In den vergangenen 100 Jahren, in denen das Zivilgesetz in Kraft ist, hat sich viel geändert. Nach einer Teilrevision, in der die Kinder- und Erwachsenenschützbehörde Kesb ins Leben gerufen wurde, werden vor allem im Erwachsenenschutz vier Prinzipien besonders gestärkt.
Die Selbstbestimmung sei viel ausgeprägter als früher, sagt Glen Aggeler, Präsident der Kesb Toggenburg. Mit dem Vorsorgeauftrag gibt es ein Mittel, um präventiv eine Vertretungsperson einzusetzen, wenn jemand im Falle einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr urteilsfähig ist. Wenn jemand einen Vorsorgeauftrag erteile, entlaste dies den Staat und die Kesb, sagt Glen Aggeler. Denn die darin genannte Person übernehme die rechtliche Vertretung, sofern aus gesetzlichen Gründen nichts dagegen spreche. Fehlt hingegen ein Vorsorgeauftrag und eine Person wird urteilsunfähig, dann setzt die Kesb eine Beistandsperson als deren Vertretung ein, wenn der Situation nicht anders begegnet werden kann.
Die Familiensolidarität bedeutet, dass der Familie ein hohes Gewicht zufällt. Wird die rechtliche Vertretung nicht in einem Vorsorgeauftrag festgelegt und die Kesb wird aktiv bei der Errichtung einer Beistandschaft, werden in erster Linie Familienmitglieder angegangen. «Häufig kann ein Partner, ein Kind, Eltern oder ein Verwandter die Beistandschaft übernehmen», sagt Glen Aggeler. Wenn dies nicht gelingt, wird ein privater Beistand eingesetzt. Bei Kindern mit besonderen Fallkonstellationen wird viel eher ein Berufsbeistand eingesetzt. Glen Aggeler begründet dies mit einer höheren Fachlichkeit. Wenn jedoch beide Elternteile sterben und Kinder zurücklassen, gibt es einen Vormund. Dieser finde sich häufig im familiären Umfeld, weiss Glen Aggeler. Diese Vormunde werden durch die Kesb begleitet und unterstützt.
Bei Fragen rund um den Kinderschutz wurde das Subsidiaritätsprinzip ausgebaut. Bevor die Kesb irgendwelche Schritte unternimmt, werden alle vorgelagerten Mittel wie Ärzte und Psychologen ausgeschöpft. Alle Schritte werden mit den Eltern des Kindes besprochen. Erst wenn die Interessen kollidieren und die Entwicklung des Kindes gefährdet ist, kommt die Kesb zum Zug und ordnet Massnahmen an. «Unser Ziel ist stets die bestmögliche Entwicklung des Kindes unter Einbezug der Eltern», sagt Glen Aggeler. Eine grosse Aufgabe der Kesb ist der Schutz von Urteilsunfähigen. Dabei kann die Kesb verschiedene Massnahmen ergreifen. Aber, betont Glen Aggeler, hier werden die zuvor genannten Prinzipien angewendet. Fälle wie bei Verdingkindern sind heute kaum mehr vorstellbar und haben nichts mit dem heutigen Kindes- und Erwachsenenschutz zu tun.
Dennoch sei sich die Behörde bewusst, dass nicht immer alle Massnahmen von den Betroffenen verstanden und unterstützt werden. Daher schreibt die Kesb Toggenburg: «Schutz kann vor anderen Menschen, aber auch vor sich selbst nötig sein. Eine Massnahme ist daher niemals Strafe, sondern stets als Hilfe für die Betroffenen gedacht. Dass dies nicht immer so verstanden wird, liegt in der Natur der Sache, da die Massnahmen oft mit Eingriffen in die persönliche Autonomie des Einzelnen verbunden sind. Der Grundsatz für die Anordnung der Massnahmen lautet: soviel wie nötig, so wenig wie möglich.»