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Die Landwirtschaft stösst sich am Landverbrauch für die Thursanierung. Geplante Aufweitungen würden Fruchtfolgeflächen beanspruchen, heisst es. Umweltorganisationen fordern hingegen stärkere Aufweitungen.
Der Kanton St.Gallen will die Projekte zur Thursanierung später auflegen als ursprünglich geplant. Die umstrittenen Aspekte des Projektes sollten erst nach weiteren Gesprächen mit der Gemeinde Wattwil, den hauptsächlich betroffenen Anstössern und den Naturschutzorganisationen festgelegt werden, heisst es in einer Medienmitteilung seitens des Kantons vom 12. Oktober.
Was halten nun die Gesprächspartner – Anwohner, Bauern und Umweltorganisationen – vom Aufschub, und welche Forderungen haben sie an den Kanton? Eine kleine Umfrage zeigt, dass Uneinigkeit herrscht und die Anliegen zum Teil unvereinbar scheinen.
Die Bauern seien nicht gegen eine Ökologie, wollten aber den Landverbrauch verringern. «Es braucht ein gewisses Entgegenkommen der Bauern», sagt Josef Länzlinger aus Mühlrüti. Er ist Präsident der Vereinigung der Toggenburger Bauern.
Aus Sicht der Landwirtschaft sei das vorliegende Projekt total übertrieben, etwa bei der Ausscheidung der Gewässerräume. Gemäss der heutigen Planung brauche die Thursanierung zum Teil sehr wertvolles Land, betont Josef Länzlinger. Darunter befänden sich auch Fruchtfolgeflächen, bei denen noch nicht klar sei, wie sie ersetzt würden. «Die Bauern wollen die Thursanierung in Wattwil nicht verhindern. Man muss etwas unternehmen, aber uns ist das Land sehr wichtig», beteuert er.
Die Bauern hätten das Gespräch mit den Planern des Kantons gesucht und ihre Vorstellungen dargelegt. So schlugen die Bauern vor, dass die Wege auf beiden Seiten der Thur nicht so stark verbreitert werden, wie das ursprünglich beabsichtigt war, und sie sind damit offenbar teilweise durchgedrungen.
Josef Länzlinger befürchtet aber auch, dass die geplanten Aufweitungen den Hochwasserschutz verschlechtern, weil sich dort Kies ablagern wird. Die Thur führe bei Hochwasser Geschiebe und Holz mit sich, sagt er. Man könne die Thur nicht mit dem Linthkanal zwischen dem Walen- und Zürichsee vergleichen, sagt Josef Länzlinger. «Warum soll die Thur im Dorf 30 Meter und ausserhalb 45 Meter breit werden?», fragt er. «Die Thur ist von Schwarzenbach bis Wildhaus fast überall natürlich. Da schadet es nichts, wenn sie dort nicht so natürlich ist, wo der beste Boden liegt».
Pro Natura St.Gallen-Appenzell habe seit der letzten Orientierung über die Thursanierung seitens des Kantons nichts Neues dazugehört. Das antwortet Pro-Natura-Geschäftsführer Christian Meienberger. Im Siedlungsgebiet habe der Kanton wohl das Optimum gemacht. Der Raum sei sehr eng, räumt Christian Meienberger ein.
Ober- und unterhalb des Siedlungsgebiets wünsche sich Pro Natura hingegen mehr Raum für die Thur, damit schöne Lebensräume gestaltet werden könnten, sagt er. In der Landwirtschaftszone sei zu wenig getan worden, findet Christian Meienberger. Die geplanten Teststrecken nennt er eine gute Idee.
Der Gewässerbiologe Lukas Indermaur ist Geschäftsführer des WWF St.Gallen. Verzögerungen bei Hochwasserschutz-Projekten seien normal, sagt er. Wenn zuletzt ein ökologisch ausgereiftes Projekt auf dem Tisch liege, habe sich die Verzögerung gelohnt, findet er.
Im Zentrum Wattwils gebe es nicht viel Spielraum, räumt Lukas Indermaur ein. Man kratze mit der vorgesehenen Verbreiterung des Flussbettes auf 30 Meter an den Gewässerschutz-Vorschriften. Im Raum Rickenbach und im Raum Schomatten gebe es viel mehr Spielraum, die Thur auf mehr als die geplanten 45 Meter zu verbreitern. Wenn die Thur im Zentrum Wattwil so schmal bleibe, müsse man diesen Spielraum ausnutzen. Darauf werde der WWF St.Gallen bei weiteren Treffen des Beirats pochen, kündigte Lukas Indermaur an.
Bedeckt hält er sich bei der Frage, ob der WWF eine Einsprache gegen das Projekt einreichen wird, wenn es unter- und oberhalb des Wattwiler Zentrums bei 45 Metern Breite oder weniger bleibt. Man solle machen, was technisch machbar sei, sagt er. Er hoffe, dass durch den partizipativen Prozess Rechtsmittel vermieden werden könnten.