Die Hitzewelle hat die Schweiz fest im Griff. Wer kann, flieht in kühlere Gebiete, so zum Beispiel ins Obertoggenburg. Das «Toggenburger Tagblatt» begleitet die Hitzegeplagten einen Tag lang.
Wer der Hitze entfliehen und nicht weit reisen will, begibt sich dieser Tage ins Obertoggenburg. Die dortige Warnregion (Ebnat-Kappel bis Wildhaus) ist die einzige in der Umgebung ohne Hitzewarnung. Wir fliehen mit. Unsere Route führt ab Wattwil mit dem Bus nach Wildhaus. Von dort geht es mit dem Sessellift ins Oberdorf, zu Fuss weiter bis zum Iltios und mit der Luftseilbahn auf den Chäserrugg. Dann wieder zurück zum Iltios, mit der Standseilbahn nach Unterwasser und schliesslich mit dem Postauto zurück nach Wattwil. Unterwegs messen wir die Temperatur und unterhalten uns mit jenen, die fliehen, und jenen, die das ermöglichen.
Wir sind zurück am Anfang der Reise. Und damit an deren Ziel. Längst haben neue Schweisstropfen das T-Shirt durchnässt. Es ist nur noch schwer vorstellbar, dass die Umgebung dort auf den Churfirsten oben und auf den Bergen im Alpstein angenehm temperiert ist. Der Versuch hat eines gezeigt: Wer wirklich Abkühlung in der Höhe sucht, muss in diesen Tagen die 2000er-Grenze überschreiten. Es lohnt sich aber auch, tiefer liegende Gegenden zu besuchen. Für den zusätzlichen Schweiss entschädigen nette Mitarbeiter in den Bergrestaurants und bei den Bahnen sowie wunderschöne Aussichten. Übrigens: Es mag für das Obertoggenburg keine Hitzewarnung geben. Dennoch steigt auch dort der Thermometer über die 30-Grad-Marke. Locker.
Beim Verlassen der Talstation erdrückt uns die Hitze beinahe. Die Informationstafel zeigt 35 Grad an. Wir flüchten ins Postauto Richtung Wattwil.
Während wir auf die Abfahrt der Standseilbahn nach Unterwasser warten, klettert das Thermometer weiter in die Höhe. 31,2 Grad zeigt es aktuell an.
Markus Bösch ist «Gondoliero» und fährt täglich zwischen dem Iltios und dem Chäserrugg hin und her. «Eine schöne Sache», sei das. «Es macht Spass, den Gästen auch etwas über die Region erzählen zu können», sagt er. Gestern und heute habe es viele Ausflügler gehabt, in den Sommerferien seien es aber schon noch mehr.
Das Thermometer ist sich nun sicher: 23,8 Grad ist es hier.
Unser Thermometer passt sich immer noch an die neue Umgebung an. Mittlerweile weist es 24 Grad aus, fällt aber wohl noch weiter.
Es ist deutlich kühler auf über 2200 Metern über Meer. Auch Schnee liegt hier noch. Das Thermometer pendelt sich noch ein.
«Oben ist es also wunderbar», verspricht der Seilbahnführer. Junge Gämsen sollen sich oben offenbar im Schnee abkühlen.
«Ich fliehe vor der Hitze», erkläre ich der Kellnerin im Restaurant. «Dann müssen Sie ganz hinauf», meint sie. Und in der Tat: Das Thermometer zeigt 30,8 Grad an. Auf dem Chäserrugg soll es etwa 20 Grad sein.
Die Wetterstationen vermelden derweil Temperaturrekorde:
Nach den vielen Juni-Temperaturrekorden von gestern, sind wir auch heute wieder auf Rekordkurs. Der #Säntis hat mit 21 Grad aktuell schon den bisherigen #Allzeitrekord für die #Maximaltemperatur geknackt! Weitere Juni- und eventuell Allzeitrekorde werden folgen. (mk) @Radio_FM1 pic.twitter.com/1bfA6f45ft
— MeteoNews (@MeteoNewsAG) 26. Juni 2019
Wir sind auf dem Iltios angekommen. Gefühlt ist es hier auf 1350 Metern über Meer nicht kühler als in Wattwil auf 610 Metern. Wir warten, bis sich unser Thermometer eingependelt hat, bevor wir eine genauere Angabe machen.
Korrektur: Da musste sich das Thermometer erst einpendeln. Zum Ende der kurzen Rast zeigt es 28,1 Grad an.
Auf dem Weg zum Iltios kommt man an den Schwendiseen vorbei. Ein guter Platz für eine kurze Rast, aber auch eine Möglichkeit sich im Wasser zu erfrischen. Die Lufttemperatur beträgt hier 29 Grad.
Von hier könnte man den Klangweg natürlich auch in die entgegengesetzte Richtung begehen. Wir entscheiden uns aus Zeitgründen aber für den direkten Weg zur Bergstation der Standseilbahn Unterwasser - Iltios.
Noch funktioniert das mit der Abkühlung nicht. Unser Thermometer klettert auf 31 Grad. Im Restaurant herrscht wenig Betrieb. Weil die Gamsalp-Bahn noch geschlossen ist, würden viele Ausflügler ihre Wanderungen eher hier beenden als starten. Möglich ist das zum Beispiel, wenn man den Klangweg von der Alp Sellamatt aus begeht. Diese Route endet hier im Oberdorf. Wer hier einkehrt, dem sei der hausgemachte Eistee empfohlen.
Auf dem Sessellift ins Oberdorf herrscht noch wenig Betrieb. Das liege vermutlich daran, dass die Strecke zur Gamsalp noch nicht in Betrieb sei, erklärte uns das Bahnpersonal an der Talstation. Der Sessellift vom Oberdorf zur Gamsalp wird aktuell revidiert.
Herr Wagner aus Kloten machte seit Samstag Kurzferien im Obertoggenburg. Nun muss er zurück nach Kloten. Heute Morgen habe er eine letzte Wanderung auf dem Klangweg unternommen. «Aber es war schon fast zu warm», sagt er.
Wir verlassen das Postauto. Unser Thermometer ist bereits auf 30 Grad geklettert.
Einheimische informieren Ausflügler im Postauto über die Klanghaus-Abstimmung vom Sonntag. Die Erfolgsaussichten werden unterschiedlich beurteilt.
Wir passieren Ebnat-Kappel. Hier wurden gestern 32 Grad gemessen. Im Postauto herrschen 27,5 Grad.
Das Postauto verlässt Wattwil. Die Reise geht los.
Derzeit ist die Bahnstrecke ins Obertoggenburg unterbrochen. Das Postauto mit Abfahrt 9.34 ist deshalb gleichzeitig auch ein Bahnersatz. Die meisten wartenden Passagiere sehen jedoch tatsächlich nach Ausflüglern aus, die vermutlich weiter als bis zur sonstigen Bahnendstation in Nesslau-Neu St.Johann fahren.
Angenehme 26,5 Grad herrschen derzeit in Wattwil.