Sehnsüchtige Weisen mit Witz

Unter dem Titel «Horch was kommt von draussen rein» intonierte die Kantorei Toggenburg mit dem Trio Item um Willi Valotti Volksliedergut. Mit Liebe, Raffinesse und feinem Humor.

Peter Küpfer
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Intensiven Schlussapplaus von allen Seiten gab es für den Chor und das Trio Item. (Bild: Peter Küpfer)

Intensiven Schlussapplaus von allen Seiten gab es für den Chor und das Trio Item. (Bild: Peter Küpfer)

Mit ihrem diesjährigen Sommerkonzert öffnete die Kantorei Toggenburg die Stubenfenster der klassischen Kunstmusik und horchte nach draussen – auf den Klang der Volkslieder, wie sie aus der Natur hereinklingen. Im Zentrum des Konzerts von Samstag in der evangelischen Kirche in Lichtensteig stand ein Strauss von Volksliedern in austarierter Mischung.

Dazu gehörten vertraute Weisen, welche ältere Zuhörerinnen und Zuhörer wohl noch aus ihrer Schulzeit kennen, wie «Luegid vo Bärg und Tal», arrangierte Lieder aus dem schweizerischen mehrsprachigen Volksliedgut wie «O du liebs Ängeli» oder das unsterbliche «Le vieux Chalet». Aber auch Kunstlieder mit romantischem Hintergrund wie das innige «Abend wird es wieder» mit dem Text von Hoffmann von Fallersleben.

Im musikalischen Blumenstrauss fand sich auch eine Auswahl von Liedern aus der Feder von Hans Roelli. Sie wie auch die anderen vorgetragenen Lieder waren oft raffiniert arrangiert, sodass der Kunstcharakter der erklingenden Volkslieder dann doch wieder hereinwehte, quasi durch das Küchenfenster, leicht und angenehm wie eine Sommerbrise.

Dazu trug auch der Umstand bei, dass die Kantorei ihr Programm zusammen mit dem Trio Item bestritt, bestehend aus Willi Valotti, «dem bekanntesten Akkordeonisten der Schweizer Volksmusikszene», dem Violinisten Michael Bösch – er ist familiär und musikalisch Abkömmling der berühmten Appenzeller Alder-Dynastie – und Claudio Gmür, Pianist und selbst Chorleiter. Die drei waren mit den Kantorinnen und Kantoren hörbar auf der gleichen Linie und gaben sowohl den Liedern als auch den anspruchsvollen instrumentalen Intermezzi einen ganz eigenen Akzent, voller musikalischer Anspielungen.

«Herrschaft nomol» und wohltuende Leichtigkeit

Sommerliche Leichtigkeit war gleich zu Beginn angesagt. Das Trio eröffnete den Reigen mit «Herrschaft nomol» aus der Feder von Willi Valotti. Der virtuos ausgekleidete Schottisch kündigte die Motive an, welche die Liederauswahl dann variierte: Lebenslust, Naturstimmungen, Liebesglück und Liebesleid. Alles versetzt mit einem Schuss Nachdenklichkeit, aber auch Humor und Volkswitz.

Den Anfang des Liedprogramms machten stimmungsvolle Lieder von Hans Roelli, welche in ihrer Verträumtheit und Melancholie auch heute noch beeindrucken. Dem schlossen sich Volkslieder in schweizerdeutscher Mundart an. In der Vortragsweise der Kantorinnen und Kantoren wurden daraus unpathetische luftige Gebilde voller Zartheit und Energie.

Es folgten ebenso kunstvoll vorgetragene bekannte und weniger bekannte Lieder aus den anderen Schweizer Sprachregionen, das stimmungsvolle «La Sera sper il lag» nach einem Gedicht von Flurin Camathias, das bekannte «Le vieux chalet» von Bovet und das mit italienischem Temperament spritzig präsentierte «Teresina Bella». Den Abschluss machten innige bis sehnsüchtige Weisen aus der deutschen Liedertradition, wobei auch hier wieder das allzu Romantische durch einen Spritzer Witz aufgemischt wurde, spürbar vor allem in der höchst vergnüglichen Version von «Der Kuckuck und der Esel».

Der Abend klang mit «Der Mond ist aufgegangen» aus, in seiner stimmungsvollen Schlichtheit unerreicht und immer wieder neu ergreifend. Die Kantorinnen und Kantoren unter der Leitung ihres scheidenden Dirigenten Markus Leimgruber zeichneten sich einmal mehr durch grosse Homogenität des Klanges aus, auch deutliches Sprechen. Die Arrangements verfremdeten das vermeintlich Bekannte in anregender Form. Es wurde vieles neu oder anders hörbar.