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Ostschweiz
Der St.Galler Kantonsrat tagt coronabedingt erneut auf dem Olma-Gelände: Diesmal gilt eine generelle Maskenpflicht, auch im Saal – vorgesehen sind drei Sitzungstage.
Ratspräsident Cozzio beendet den ersten Sessionstag, 15 Minuten vor der angekündigten Zeit – und ohne dass über die Abschaffung der schwarzen Liste für säumige Prämienzahler diskutiert worden ist. Morgen Dienstag geht es weiter – mit dem Budget 2021. Vielen Dank fürs Mitlesen – en guete Obig!
Die SVP will die Veranstalter von nicht bewilligten Demonstrationen an den Kosten eines Polizeieinsatzes beteiligen. Justizchef Fredy Fässler verweist auf bereits bestehende Instrumente – «der FC St.Gallen beispielsweise wird bereits in die Pflicht genommen». Es sei ja nicht so, dass jede unbewilligte Demonstration per se ausarte. Er rät, die «gutgemeinte Idee» zu verwerfen, die Verhältnismässigkeit sei nicht gegeben. Der Rat tritt mit 68 Ja zu 34 Nein auf die Motion ein und heisst sie mit 71 Ja zu 35 Nein gut.
Die CVP-EVP-Fraktion will unter einer anderen Ziffer geprüft haben, welche Rechtsgrundlagen zu schaffen sind, damit öffentliche Organe und Institutionen, welche die Kenntnis von möglichen sicherheitsrelevanten Gefährdungssituationen haben, dies trotz Amts- oder Berufsgeheimnis der Polizei melden können. Regierungsrat Fässler kündigt ebenso wie beim zurückgezogenen SVP-Antrag an, dass der Rat hier zustimmen kann oder auch nicht – «wir werden das bei der Revision des Polizeigesetzes berücksichtigen». Andreas Widmer, CVP, ist nicht überzeugt, dass es mit dieser Revision getan ist: «Wir ziehen den Auftrag nicht zurück.» Der Rat stimmt dem Auftrag mit 51 Ja zu 50 Nein-Stimmen zu.
In einem weiteren Antrag will Erwin Böhi, SVP, die Einführung einer öffentlich zugänglichen Liste prüfen, in der sämtliche Gebetseinrichtungen im Kanton St.Gallen von nicht staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften aufgeführt werden. Damit kann Justizchef Fredy Fässler nicht viel anfangen: «Diese Liste bringt nur Aufwand. Die Institutionen sind von aussen nicht zu erkennen.» Der Rat lehnt den Auftrag deutlich mit 72 Nein zu 31 Ja ab.
Die Vorlage, die schon lange auf dem Tisch ist, ist in einziger Lesung durchberaten. Der Rat stimmt dem Auftrag der vorberatenden Kommission mit 97 Ja zu 0 Nein zu - die Regierung wird daher dem Kantonsrat über die Etablierung und Arbeit der Fach- und Anlaufstelle Radikalisierung und Extremismus (Farex) Bericht zu erstatten haben. Insbesondere soll sie eine aktuelle Bestandsaufnahme zur Lage im Kanton St.Gallen präsentieren.
Die SVP fordert die nächste Revision des Polizeigesetzes unverzüglich an die Hand zu nehmen und dabei die Rechtsgrundlagen zu schaffen, damit öffentliche Organe, die Kenntnis von möglichen sicherheitsrelevanten Gefährdungssituationen haben, dies trotz Amts- und Berufsgeheimnis der Polizei melden können. Für die CVP geht das zu weit, für sie wäre eine Motion der richtige Weg. Die CVP lehnt den Antrag ab, ebenso die Grünen – das sei der falsche Weg und habe in einem Rechtsstaat nichts zu suchen. Die SP spricht von einem Schnellschuss, die Revision des Polizeigesetzes sei sorgfältig anzugehen. Regierungsrat Fredy Fässler verweist auf den XIV. Nachtrag zum Polizeigesetz. Diese Arbeiten seien weitgehend abgeschlossen und würden wohl im Januar 2021 in einer Nulllesung in der Regierung besprochen:
«Diesem Antrag können Sie zustimmen und auch wenn Sie es nicht tun, erhalten Sie unsere Botschaft dennoch.»
Daraufhin zieht Erwin Böhi, SVP, seinen Antrag zurück.
Justizchef Fredy Fässler wehrt sich: Der Bericht habe präventiven Charakter und behandle nicht die Abwehr von Extremismus. Es laufe einiges: Die Kantonspolizei sei dran, auch an den Universitäten werde intensiv in diesem Bereich geforscht, ebenso beim Bund. «Wir werden den Projektbericht mit der Farex komplettieren und mit Zahlen ergänzen» - es gehe vor allem darum, Multiplikatoren auszubilden, damit diese Gefahren erkennen lernen und diese Wahrnehmungen im Zusammenhang mit möglicher Radikalisierung an Fachleute der Farex weiterzuleiten.
