Im Mogelsberger «Rössli» gab es Lieder, die sich selbst erklären

Vor drei Jahren begann in Rom die Zusammenarbeit des Akkordeonisten Goran Kovacevic mit dem balkanesken Baro Drom Orkestar. Am Wochenende weilten der Ostschweizer und die italienische Band zwei Mal im Mogelsberger «Rössli».

Michael Hug
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Goran Kovacevic (Mitte) im Zwiespiel mit Geiger Gabriele Savarese. (Bild: Michael Hug)

Goran Kovacevic (Mitte) im Zwiespiel mit Geiger Gabriele Savarese. (Bild: Michael Hug)

«Jug», das heisst Süden, ist das Resultat der Zusammenarbeit des Schweizer Musikers Goran Kovacevic und Baro Drom Orkestar aus Florenz. Es ist eine Sammlung von einem Dutzend neu komponierten und neu arrangierten Liedern von Kovacevic.

Wie es dazu kam, erzählte der Akkordeonist am Freitag- und am Samstagabend dem Publikum im «Rössli» gleich selber.

Zwei Akkordeonisten auf der Bühne

Es sei in Rom gewesen, vor drei Jahren, als Kovacevic ein Sabbatical in der Kulturwohnung des Kantons St.Gallen in Rom nahm. Die vier Musiker des Baro Drom Orkestar reisten aus Florenz an und zusammen entwickelte man die Kompositionen Kovacevics zu einem kompakten Songpaket mit dem Thema Süden – eben «Jug». Noch im gleichen Jahr folgten erste Auftritte mit «Jug» in der Ostschweiz, unter anderem am St.Galler Kulturfestival im Sommer 2016.

«Jug» bringt auf der Bühne zwei Akkordeonisten zusammen. Zwei, die sich im Konzert ergänzen, unterstützen, gegenseitig den Vortritt lassen, aber auch duellieren. Dabei sei Modestino Musico ein alter Freund, lächelt Kovacevic, man habe einst zusammen in Deutschland studiert, dann eigene Wege eingeschlagen und sich dennoch immer wieder getroffen. 2016 dann für ein grösseres gemeinsames Projekt. Herkunft und Wurzeln der beiden determinieren das Resultat: eine Sammlung Lieder, die den Süden, das östliche Mittelmeer, den Balkan, den Kaukasus in sich haben.

Lieder, die Melancholie und Leidenschaft in sich vereinen, rassig und mitreissend sein können aber auch feinfühlig und tieftraurig. Songs wie «Cocek» zum Beispiel oder der Titelsong «Jug», bei dem im Akkordeon die Sackpfeife aus Irland mitschwingt. «Die Lieder erklären sich von selbst», meint Kovacevic zu Beginn und sagt dann lange nichts mehr. Recht hat er, es braucht keine Ansagen, keine Erklärungen, nichts Analytisches, keine Auslegungen, woher welcher Einfluss kommt und warum. Einfach nur Musik – es ist genau das, was das Publikum erleben will.

Wenn das Publikum erst spät erwacht

Und dann wähnt man sich im Saal des «Rössli» am Lagerfeuer einer Gesellschaft von Fahrenden. In der eigenen Fantasie sieht man Männer und Frauen tanzen, ausgelassen feiern, singen, lachen. In der Realität erlebt man ein begeisterndes Quintett auf der Bühne und ein ziemlich lethargisches Publikum auf den Stühlen im Saal. Zu mehr als täppischem Klatschen nach dem Takt reicht es, zumindest im Teil vor der Pause, nicht.

«Wir wollen den Saal zum Kochen bringen!», kündigt Kovacevic zu Beginn an, allein es gelingt ihm vorderhand nicht. Erst im späteren Verlauf erwacht das Publikum und steht, wackelt mit den Hüften und fragt sich, wozu eigentlich die Stühle da sind. Es wird warm im Saal, ja heiss, die Musiker spielen «Chalako», «Pole Pole» und «Dance», ja und jetzt wird getanzt, jetzt wird’s wild, jetzt sind sie nicht mehr zu halten, die Zuschauenden und Zuhörenden.