Startseite
Ostschweiz
Toggenburg
Roman Strübi, neuer Leiter des Seniorenheims Neckertal, scheint angekommen zu sein. Er will Bewährtes pflegen, ist aber auch offen gegenüber Neuem, um damit das Leben der Bewohner des Heims zu bereichern.
Roman Strübi, wie haben Sie die ersten Wochen als Leiter des Seniorenheims Neckertal erlebt?
Ich hatte sehr viele positive Erlebnisse. Einerseits habe ich das Gefühl, dass mir viel Wohlwollen entgegengebracht wird, aber auch Hoffnungen in mich gesetzt werden, dass das, was mein Vorgänger in Gang gebracht hat, weitergeführt wird. Andererseits werden auch Anliegen an mich herangetragen, die Dinge betreffen, die derzeit noch nicht so optimal sind. Ich möchte aber jetzt nichts überstürzen, sondern mir zuerst einen genauen Überblick verschaffen, um dann allenfalls zu reagieren.
Das «Haus am Necker» besteht in dieser Form erst seit vier Jahren. Hätten Sie etwas anders gemacht?
Es gibt ja hier das sogenannte Hausgemeinschaftsmodell auf den fünf Wohngruppen, was grundsätzlich sehr gut ist. In den letzten Jahren aber hat sich eine Eigendynamik entwickelt. Es wird nicht mehr in der Form gelebt, dass die Bewohner sehr stark in die Alltagsgestaltung mit einbezogen werden. Ursachen dafür können sein, dass die Bewohner aus gesundheitlichen Gründen das nicht mehr können oder auch einfach nicht mehr wollen. Ein Grund kann aber auch sein, dass es einfach nicht mehr praktiziert wird. Das finde ich sehr schade, denn die Bewohner haben hier sehr viel Zeit, in der sie eine Sinn gebende Beschäftigung haben sollten. Diese Situation möchte ich mit den Mitarbeitenden genau analysieren und besprechen, wie wir das in Zukunft handhaben wollen.
Worauf legen Sie als Leiter bei ihren Mitarbeitenden besonderen Wert?
Mir ist der rege Austausch zwischen den Diensten untereinander sehr wichtig. Nicht, dass es zu einer Abschottung der Fachgebiete kommt. Das fängt beispielsweise damit an, dass die verschiedenen Bereiche nach Möglichkeit die Pausen gemeinsam verbringen. Ein grundsätzliches Anliegen ist es mir auch, dass wir uns auf gleicher Höhe, ich sage immer auf Herzhöhe, begegnen. Das heisst für mich ganz konkret, dass wenn mein Gegenüber sitzt, ich mich hinknie oder ebenfalls hinsetze, wenn ich mit dieser Person spreche.
Was war für Sie schliesslich das ausschlaggebende Argument, die Leitung in Brunnadern zu übernehmen?
Es waren mehrere Argumente, die mich überzeugt haben. Einerseits war es das Hausgemeinschaftsmodell, weil es so lebensnah ist. Im Altersheim stellen oft Einsamkeit und Langeweile ein Problem dar, weil das krankmachende Faktoren sind. Im Hausgemeinschaftsmodell macht man Vieles gemeinsam. Es orientiert sich am alten Alltagsleben und beschäftigt die Bewohner. Andererseits überzeugte mich die Trägerschaft, also die Stiftungen Liebenau und Helios, die beide eine ausgeprägt menschenfreundliche Haltung leben.
Der wirtschaftliche Faktor spielt in ihrer Philosophie gewiss auch eine wichtige Rolle. Der steht aber nicht im Vordergrund, sondern die Menschen, die in ihren Institutionen leben und arbeiten. Nicht zuletzt beeindruckte mich die moderne Infrastruktur. Ich hatte bisher noch nie ein so schönes Alters- und Pflegeheim gesehen. Der Gedanke in ein Haus zu kommen, das sich nicht mitten in einer Bauphase befindet und unendlich Ressourcen vom Alltagsgeschäft abzieht, hat mich sehr gereizt. Darüber hinaus war es meine erste Stelle als Leiter einer Institution, eine Verantwortung, vor der ich zwar nach wie vor grossen Respekt habe, aber auch meine Neugier geweckt hat.
Wie ist das Seniorenheim Neckertal zurzeit ausgelastet?
Zurzeit leben hier 71 Bewohner. Das Haus ist also voll ausgelastet. Für den reibungslosen Ablauf sorgen rund 100 Mitarbeitende.
Sind Sie damit zufrieden?
Eine volle Auslastung sollte natürlich das Ziel sein, denn leere Betten bringen niemandem etwas. Aber auch besetzte Betten garantieren noch nicht, dass der finanzielle Aufwand gedeckt wird. Es ist vor allem für die Mitarbeiter und Auszubildende in der Pflege interessant, wenn sie pflegerisch komplexe Situationen bewältigen können. So können Wissen und Fähigkeiten angewendet, beziehungsweise gelernt und erweitert werden.