Der Rat behandelt in einziger Lesung den Bericht zu Massnahmen zur Prävention von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus, ausgelöst durch ein SVP-Postulatsbegehren 2016. Die vorberatende Kommission verlangt eine Nachbesserung - nämlich eine spezifischere, auf den Kanton bezogene Bestandesaufnahme zur Lage im Kanton. Für Andrea Schöb-Sturzenegger, SP, ist der Fokus des Berichts extrem eng gefasst. Inhaltlich bestünden grosse Fragezeichen, der Bericht orientiere sich überwiegend am nationalen Handlungsplan, der Bereich gewalttätiger Auswüchse im Sport würden gar nicht erwähnt. Viele Massnahmen würden einfach der Farex , der im Herbst 2019 aktiv gewordenen Fach- und Anlaufstelle Radikalisierung und Extremismus, zugesprochen. Die FDP vermisst den Präventionsgedanken, sie schliesst sich dem Antrag der vorberatenden Kommission an, ebenso CVP, GLP und Grüne.
Der Rat behandelt jetzt Vorstösse aus dem Volkswirtschaftsdepartement. Er tritt mit 54 Ja zu 51 Nein auf ein Postulat der SVP-Fraktion zur «Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen» als Antwort auf die Coronapandemie ein und heisst es konsequenterweise dann mit 55 Ja zu 48 Nein gut. Die CVP hatte in der Eintretensdebatte die Forderung nach einem Bericht mit Vorschlägen und allfälligen Anträgen unterstützt, «mit dem Ziel der Verringerung der staatlich bedingten Verwaltungsbürokratie für juristische und natürliche Personen». Die FDP stand zwar grundsätzlich hinter der Stossrichtung des Vorstosses, war aber für Nichteintreten, ebenso SP und GLP. Die Regierung hatte Nichteintreten verlangt. «Ich werde bestrebt sein, Hürden abzubauen», schwor Volkswirtschaftschef Beat Tinner.
Die 120 Kantonsratsmitglieder haben diesmal noch eine Extra-Hausaufgabe: Nein, keine weitere Corona-Schutzmassnahme! Auf Geheiss des Ratspräsidiums muss sich Männlein und Weiblein nach einem klar vorgegebenen Taktfahrplan im Foyer der Halle 2.1 von einer Profifotografin in einer Foto-Box ablichten lassen. Der Grund – bis zur Rückkehr in den Kantonsratssaal im Mai müssen alle Ratsmitglieder mit neuen Ausweisen ausgestattet werden, weil für die Audio-, Video- und Abstimmungsanlage neue Bedieneinheiten eingebaut wurden. Pro Porträt ist ein Zeitfenster von fünf Minuten veranschlagt – für Säumige, die den Zeitplan aufgrund der Ratsdebatte nicht einhalten können, stehen morgen Dienstagnachmittag noch 45 Minuten zur Verfügung.
Die SVP-Fraktion stellt einen Antrag, dass diese à fonds perdu-Beiträge als Maximalwert verstanden und nur ausbezahlt werden, wenn sie für den Weiterbetrieb des Innovationsparks unbedingt notwendig sind, SP und FDP sind dagegen. Sandro Hess, CVP, sagt: Es braucht Vertrauen, um das Projekt anzuschieben. Es braucht keine Einschränkungen.» Volkswirtschaftschef Beat Tinner erinnert an zusätzliche Einnahmen aus den Innovationen: «Wir wissen, wie wir mit Innovationspartnern umgehen müssen. Wir wollen ein Zeichen setzen. Ich will als Volkswirtschaftsdirektor Arbeitsplätze und Jobs.» Die Pandemie werde noch viele dieser Arbeitsplätze kosten. Er ermahnt daher eindringlich, die nötigen Mittel für den Innovationspark bereitzustellen. Der Antrag wird mit 72 Nein zu 22 Ja abgelehnt.
Alles wie gehabt in der Olma-Halle? Nicht ganz - neu müssen alle Maske
Damit ist die Vorlage in erster Lesung durchberaten. Die zweite Lesung ist für morgen Dienstag angesetzt.
