Wattwil
Mit dem Handy die Vergangenheit Wattwils zum Leben erwecken: Die Dorfführung in einer erweiterten Realität gibt Einblick in 1125 Jahre Geschichte

Anlässlich des Jubiläumsjahres lässt Ortsgründer Watto die Wattwiler Bevölkerung in die Vergangenheit des Dorfes eintauchen. Dabei zerfliessen Wirklichkeit und virtuelle Realität.

Alec Nedic
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Der Schauspieler Simon Keller aus Hemberg stellt im Rundgang den Siedler Watto dar, der vor 1125 Jahren die Siedlung Wattinwilare gründete.

Der Schauspieler Simon Keller aus Hemberg stellt im Rundgang den Siedler Watto dar, der vor 1125 Jahren die Siedlung Wattinwilare gründete.

Bild: PD

Jo hea, du hesches gfunde! Mit diesen Worten begrüsst der Wattwiler Dorfvater Watto die Spaziergänger auf ihrer Zeitreise in die Vergangenheit des Dorfes Wattinwilare.

Anlässlich des 1125-jährigen Jubiläums des Dorfes Wattwil steht der Bevölkerung seit Anfang März ein kostenloser Rundgang zur Verfügung. Über neun Stationen verteilt erstreckt sich die Route der Dorfführung durch die gesamte Gemeinde.

Start und Schlusspunkt des Rundgangs ist der Bahnhof Wattwil. Das besondere dabei: Durch Augmented-Reality-Technologie ist die Führung interaktiv und das einzige, was benötigt wird, ist das eigene Handy. Die Route kann individuell gewählt und jederzeit gestartet oder abgebrochen werden.

Smartphone als Portal in die Vergangenheit

Ähnlich wie bei einer Schnitzeljagd gelangen die Teilnehmenden während der vier- bis sechsstündigen Tour von einem Posten zum nächsten. Bei einer Station angelangt, heisst es Handy zücken, denn das eigene Smartphone wird zum Portal in die Vergangenheit.

Mit Augmented Reality, zu Deutsch erweiterte Realität, verfliessen Wirklichkeit und virtuelle Realität. Steht man vor der ersten Station am Bahnhof Wattwil, erweckt man die Gründerfigur Watto durch das Scannen eines QR-Codes auf der Informationstafel zum Leben.

Während Watto in Wildlederbekleidung und Steinaxt vor einem steht, erzählt er in kurzen Sequenzen aus vergangenen Zeiten. Der alemannische Siedler, der vom Hemberger Schauspieler Simon Keller verkörpert wird, liess sich vor 1125 Jahren im Toggenburg im heutigen Wattwil nieder.

Damals gab der Siedler seinem neuen Wohnsitz den Namen Wattinwilare, was so viel bedeutet wie der Hof des Watto. Die Themen des Rundgangs reichen von der Gründung des Weilers Wattinwilare und dem Kloster St.Maria der Engel bis zur Bedeutung von Bauern, Gewerbe und Textilindustrie für die Ortschaft. Die letzten Posten greifen zudem die gegenwärtige Situation des Bildungsstandortes Wattwil und die Zukunftsvision auf.

Virtueller Raum verfliesst mit Wirklichkeit

Das Projekt, das nun seit über einem halben Jahr läuft, scheint bei der Bevölkerung gut anzukommen. Die Anzahl der angeklickten Kurzvideos belaufe sich auf 5000, wobei auf dem Rundgang bisher 750 Endgeräte registriert wurden, wie der Kommunikationsverantwortliche der Gemeinde Wattwil, Marc Bohnenblust, auf Anfrage mitteilt. Da die Dorfführung aber oft zu zweit oder als Familie absolviert werde, schätze man die tatsächliche Besucherzahl auf ungefähr 2000 Personen.

Die QR-Codes auf diesen Informationsschildern ermöglichen das Eintauchen in Wattos virtuelle Welt.

Die QR-Codes auf diesen Informationsschildern ermöglichen das Eintauchen in Wattos virtuelle Welt.

Bild: Alec Nedic

Das Handy als Tourguide

Beim virtuellem Dorfrundgang wird das eigene Handy zum Tourguide. Mit dieser Methode erhofft man den Besucherinnen und Besuchern eine möglichst interaktive und einzigartige Erfahrung bieten zu können. Laut Marc Bohnenblust entschied man sich bewusst für den Einsatz von QR-Codes und der damit verbundenen Möglichkeit der Augmented Reality, um den Nutzerinnen und Nutzern einen einfachen Einstieg zu bieten. Für Marc Bohnenblust wurde damit die richtige Wahl getroffen. Er führt aus:

«Bis jetzt erreichten uns nur positive Rückmeldungen, negative Kritik blieb aus. Das freut uns selbstverständlich.»

Die interaktive Dorfführung bleibt bis Ende Jahr bestehen und ist Interessierten jederzeit zugänglich. Ob und in welcher Form das Projekt auch nach dem Jubiläumsjahr weitergeführt wird, ist bisher noch unklar. Bei anhaltender Nachfrage sei jedoch eine Fixinstallation der einzelnen Stationen in der Zukunft durchaus vorstellbar, so Marc Bohnenblust.