Vor einem Jahr wurde die selbst geschmiedete Kupferrose von Angelika Brändle bei einer Ausstellung gestohlen. Sie hätte das Weihnachtsgeschenk für ihre Mutter sein sollen. Ein Jahr später zeigt Brändle im Toggenburger Schmiede- und Werkzeugmuseum in Bazenheid ihr neues Kunstwerk.
«Dreister Diebstahl in Bazenheid», titelte diese Zeitung vor einem Jahr nach der Ausstellung «Advent i dä Schmitta» im Toggenburger Schmiede- und Werkzeugmuseum.
Was war passiert? Langfinger hatten die von Angelika Brändle angefertigte Kupferrose unbemerkt mitlaufen lassen. Der Ärger der damals 17-Jährigen war gross. Sie hatte geplant, das Kunstwerk ihrer Mutter auf Weihnachten zu schenken. Mit ein Grund, weshalb vor zwölf Monaten die Tränen geflossen sind.
Der Diebstahl muss sich an der Ausstellung im November 2021 in der letzten halben Stunde ereignet haben, vorher sei nichts bemerkt worden. In die Kupferrose hatte Angelika Brändle rund sieben Stunden investiert. Wenn immer möglich hatte sie mit Erlaubnis ihres Arbeitgebers während der Arbeitszeit daran arbeiten dürfen, sei sich aber auch nicht zu schade gewesen, abends länger zu bleiben.
Heute kann die angehende Hufschmiedin im dritten Lehrjahr wieder lachen. Der Ärger von damals ist zwar nicht vergessen, mittlerweile hat sie sich aber anderen Projekten zugewandt. Und bei einem dürfte es schwierig sein, das Objekt der Begierde unbemerkt verschwinden zu lassen.
Warum das? Dazu erklärt Angelika Brändle mit einem schelmischen Lachen:
«In diesem Jahr habe ich mir die Zeit genommen und eine Weltkugel aus 40 Hufeisen geschmiedet.»
Die Idee dahinter: «Sie wäre ein schönes Geschenk für Menschen, die Pferde lieben und die Weltkugel im Garten oder an einem anderen Ort ausstellen möchten.» Passend zur Advents- und Weihnachtszeit könne auch eine Halterung angebracht werden, damit im Innern eine oder mehrere Kerzen Platz finden.
Aber warum soll jetzt niemand auf die Idee kommen, die Weltkugel zu stehlen? Da kommt die Erklärung von Angelika Brändles Lehrmeister Richard Hasler, Hufschmied aus Bütschwil, der sein Handwerk dem Publikum bei Ausstellungen im Schmiede- und Werkzeugmuseum jeweils näherbringt: «Ich habe die Kugel von Angelika bis jetzt noch nicht auf die Waage gestellt, sie ist aber sicher rund zehn Kilogramm schwer. Da müsste jemand schon sehr dreist sein, sie unbemerkt wegzutragen», sagt er lachend.
Das ist auch nicht passiert, die Weltkugel war während der ganzen Ausstellung an ihrem dafür vorgesehenen Platz und wurde von den Besucherinnen und Besuchern bewundert. Nicht so wie die verschwundene Kupferrose. Sie ist trotz intensiver Suche, auch via soziale Medien, nie mehr aufgetaucht.
«Wenn jemand Freude an etwas Gestohlenem hat, dann mag ich es demjenigen oder derjenigen gönnen», sagt Angelika Brändle. «Mich würde dabei das schlechte Gewissen plagen», sagt sie und verabschiedet sich, denn sie war an der Ausstellung nicht nur zugegen, um ihre Weltkugel zu präsentieren. Im Verlaufe des Tages hat sie mit den jüngeren Besuchenden der Ausstellung kleine Hufeisen aus Kupfer geschmiedet. «Die Freude, mit der die grossen und kleinen Kinder jeweils bei der Sache sind, ist für mich ein kleiner Trost für die verschwundene Kupferrose.»