuel Weibel, Vorsitzender der Labelkommission, der das Zertifikat überreichte, betonte denn auch den politischen Willen der Gemeinde. «Die Zertifizierung war langfristig geplant», sagt er. Als besondere Stärken erwähnt er das Baureglement, welches Ökologie und Nachhaltigkeit berücksichtigt sowie die enge, rasche Zusammenarbeit in der Verwaltung.
Aber auch Verbesserungspotenzial gibt es: So seien weitere Anstrengungen in der Dokumentation nötig. Die Anforderungen müssen in Weisungen und Reglementen klar zum Ausdruck kommen, sodass auch bei personellen Wechseln die eingeschlagene Richtung weitergeht. Zudem sollen Merkblätter und Richtlinien für Bauherrschaften erarbeitet werden.
Dass die Arbeit mit der Zertifizierung noch längst nicht abgeschlossen ist, weiss man auch in Degersheim. In vier Jahren wird die Umsetzung kontrolliert. «Dann wollen wir Silber erreichen», verrät Gemeindepräsidentin Scherrer.
Bis dann will Lichtensteig längst auch zum Kreis der ausgezeichneten Städte gehören. Mit der Zertifizierung rechnet man im Städtli im nächsten Jahr, sagt Stadtpräsident Mathias Müller.
Hinter dem Label «Grünstadt» steckt die Vereinigung Schweizerischer Stadtgärtnereien und Gartenbauämter (VSSG/USSP). Seit 2016 zeichnet Grünstadt Schweiz Wohnorte aus, die sich besonders für die Gestaltung und Pflege ihres Grüns einsetzen. Dieses Label wird in den Kategorien Bronze, Silber und Gold vergeben.
Grünstadt Schweiz hat in einem ausführlichen Massnahmenkatalog zusammengestellt, welche Vorgaben für eine Zertifizierung erfüllt sein müssen. Zu diesen insgesamt 60 Massnahmen gehört gemäss ihrer Website unter anderem, dass Grünräume naturnah und umweltschonend gepflegt und Altbäume geschützt werden, da diese besonders viele Arten beherbergen. Zudem verlangt der Massnahmenkatalog, dass der Boden möglichst wenig versiegelt wird, damit das Leben unter der Oberfläche weitergeht.
An Gebäudehüllen sollen Lebensräume geschaffen werden, etwa für Fledermäuse und Mauersegler. Und die Bauordnung muss Dachbegrünungen festschreiben, die Bienen als Weide dienen. Auch muss die Gemeinde ihre Gärtner dabei unterstützen, auf Herbizide zu verzichten, damit Kinder gefahrlos kriechen können und das Grundwasser sauber bleibt. Dazu kommen weitere Massnahmen, die Prozesse innerhalb der Verwaltung betreffen, zum Beispiel Standortmarketing, Aus- und Weiterbildung des Personals sowie Themen wie Unkrautregulierung und Technikeinsatz.
Bereits zertifiziert sind folgende sechs Städte: Luzern, Winterthur, Ecublens, Basel und Schaffhausen. Aktuell im Zertifizierungsprozess befindet sich in der Ostschweiz die Gemeinde Lichtensteig. (pd/tos)