Das «Toggenburger Tagblatt» veröffentlicht jede Woche Begebenheiten aus vergangenen Zeiten. Was ist vor 100, 50, 20 oder 10 Jahren im Toggenburg passiert?
26. Oktober: Nesslau. Wie explosivartig die Grippe auftritt, zeigt der Vorfall auf der Station Nesslau, wo innert 24 Stunden das gesamte Bureau- und Bahnhofdienstpersonal (6 Mann) erkrankte. Innert kürzester Frist musste der Dienst von Ersatzpersonal übernommen werden.
30. Oktober: Kanton St. Gallen. Die Rationen für den November. Die Rationen für den Monat November sind wie folgt festgesetzt: 500 Gramm Zucker, 300 Gramm Reis, 250 Gramm Teigwaren, 200 Gramm Hafer und Gerstenprodukte. Bezugsberechtigt für Hafer- und Gerstenprodukte sind nur Kinder bis zum Alter von 15 Jahren, Erwachsene vom Alter von 60 Jahren, ferner Wöchnerinnen und stillende Mütter gegen Bescheinigung der Hebamme, Kranke und Grippe-Rekonvaleszenten gegen ärztliches Zeugnis. Reis kann an Selbstversorger von Mais, Hafer oder Milch wiederum nicht abgegeben werden.
25. Oktober: Milchkompromiss. Mit einer «salomonischen Entscheidung» will der Bundesrat die Milchschwemme eindämmen, ohne den Bauern gleich mit einer Kontingentierung den Lieferungshahn abrupt zuzuschrauben, Nach einem «Sanierungsplan» sollen die Landwirte die Milchproduktion freiwillig auf ein normales Mass reduzieren. Dabei haben die Bauern aber ständig die bundesrichterliche Geissel im Rücken: Wenn sie selbst den Milchstrom nicht drosseln können – und zwar in vier Etappen ums bestimmte Mengen – werden sie doch durch die Kontingentierung dazu gezwungen.
25. Oktober: Brunnadern. Kampf um ein Pflege- und Altersheim. 300 000 Franken hat die Gemeinde Brunnadern im Jahre 1966 durch das Legat einer begüterten Einwohnerin erhalten, welche ihren Lebensabend im Toggenburger Dorf verbrachte. Die wohlgesinnte Elisabeth Gysi knüpfte nun an ihre Gabe allerdings zwei Bedingungen: zum einen sollte das Geld für ein Alters- und Pflegeheim verwendet werden, und zweitens sollte mit dem Bau des Heimes innert drei Jahren in Brunnadern begonnen werden. Werden diese Bedingungen nicht erfüllt, müssen die 300'000 Franken für einen anderen Zweck ausserhalb des Kantons verwendet werden. Natürlich machte sich Brunnadern sogleich hinter die Aufgabe.
29. Oktober: Oberhelfenschwil. Ein Haus – fünfhundert Jahre jung. Viele alte Häuser werden abgerissen und durch Neubauten ersetzt. In Oberhelfenschwil steht seit einigen Monaten ein «neues» Haus mit bewegter und einer mehrere hundert Jahre alten Geschichte. Der stattliche Hof blickt auf eine einzigartige Geschichte zurück. Im Staatsarchiv St. Gallen lässt sich diese bis ins mittlere 14. Jahrhundert zurückverfolgen. Seit dem 14. Juli 1385 bis heute sind die Kauf- und Pachtverträge fast lückenlos vorhanden. Bis vor vier Jahren stand das imposante Herrenhaus auf dem jetzigen Waffenplatz Neuchlen-Anschwilen bei Gossau. Da musste der auffällige, überdurchschnittlich grosse Bauernhof mit dem mächtigen Tätschhaus und den vorragenden Giebelfeldern einer Kampfanlage des Bundes weichen. Dies veranlasste das kantonale Amt für Denkmalpflege im Sommer an die umliegenden Zimmereien mit dem Projekt, nach Interessenten zu suchen. Für die Familie Kühne war es Liebe auf den ersten Blick und somit der Start zu einem ungewöhnlichen und über vier Jahre dauernden Projekt. Der Abbruch gab viel zu tun. Angefangen mit dem Entfernen später angebrachter Materialien wie neuem Täfer, Spanplatten usw. über das Zeichnen von Plänen, Fotografieren von Details und schliesslich Nummerieren von allen später wiedergebrauchten Einzelteilen – etwa 3'000 Stück. Danach wurde das ganze Haus sorgsam Stück für Stück abgebrochen und nach Oberhelfenschwil transportiert.
29. Oktober: Toggenburg. Der Appenzellische Metzgermeisterverband will Mostbröckli, Pantli und Siedwürste als Appenzeller Spezialitäten schützen lassen. Dies betrifft einige Toggenburger Metzgereien. In der Auslage der Metzgereien Preisig in Bächli und Lichtensteig liegt täglich frisch die mit der Goldmedaille ausgezeichnete «Appenzeller Siedwurst». Roland Preisig stört sich nicht am Appenzeller Vorhaben. «Der Name allein macht eine Wurst nicht aus, wichtig ist, was drin ist», so der Metzger. Er glaubt nicht, dass ihm aus dem Schutz Nachteile entstehen. Die meisten der Toggenburger Metzgereien vertreiben ihre Mostbröckli einfach als Mostbröckli. Die «Appenzeller Pantli» kaufen die Metzgereien Götzl in Brunnadern und Widmer in Lichtensteig von einer Appenzeller Metzgerei zu. Zudem wollte der Metzgermeisterverband Appenzellerland verhindern, dass die Micarna-Metzgerei der Migros in Bazenheid im grossen Stil «Appenzeller Mostbröckli» herstellt.