Was unterscheidet das Seniorenheim Neckertal von anderen Institutionen, in denen Sie tätig waren?
Zuerst einmal ist es sicherlich die Grösse. Im Seniorenzentrum Uzwil waren es 170 Bewohner, die auf zwei Gebäude verteilt waren. Alleine im Pflegedienst waren dort 150 Mitarbeiter beschäftigt. Dort war es schon eine Herausforderung überhaupt alle 150 Mitarbeiter der Pflege zu kennen. Die Geriatrische Klinik in St.Gallen ist eine Akutklinik, was von der Grösse her auch nicht vergleichbar ist.
Im Seniorenheim Neckertal schätze ich die Überschaubarkeit des Betriebes sehr. Hier bin ich nahe bei den Bewohnern, den Angehörigen und den Mitarbeitern. Speziell ist hier, dass ich auch eine gewisse Gastgeberrolle in unserem öffentlichen Restaurant, der Neckerstube, habe. Das ist etwas völlig Ungewohntes für mich. Es wird vom Heimleiter erwartet und auch geschätzt, dass er im Restaurant die Gäste begrüsst und sich mit ihnen kurz unterhält. So versuche ich mindestens einmal morgens und einmal während des Nachmittags im Restaurant vorbeizuschauen.
Wie sieht für Sie ein Seniorenheim der Zukunft aus?
So, wie wir es hier zurzeit praktizieren, kommt es dem Seniorenheim der Zukunft schon ziemlich nahe. Es hat Alterswohnungen, die von der Spitex betreut werden. Vielleicht wird sich ja eines Tages unser Personal um diese Bewohner kümmern. In den Wohngruppen selbst stelle ich mir eine gute Durchmischung vor von Menschen, die einigermassen selbstständig sind, aber nicht mehr alleine zu Hause leben möchten, und Menschen, die auf Pflege angewiesen sind. Aufgrund der Überalterung werden wir künftig sicherlich mit mehr Demenzerkrankten rechnen müssen. Entweder muss dann der Teil an Wohnplätzen für Menschen mit Demenz in den Heimen ausgebaut werden oder, was auch denkbar wäre, Heime müssen sich konkret auf dieses oder andere Krankheitsbilder spezialisieren. Generell denke ich, dass es künftig eine gewisse Spezialisierung in den Häusern braucht.
Haben Sie konkrete Pläne, die Sie gerne umsetzen würden?
Da wir die Spitex bereits im Haus haben und schon in gewissen Bereichen Synergien nutzen, möchte ich diese Zusammenarbeit gerne weiter ausbauen. Wir fischen letztlich alle aus demselben Teich. Eine engere Zusammenarbeit strebe ich auch mit dem Pflege- und Kurzentrum Dorfplatz in Oberhelfenschwil und dem Pflegeheim Helios in Goldach an. Goldach gehört wie wir zur Stiftung Helios beziehungsweise alle drei zur Liebenau. Unsere Mitarbeiter können in Oberhelfenschwil ab dem kommenden Jahr das Solebad zu vergünstigten Konditionen nutzen.
Ich habe mit der Zentrumsleiterin, Renate Klein, bereits darüber gesprochen und die Möglichkeit diskutiert, ob unsere Bewohner dieses Angebot auch nutzen könnten. Im Gegenzug wollen wir hier eine Werkstatt, hauptsächlich für Holzarbeiten, einrichten. Es gibt zwar eine ganze Reihe von Beschäftigungsmöglichkeiten im Haus, diese richten sich aber hauptsächlich an Frauen. Mit einer Werkstatt hätten auch die Männer einen sinnvollen Zeitvertreib. Um diese Werkstatt zweckmässig einrichten zu können, sind wir jetzt auf der Suche nach Werkbänken und Werkzeug. Die Werkstatt könnten dann auch Bewohner des «Dorfplatz» nutzen.
Warum soll eine betagte Person die letzten Lebensjahre im Seniorenheim Neckertal verbringen?
Hier gibt es einen Lebensraum für Jung und Alt. Grundsätzlich habe ich die Haltung, dass die Menschen so lange wie möglich zu Hause in ihrem angestammten Umfeld bleiben sollten. Unser Heim bietet eine sehr schöne, zeitgemässe Infrastruktur mit modernen Einzelzimmern und die Einkaufsmöglichkeiten im Dorf sind in kürzester Distanz zu erreichen. Ebenso kann die Umgebung des Heimes zu Fuss oder mit Gehhilfen problemlos auch selbstständig erkundet werden.
Im Heim gibt es Alterswohnungen, den Spitex Stützpunkt Neckertal, die Eltern-Kind-Beratung und auch das öffentliche Restaurant Neckerstube sind weitere Türöffner für Kontakte nach innen und aussen und über verschiedene Generationen hinweg. Durch das Hausgemeinschaftsmodell können alltagsnahe Beschäftigungen und Kontakte zu Mitbewohnern gepflegt werden, was ein erheblicher Beitrag zu einer hohen Lebensqualität ist.