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Wer als Besucher des Digital-Labors am Wochenende im Lichtensteiger Rathaus für Kultur seine persönlichen Daten preisgab, erhielt ein Getränk nach Wahl. Gratis. Der Deal «Daten-gegen-Getränk» des Data Café zeigte, dass die eigenen Daten alles andere als wertlos sind.
«Hätten Sie gerne ein Gratis-Getränk?», fragte Lena Mourad vom Data Café am Wochenende die Besucher des Digital-Labors im Lichtensteiger Rathaus für Kultur. Dann erklärte sie das Prinzip: Wer sich mit Name, Geburtsdatum, Geschlecht und E-Mail-Adresse auf der Website des Data Café registriert, bekommt ein Getränk nach Wahl geschenkt.
Lena Mourad drückte den Gästen einen Flyer mit den Datenschutzinformationen in die Hand. Die meisten stimmten zu. Nur wenige kämpften sich durch das umfangreiche Kleingedruckte. Das Bier lockte, und sowieso muss man aktuell fast überall seine Daten hinterlegen, und sei es nur fürs kantonale Contact-Tracing.
Das Data Café entstand in Kooperation mit der Universität Zürich und besuchte das Digital-Labor in Lichtensteig. Das Digital-Labor seinerseits startete am Wochenende seine Schweizer Tournee in Lichtensteig. An zwei Tagen entwickelten die Teilnehmenden Szenarien, die das Verhältnis zwischen Mensch, Gesellschaft und Digitalisierung behandelten.
Der Deal «Daten-gegen-Getränk» sollte den Gästen zeigen, dass ihre persönlichen Informationen alles andere als wertlos sind. «Auf dem internationalen Markt sicher nicht so viel wert wie ein Bier, aber auch nicht wertlos», sagte Lena Mourad. Das Data Café ist seit März in der Schweiz unterwegs, die Reaktionen der Bevölkerung seien unterschiedlich, erzählte sie. Die meisten würden einwilligen, genau so, wie sie am Rechner Nutzungsbedingungen ungelesen wegklickten.
Das Data Café passte perfekt zur Lichtensteiger Veranstaltung über Digitalisierung, dem Digital-Labor. Noch bis nächstes Jahr ist das Projekt der beiden Organisationen «Dezentrum» und «Ethix» auf Tournee durch die Schweiz, das Städtli Lichtensteig war die erste Station. Als lokale Partner konnte das Labor den Verein Ort für Macher*innen und das Rathaus für Kultur gewinnen.
Die Veranstaltungsreihe möchte Menschen dazu ermutigen, sich aktiv bei Themen der Digitalisierung einzubringen, statt sie passiv zu erdulden. Verschiedene Informationsangebote oder themenspezifische Diskussionsrunden standen auf dem Programm.
Eine besondere Rolle nahmen die Workshops ein. Die Teilnehmenden erarbeiteten verschiedene Szenarien für die Region. Wie stellten sich die Leute Chancen und Risiken eines digitaleren Toggenburgs vor? Am Freitag waren Visionen für das Jahr 2030 das Ziel.
«Die Digitalisierung als Wachstumstreiber hin zu einem Toggenburg mit 60000 Einwohner?»
Die Bandbreite war riesig: Digitalisierung als Wachstumstreiber hin zu einem Toggenburg mit 60000 Einwohner? Oder ein Wandel hin zu mehr Freiwilligenarbeit, da die Digitalisierung Produktivitätssteigerungen ermöglicht? Oder doch lieber eine Rückbesinnung auf realere Werte wie der Natur, und die im Toggenburg als Standortvorteil an Bedeutung gewinnen könnte?
Diese und weitere Szenarien arbeiteten die Teilnehmenden am Samstag im zweiten Workshop zu einer Zukunft fürs Jahr 2040 aus, in der das Toggenburg als ländlicher Raum von den dezentralen Möglichkeiten profitieren könnte – wenn man überall arbeiten kann, weshalb nicht lieber in der Natur statt in der Stadt?
Das vollständige Konzept möchte das Team des Digital-Labors aufbereiten und für die nächsten Stationen der Tournee als Diskussionsgrundlage verwenden. Das Ergebnis wird im Anschluss präsentiert – digital natürlich.