Spital Wattwil
Gesundheits- und Notfallzentrum in Wattwil wird konkret – doch nun kämpft auch ein Komitee des Gewerbes gegen die Spitalschliessung

Anstelle des heutigen Spitals Wattwil soll das Kompetenzzentrum für Gesundheit, Notfall und spezialisierte Pflege Wattwil entstehen. Dafür ist eine Investition von 34 Millionen Franken geplant. Eine Umfrage zeigt: Eine Mehrheit der Toggenburger Ärzte unterstützt das Projekt.

Zita Meienhofer
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Der Neubau des Spitals Wattwil.

Der Neubau des Spitals Wattwil.

Bild: Martin Knoepfel

Noch ist nicht klar definiert, wie die Zukunft des Spitals Wattwil aussehen wird. Heisst das Stimmvolk den Nachtrag zum Kantonsratsbeschluss in der kantonalen Abstimmung vom 13. Juni gut und nutzt der Gemeinderat Wattwil sein Vorkaufsrecht – wenn das Spital kein Akutspital mehr ist – nicht, wird mit grosser Wahrscheinlichkeit das Konzept der Solviva AG zum Tragen kommen. Die Solviva betreibt in der Schweiz Pflegeeinrichtungen und hat Erfahrung mit der Umnutzung von Spitalstrukturen.

Dieses Konzept sieht vor, das Spital Wattwil in ein Kompetenzzentrum für Gesundheit, Notfall und spezialisierte Pflege (GNP) umzuwandeln. Zudem soll, wie der Kanton St.Gallen am Dienstag in einer Mitteilung schreibt, ein ambulantes Gesundheitszentrum mit einem breiten medizinischen und therapeutischen Angebot entstehen. Daneben bringt gemäss diesen Plänen ein Kompetenzzentrum für spezialisierte Langzeitpflege neue Dienstleistungen ins Toggenburg. Die am Spital Wattwil etablierte Alkohol-Kurzzeit-Therapie soll im Rahmen des GNP weitergeführt werden.

Immobilie müsste umgebaut werden

Die Solviva will die Spitalimmobilie erwerben und sie entsprechend der künftigen Nutzung aus- und fertig bauen. Das Unternehmen rechnet mit einer Investitionssumme von rund 34 Millionen Franken. Die Baueingabe ist auf Anfang 2022 vorgesehen, der Start der Bauarbeiten im Altbautrakt im Sommer des Jahres 2022. Gemäss Ulrich Kläy, CEO der Solviva AG, werden die Pläne für das GNP den künftigen Bedürfnissen angepasst. «Etwa 30 Prozent des geplanten Bauvorhabens müssen angepasst werden, der Rest kann übernommen werden», so Kläy. Der Bau wird demnach nicht nach den bestehenden Plänen fertig realisiert werden.

Voraussichtlich im Herbst 2023 wird die Spitalregion Fürstenland Toggenburg (SRFT) den Spitalbetrieb nach Wil zügeln und gleichzeitig das Notfallzentrum in Wattwil in Betrieb nehmen. Das GNP soll dann bis Mitte des Jahres 2024 seinen vollständigen Betrieb aufnehmen, schreibt die Staatskanzlei in ihrer Mitteilung weiter.

Gewerbe formiert sich gegen die Schliessung

In Wattwil regt sich schon seit längerer Zeit Widerstand gegen die Schliessung des Spitals Wattwil. Nun kommt dieser auch aus Gewerbekreisen. Kathrin Ott, Mitinhaberin Augenoptik Ott und Präsidentin des Vereins Zentrum Wattwil, und Daniel Kamber, Inhaber der Kamber Treuhand AG und Präsident der Handwerker- und Gewerbevereins Wattwil, haben ein Komitee «Gewerbe gegen Spitalschliessung» lanciert. Sie sehen die Schliessung des Spitals als Schwächung der Region. Kathrin Ott sagt: «Eine Schliessung des Spitals gefährdet Arbeits- und Ausbildungsplätze und hemmt das Wirtschaftswachstum.» Daniel Kamber kritisiert: «Als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wehren wir uns gegen die Verschleuderung des gelungenen Spitalneubaus. Wenn der Kanton das Spital für einen Pappenstiel an einen privaten Investor verscherbelt, werden mit dem abzuschreibenden Substanzwert der Liegenschaft Abermillionen von Steuergeldern vernichtet.» Sie hoffen auf Unterstützung ihrer Gewerbekolleginnen und -kollegen aus allen Regionen des Kantons, weil sie mit der Schliessung des Spitals Wattwil die Gefährdung von Wohlstand und Arbeitsplätzen auch in anderen St.Galler Regionen befürchten. (zi)

Die Spitalregion hat die Detailkonzeption des zukünftigen Notfallzentrums ausgearbeitet, teilt der Kanton St.Gallen weiter mit. Es umfasst unter anderem folgende Eckpunkte: Schwere oder komplexe Notfälle werden – wie grösstenteils bereits heute – in die Notfallstation des Spitals Wil oder eines anderen Akutspitals überführt. In Wattwil gibt es eine kleine Bettenstation von fünf Plätzen für die kurze stationäre Behandlung von einfachen medizinischen Fällen (in der Regel bis 24 Stunden). Derzeit laufen die Abklärungen, dass mit dem Notfallzentrum auch der Rega-Landeplatz auf dem heutigen Spitaldach erhalten bleiben kann, der zu jeder Tageszeit und weitgehend wetterunabhängig anfliegbar ist.

Mehrheit der Ärzteschaft steht hinter dem Projekt

Die Mehrheit der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Toggenburg (NÄT) hat sich an einer Urabstimmung im Februar 2021 mit einer Zweidrittelmehrheit dafür ausgesprochen, sich in die Ausgestaltung des Kompetenzzentrums einzubringen. Mit einer Delegation der NÄT konnten im März die Eckpunkte des Notfallzentrums ausführlich besprochen werden. Seitens der Ärztinnen und Ärzte wurde das Vorhaben als gute und pragmatische Lösung des Notfallbereichs gutgeheissen. Entsprechend haben die NÄT signalisiert, die Integrierte Notfallpraxis gemeinsam mit der SRFT fortführen zu wollen.

Die Eckwerte des Notfallzentrums werden laut Mitteilung – vorbehältlich der entsprechenden Entscheide im Juni – in einer Leistungsvereinbarung zwischen dem Kanton und der Spitalregion fixiert. Die NÄT werden in diese Arbeiten wiederum eingebunden sein. Ebenfalls konnte mit der NÄT-Delegation bereits weitgehend abgestimmt werden, welche ambulanten Angebote am Gesundheitszentrum durch die SRFT weitergeführt werden sollen und welche Angebote künftig nach Möglichkeit durch private regionale Anbieter erbracht werden könnten.

Auf dieser Grundlage führt Solviva derzeit mit möglichen niedergelassenen Spezialistinnen und Spezialisten Gespräche.