Startseite
Ostschweiz
Toggenburg
Verschiedene Traditionen prägen die Advents- und Weihnachtszeit. Doch nicht in jedem Land und in jeder Familie wird auf die gleiche Weise gefeiert. Im Rahmen dieser Serie erzählen Menschen aus aller Welt ihre persönliche Weihnachtsgeschichte.
Wenn ich an Weihnachten denke, kommen mir folgende Dinge in den Sinn: Schnee, Christbaum, Weihnachtsmann, Friedhof mit Kerzen und ein spezielles Essen. Gefeiert wird bei uns in Finnland am 24. Dezember. Zu Beginn hatte ich in der Schweiz sehr viel Mühe, weil das für die Kinder ein normaler Schultag ist, und auch, weil die Geschäfte dann offen sind. Dieser Stress, den man sich am 24. Dezember macht, habe ich von daheim nicht gekannt.
In Turku, der früheren Hauptstadt Finnlands vor Helsinkis, wird am 24. Dezember, mittags um 12 Uhr mit dem Glockengeläut in der Domkirche, die Weihnachtsruhe ausgesprochen. Das wird im Radio übertragen. Um diese Zeit haben wir zu Hause auch begonnen, den Weihnachtsbaum zu dekorieren. Wir Kinder haben den Baum geschmückt und mein Vater hat zum Schluss den Stern zuoberst auf den Baum gesetzt. Ein weiterer Bestandteil an Heiligabend ist der Besuch der Sauna vor dem Nachtessen. Dann irgendwann kam der «Joulupukki», wörtlich übersetzt heisst das Weihnachtsbock, also der Weihnachtsmann. Eigentlich kommt er aus Korvatunturi in Finnischlappland – nahe der russischen Grenze. Heute ist der Wohnort des «Joulupukki» Rovaniemi in Lappland. Dort ist eine richtige Industrie, Weihnachten wird dort vermarktet. Ihm zur Seite stehen seine Gehilfen, die «Tonttus», die Wichtel. Die «Tonttus» gehen vor Weihnachten von Haus zu Haus und sammeln die Zettel mit den Wünschen der Kinder ein.
Der Weihnachtsmann bringt die Geschenke meistens, wenn man in der Sauna ist. Er kommt nicht immer persönlich vorbei, und wenn er kommt, kommt er mit dem Rentierschlitten. Die Geschenke sind in einem grossen Weihnachtssack, und auf den Päckli steht geschrieben, wer sie bekommt. Irgendwo wird der Sack im Haus deponiert. Ich erinnere mich, dass wir den Sack einmal nicht beim Haus gefunden haben. Mein Bruder und ich sind auf die Suche gegangen. Etwas weiter weg am Waldrand lag ein Sack. Wir dachten uns, dass der Weihnachtsmann diesen Sack sicher verloren hat. Diese Geschichte vom Weihnachtsmann und seinen Wichteln erzählt man sich von Generation zu Generation.
Die weichen Päckli hatte ich als Kind übrigens nicht gerne, denn da waren gestrickte Sachen drin. Heute hätte ich gerne wieder einmal ein Paar selbstgestrickter Socken.
Einmal gab es ein Geschenk, das speziell für mich war. Als Teenager bekam ich ein Buch von meiner Mutter und sonst nur weiche Päckli. Ich war enttäuscht. Ich verzog mich und begann das Buch zu lesen. Es war gut. Einmal haben wir ein Kartenspiel erhalten. Wir haben uns wegen den Regeln gestritten. Da kam mein Vater und warf die Karten ins Cheminée. Es wurde ruhig. Wir haben nur zugeschaut, wie unsere Helden auf den Karten verbrannten.
Nach der Sauna gehts zum Essen. Immer dasselbe Essen, das gibt es nur an Weihnachten: Ein Schinken mit Schwarte. Der Schinken wird gesalzen und dann gebraten. Dazu gibt es verschiedene Aufläufe. Beispielsweise Kartoffel-, Leber-, Rüebli- und gelber Rebenauflauf. Dann gibt es noch einen speziellen Salat mit Randen, frischen Äpfeln, Zwiebeln, gekochten Rüebli und Kartoffeln. Verschiedene Fische gehören auch zum Weihnachtsessen. Mein Vater hat sie selber gefangen. Früher sagte man, wäre es doch schon Weihnachten, dann könnten wir auch in der Nacht essen.
Teija Taverna heisst mit ledigem Namen Hämäläinen. Sie ist in Mäntyharju, einer Gemeinde in Südostfinnland, am südlichen Rand der Finnischen Seenplatte, aufgewachsen. Die heute 55-Jährige wurde als Kind Möwe «Lokki» genannt, weil sie so gerne Fisch ass. Aufgewachsen ist sie mit zwei Brüdern und mit einer Schwester. (csu)
Am 25. Dezember, frühmorgens, ging man in die Kirche. Heute besuchen die meisten Leute den Weihnachtsgottesdienst um Mitternacht. Zu dieser Messe sind die grossen Holzkirchen voll, was sie sonst nicht sind. Die Stimmung ist wundervoll. Denn es gibt keine elektrischen Lichter, nur die Kerzen. Man bringt Kerzen für die Verstorbenen auf den Friedhof. Der Friedhof versinkt dann in einem Lichtermeer. Am 25. Dezember ist ein ruhiger Tag. Am Stephanstag geht man zu den Nachbarn zu Besuch. Essen für die Verwandtschaft macht man nicht. Kommt Besuch vorbei, gab es das gleiche Essen mit Schinken und nach den Festtagen Erbslisuppe.
Hier in der Schweiz vermisse ich die finnische Adventszeit. Die ganzen Vorbereitungen mit ihren Traditionen, die Menschen, die finnische Sprache und Lieder, das ist so schön. Ich feiere mit meinen Kindern, wenn sie zu Hause sind, immer noch Weihnachten wie damals in Finnland. Es gab aber eine Zeit, da wollte ich etwas ändern. Ich fragte die Kinder, was ich zum Essen machen soll. Sie schauten mich nur verwundert an und sagten: Natürlich den Schinken. Dieses Jahr gehen mein Partner und ich meine Tochter besuchen. Sie ist seit eineinhalb Jahren Lehrerin in Angola. Im Gepäck haben wir dann natürlich ein Schinken.