Wirtschaft
Verwirrung um Vögele-Schliessungen hält an: Jetzt wird die Filiale Wattwil geräumt

«Wir schliessen diese Filiale», kündet Vögele Shoes auf Plakaten an und begründet damit das Halali zur Rabattschlacht um die aktuelle Sommerkollektion. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Schuhkette den Standort aufgeben wird.

Martin Knoepfel
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«Alles muss raus» bedeutet nicht, dass die Regale nachher leer bleiben.

«Alles muss raus» bedeutet nicht, dass die Regale nachher leer bleiben.

Bild: Alec Nedic

«Alles muss raus», verkünden gelbe Buchstaben auf rotem Grund. «Alles reduziert» heisst es auf einem anderen Plakat am Eingang der Wattwiler Filiale von Vögele Shoes. Der Laden am Bahnhofkreisel schliesst. Eine Ankündigung, die skeptisch macht. Nachdem vor Jahresfrist – nach der Übernahme des polnischen Unternehmens durch deutsche und US-Investoren – ähnliche Ankündigungen für Verwirrung gesorgt hatten. Denn nicht allen geräumten Standorten drohte die tatsächliche Schliessung.

Christian Müller, Verwaltungsratspräsident der Karl Vögele AG, erklärt das Vorgehen auf Anfrage dieser Zeitung mit dem laufenden Nachlassverfahren. Zunächst erfolge der Rabatt-Abverkauf, danach müsse die Filiale aus logistischen Gründen vorübergehend für ein paar Tage geschlossen werden. Laut Müller handelt es sich in Wattwil also lediglich um eine temporäre Schliessung.

Alle Filialen auf dem Prüfstand

Was die künftige Zahl der Standorte in der Schweiz betrifft, wollte sich Christian Müller nicht festlegen. Wie viele Filialen es in Zukunft sein werden, wisse man noch nicht, antwortete er. Im Zusammenhang mit dem Nachlassverfahren überprüfe man alle Filialen. «Dabei beleuchten wir Frequenzen, Grösse, Flächen und das Potenzial in der Zukunft.» Offenbar geht es in Verhandlungen mit den Hausbesitzern aber auch um Mietzinssenkungen. Sicher ist aber, dass es weniger Filialen sein werden als heute.

2021 schloss die Karl Vögele AG sechs Verkaufsläden definitiv. Drei lagen im Kanton, in Rapperswil, Rorschach und Widnau. Weitere Standorte schlossen temporär im Zusammenhang mit dem Verkauf des Unternehmens. Heute betreibt die Karl Vögele AG noch 93 Filialen und beschäftigt rund 550 Personen. Der Hauptsitz ist Uznach.

Von Schweizer zu polnischen zu deutschen Besitzern

Noch bis zum 13. Oktober ist die Karl Vögele AG in der provisorischen Nachlassstundung. Das bedeutet, dass die Firma in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Solange die Nachlassstundung läuft, kann sie aber nicht betrieben werden. Die Nachlassstundung wurde durch das Kreisgericht See-Gaster erlaubt.

Vögele Shoes hat eine bewegte jüngere Geschichte. Die polnische CCC-Gruppe verkaufte im Juni 2021 die Firma an die aus Hannover operierende CM-Shoes und an die Münchner GA Europe, die ihrerseits die Tochter einer US-Firma ist. CM-Shoes und GA Europe wollten Vögele Shoes mit einem auf die hiesige Kundschaft ausgerichteten, hochwertigen Sortiment in eine noch stärker digitale Zukunft führen, hiess es damals.

Bis 2018 ein Familienunternehmen

2020 wurden wegen der Coronapandemie 60 der noch 160 Filialen geschlossen. Im Mai 2018 hatte CCC die Mehrheit an der Karl Vögele AG für zehn Millionen Franken plus Schulden vom damaligen Verwaltungsratspräsidenten, Max Manuel Vögele, übernommen. Die Karl Vögele AG geht auf eine 1922 gegründete Schuhmacherwerkstatt zurück. In der Nachkriegszeit kamen ein Versandhandel und eine Ladenkette dazu. In ihren besten Zeiten hatte diese rund 200 Filialen.

Reto Wilhelm, Sprecher der Karl Vögele AG, bestätigt auf Anfrage von «Blick»: «Der traditionsreiche Schweizer Schuhanbieter wird sein Filialnetz umfassend überprüfen und sein duales Geschäftsmodell von Online- und Storeverkauf auf eine nachhaltige unternehmerische Basis stellen.» Dieser Schritt erfolge in «enger Abstimmung» mit den involvierten Vermietern, Partnern und Lieferanten sowie unter Aufsicht des gerichtlich eingesetzten Sachwalters.