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«Dogo – Residenz für Neue Kunst» lud im Rathaus für Kultur zur wohl letzten Vernissage ihrer Art. Ein Podiumsgespräch zeigte auf, in welche Richtung sich das Konzept von Dogo wandeln wird.
Der Freitag stellte auf mehreren Ebenen einen Wechsel dar. Zur Sommersonnenwende zeigte «Dogo – Residenz für Neue Kunst» die Arbeiten der Künstlerinnen und Künstler, die die letzten Monate in Lichtensteig gearbeitet und im Rathaus für Kultur gelebt haben.
Für zwei war es ein Abschied: Julianna Johnston und Sonja Hornung verlassen nach einem Vierteljahr die Schweiz. Für sie rücken Nathalia Cury und Alexandre Lindenberg aus Brasilien nach.
Die Ausstellung «Arrows and Other Traps» zu besprechen würde den Rahmen sprengen. Aber: Wer sich für Systeme und Strukturen interessiert, insbesondere das Spannungsfeld «Gruppe» und «Individuum», dem sei ein Besuch empfohlen.
Die jungen Künstlerinnen und Künstler besprechen solche und weitere Themen in ihren Werken pointiert und mit einer Spontaneität, die beeindruckt.
Diese Ausstellungsform könnte bald der Vergangenheit angehören. Das klassische «Vernissage-und-dann-Ausstellung»-Konzept habe sich als nicht optimal erwiesen, sagte Marcel Hörler vom Dogo-Team.
«Künftig wird es pro Jahr nur noch eine klassische Ausstellung geben, eine Jahres-Werkschau im Herbst».
Ein neuer Ansatz soll dafür den Kontakt und Dialog zwischen Besuchern und Kunstschaffenden fördern. «In normalen Ausstellungen kommt das Publikum nur über das Werk mit den Künstlerinnen und Künstlern in Kontakt», erklärte Maura Kressig, Kunstvermittlerin bei Dogo und Teil des Rathaus-Teams.
Der Prozess, wie und weshalb ein Werk entsteht, gehe dabei verloren. Genau dieser Prozess sei Dogo ein Anliegen. Das Publikum soll direkt mit den Künstlern und ihren Werken interagieren.
Dazu wird der Ausstellungsraum neu hälftig zum Werkraum umfunktioniert, in der anderen Hälfte werden Teile des Prozesses wie zum Beispiel Skizzenbücher ausgelegt. Ergänzt wird das Kunstjahr mit Anlässen und Angeboten wie etwa Projektwochen für Oberstufen-Klassen oder öffentliche Podiumsdiskussionen und Präsentationen.
«Publikum und Künstler sollen sich auf Augenhöhe treffen können».
Dazu sei ein niederschwelligerer Zugang nötig, als eine klassische Vernissage bieten könne, sagte Maura Kressig.
Mit dem Podiumsgespräch schaffte die Vernissage dann den Übergang vom alten zum neuen Dogo-Konzept. Marcel Hörler sprach mit dem Politikwissenschaftsstudenten Victor Araúio und dem Designer-Duo Lindenberg und Cury über die politische und kulturelle Lage in Brasilien nach der Wahl von Jair Bolsonaro – und das Publikum war dazu angehalten, aktiv mitzumachen.
Trotz der Sprachbarriere – das Gespräch fand in Englisch statt – entstand eine Diskussion über den schwelenden Populismus und die Rolle, die Kunst und Kultur einnehmen. Auch wenn die Diskutierenden keine Lösungen präsentieren konnten, zeigte der «Talk» anschaulich, dass Dogo mit dem neuen Konzept einen Nerv trifft: Wenn sich Kunstschaffende und Publikum auf Augenhöhe begegnen, entsteht mehr als «nur» ein Werk.