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Für die 59-jährige Drita Syla ist die Coronakrise in beruflicher Hinsicht eine besondere Herausforderung.
Was sich früher wie das Paradies angehört hatte, wurde für Drita Syla zur Heimat. Als junge Frau kam sie in die Schweiz. Im Interview erklärt die Pflegefachfrau, wie sie im Pflegezentrum Thurvita an der Front gegen das Coronavirus ankämpft.
Sie arbeiten als Pflegefachfrau, auch während der Coronakrise. Wie geht es Ihnen in dieser aussergewöhnlichen Situation?
Drita Syla: Es ist eine grosse Herausforderung, immer Distanz zu halten und die strengen Hygienemassnahmen zu befolgen. Die Lage ist für alle komplett neu. Die Welt muss jetzt zusammenhalten und gemeinsam nach Lösungen suchen, um dieses Virus zu besiegen. Aber ich sehe auch das Positive.
Und das wäre?
Ich denke, dass diese Situation in vielen Familien den Zusammenhalt stärkt. Ausserdem gibt es aktuell weniger Verkehr. Die Erde kann endlich mal durchatmen.
Was machen Sie, wenn Sie selbst mal durchatmen möchten?
Ich habe Glück, mein Sohn wohnt mit meinem Enkelkind direkt gegenüber. Das gibt mir Kraft und ich fühle mich dadurch weniger allein. Ansonsten reise ich oft, was aktuell leider nicht möglich ist.
Aktuell bekommt der Pflegeberuf viel Aufmerksamkeit in den Medien. War das schon immer so?
Mein Beruf bekam meiner Meinung nach immer zu wenig Anerkennung. Wenn ich sage, dass ich in einem Pflegeheim arbeite, haben die Leute das Gefühl, dass ich nur putze. Dass die Seniorinnen und Senioren verschiedene Diagnosen und Anliegen haben und jeder individuell behandelt werden muss, ist vielen nicht klar. Durch die Coronakrise bekommt der Beruf die Anerkennung, die ihm davor gefehlt hat.
Was lieben Sie an Ihrer Arbeit?
Ich liebe alles an meiner Arbeit, zum Beispiel die leuchtenden Augen meiner Patienten. Hilflosigkeit, Glück und Hoffnung: Alle Gefühle kann man in den Augen der Patienten erkennen. Das finde ich schön.
Womit haben Sie Mühe?
Wenn Patienten fragen «Werde ich wieder gesund?» und ich darauf nicht antworten kann. Ich kann einem Menschen nicht in die Augen schauen und sagen, dass er gesund wird, obwohl ich weiss, dass das nicht der Fall ist. Das bricht mir das Herz. Ich sage dann immer: «Hoffen wir das Beste, es liegt in Gottes Händen».
1983 kam Drita Syla aus Albanien in die Schweiz. Sie war Gastarbeiterin und nicht auf der Flucht. Zahlreiche Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien beantragten um die Jahrtausendwende in der Schweiz Asyl.
Grund waren die dortigen Kriege. Es ist schwierig, genaue Zahlen zur albanischen Migration zu berechnen, da sich die albanische Herkunft nicht anhand einer Nationalität, sondern anhand der Sprache definiert. Laut Schätzungen der NZZ leben über 200000 albanischstämmige Personen in der Schweiz. (sri)
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit dem "Museum schaffen" in Winterthur.