Im Hörachbach lebt seit kurzem ein Biber. Wildhüter Matthias Müller erklärt, weshalb er den Weg ins Dorf am Fusse der Iddaburg gefunden hat und was die Natur von seiner Anwesenheit für einen Nutzen zieht.
Matthias Müller, im Oktober konnte am Hörachbach die Existenz eines Bibers nachgewiesen werden. Welche Zeichen weisen darauf hin?
Bei einem Augenschein sind mir angenagtes Gehölz und Stauden aufgefallen. Nach genauerer Untersuchung war klar, dass es sich um einen Biber handeln muss. Zwei Meter oberhalb des jetzigen Biberteichs ist Astmaterial am Bachrand angebracht worden. Ich glaube, darunter hat der Biber seinen Unterschlupf eingerichtet.
Von wo hat der Biber den Weg nach Gähwil gefunden?
Der Hörachbach mündet im Bazenheider Bräägg in die Thur. Dort sind mir im letzten Sommer Biss- und Nagespuren aufgefallen. Es macht den Anschein, als hätte sich dort eine Biberfamilie eingerichtet. In der Regel bleiben zwei Generationen Jungtiere bei den Eltern, ab der dritten muss die älteste die Familie verlassen. Dieses Schicksal dürfte nun dasjenige Tier in Gähwil ereilt haben.
Wie hoch ist die Zahl der Biber, die im Toggenburg an der Thur und am Necker leben?
Genaue Zahlen gibt es nicht. Es gilt als erwiesen, dass sich Biber bis nach Nesslau angesiedelt haben. Im Neckertal sind Spuren bis nach Brunnadern bekannt. Mittlerweile werden auch die Nebensysteme von Thur und Necker besiedelt.
Von wo kommen die Biber, die bis ins Toggenburg vorgedrungen sind?
Der Thurgau gilt als eigentlicher Biberkanton, weil dort in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts neue Biberpopulationen angesiedelt worden sind. Gut fünfzig Jahre später bahnen sie sich ihren Weg der Thur entlang und sind auch hier im Toggenburg wieder heimisch geworden.
Studien belegen, dass die Biodiversität mit der Anwesenheit von Bibern erhöht wird. Rechnen Sie damit, dass der Artenreichtum auch in Gähwil zunehmen wird?
Der entstandene Biberteich lädt geradezu dazu ein. Ich rechne damit, dass es im Frühjahr hier vermehrt Libellen und andere Insekten geben wird. Jungfische wären genauso möglich, ebenso Frösche. Der Biber ist ein eigentlicher Pionier und schafft für andere Lebewesen eine Lebensgrundlage.
Hat der Biber in Gähwil die Möglichkeit, eine Familie zu gründen?
Diese Möglichkeit besteht. Weil Biber fleissige Wanderer sind, ist eine Fortpflanzung in Gähwil gar nicht so abwegig.
Haben Biber eigentlich auch natürliche Feinde?
Bären, Wölfe und Luchse wären die natürlichen Feinde. In der Schweiz müssen sich Biber, und da vor allem Jungtiere, vor streunenden Hunden in Acht nehmen. Die meisten Biber werden aber beim Überqueren von Strassen getötet. Ein ausgewachsener Biber kann im Übrigen zwischen 20 und 30 Kilogramm schwer werden.
Biber gelten als nachtaktiv. Haben Sie jenen in Gähwil schon zu Gesicht bekommen?
Jenen in Gähwil noch nicht. Ich habe allerdings an der Thur in Lütisburg eine Fotofalle aufgestellt. Anhand der gemachten Aufnahmen ist unschwer zu erkennen, dass sich die Biber dort häuslich eingerichtet haben.
Wie überstehen Biber den herannahenden Winter?
In erster Linie fressen sie die Rinde von Bäumen und Ästen. Hier im Besonderen Weidenhölzer, Haselstauden und Pappeln – also alles weiche Hölzer. Dies dürfte auch der Grund sein, weshalb jener in Gähwil am Hörachbach Halt gemacht hat. Er findet hier ideale Bedingungen vor. Im Sommer präsentiert sich die Speisekarte noch üppiger. Dann fressen Biber auch Laub, Knospen oder Gras oder Mais und Zuckerrüben aus der Landwirtschaft.
Bringt die Existenz von Bibern auch Nachteile mit sich?
Wenn die Gewässer, zum Beispiel im Rheintal, begradigt sind und das Land flach ist, kann das gestaute Wasser dafür sorgen, dass es zu Überschwemmungen kommt. Im Toggenburg ist dies aber kaum möglich. In der Forstwirtschaft können Nage- und Fressspuren aber natürlich durchaus zu Schäden führen.