Die FDP nimmt das Projekt in der Eintretensdebatte positiv auf und hofft auf breite Begeisterung. Die SP erinnert an die zähe Vorgeschichte – das Projekt nimmt den dritten Anlauf: Die gesprochenen Mittel seien eher bescheiden. Dass der Kanton St.Gallen die Anschubfinanzierung alleine tragen müsse, sei nicht richtig. «Da hätten sich auch die anderen Kantone oder die Wirtschaft beteiligen können», sagt SP-Fraktionschefin Bettina Surber. Auch die CVP-EVP-Fraktion unterstützt das Projekt – um einen klaren Willen für den Innovationspark zu bekunden, müssten nun alle Fraktionen hinter das Projekt stehen: «Wann, wenn nicht jetzt?», sagt Sandro Hess, CVP. Nun müsse ein Ruck durch die Ostschweiz gehen. Eine ängstliche Zurückhaltung wäre fehl am Platz. Für Andreas Bisig, GLP, ist klar: «Der Innovationspark schafft eine Win-win-Situation bei der Ausschöpfung von vorhandenem Potenzial in Wirtschaft und Forschung.» Die Ostschweiz müsse sich bei den Innovationen positionieren: «Die Forschungsexzellenz der Ostschweizer Institutionen wird damit gestärkt.»
Auch die GLP ist für das Projekt. Sascha Schmid kritisiert namens der SVP-Fraktion den à fonds perdu-Beitrag: «Die Regierung hätte sich bei der Suche nach Investoren mehr Mühe geben müssen.» Volkswirtschaftschef Beat Tinner nimmt die Kritik entgegen, dass sich auch andere Kantone und Aktionäre mehr an den Betriebskosten beteiligen müssen. Man werde das Aktienkapital noch breiter abstützen.
Der Rat behandelt in erster Lesung den Beschluss über den Sonderkredit zur Beteiligung an der Innovationspark AG und zur Gewährung von Betriebsbeiträgen. Kantonsrat Andreas Broger, CVP, berichtet über die Arbeit in der Kommission. In und um die Region St.Gallen soll ein Netzwerk zur Förderung von Innovationen auf höchstem Niveau aufgebaut werden. Als Trägerin wird eine private gemeinnützige Aktiengesellschaft aufgebaut. Der Hauptaktionär ist der Kanton St.Gallen mit einem Anteil von 500'000 Franken und einem à fonds perdu-Beitrag von zehn Millionen Franken als Investitionsbeitrag in den Wirtschaftsstandort Ostschweiz. «Es geht um die Schaffung von Arbeitsplätzen mit hoher Wertschöpfung», sagt Broger. Die vorberatende Kommission sieht eine grosse Chance im Innovationspark – kritisiert wurde einzig der à fonds perdu-Beitrag.
Auch der IV. Nachtrag zum Gemeindegesetz ist inzwischen in zweiter Lesung durchberaten, ebenso der V. Nachtrag zum Gesetz über die Pflegefinanzierung.
Bei der zweiten Lesung zum IV. Nachtrag zum Finanzausgleichsgesetz weist Michael Götte, SVP, namens der vorberatenden Kommission auf zwei fehlerhafte Grafiken sowohl im HSG-Gutachten als auch in der Botschaft der Regierung hin, die aber materiell keine grossen Auswirkungen hätten. Guido Etterlin, SP, ruft zu Sorgfalt beim Zahlenmaterial auf. Das Geschäft ist in zweiter Lesung durchberaten.
Jetzt geht es um die zweite Lesung der Spitalstrategie mit mehreren Vorlagen. Karl Güntzel, SVP, erstattet Bericht über die erste Lesung in der Septembersession. Die vorberatende Kommission hat nicht mehr getagt. Es liegen keine Anträge vor. Das Geschäft ist im Eiltempo ohne Wortmeldung durchberaten.
Ratsmitglied Karl Güntzel, SVP, macht eine allgemeine Bemerkung zum papierlosen Ratsbetrieb, den das Ratspräsidium vorschlägt. Er mahnt, dass selbstverständlich davon ausgegangen werde, dass jedes Ratsmitglied über einen Laptop verfüge. Das Präsidium nimmt das Votum zur Kenntnis!
Der Kantonsrat hiess in der Aprilsession 2018 ein Standesbegehren zur kostendeckenden Finanzierung der Kinderspitäler und Kinderkliniken gut. Die Standesinitiative wurde in Bern zwar abgelehnt. Beide Räte beschlossen aber eine Motion, die die materiellen Forderungen des Kantons St.Gallen aufnimmt. Damit gehört der Kanton St.Gallen zu den wenigen Kantonen, deren Anliegen in Bern ab und an gehört werden.
Der Nationalrat will Vermittlungsprovisionen für Wechsel in der Grundversicherung der Krankenkasse einen Riegel schieben. Er will daher entgegen dem Ständerat eine Standesinitiative von St.Gallen umsetzen. Das Geschäft geht daher zurück an den Erstrat – lehnt ihn dieser erneut ab, ist die Standesinitiative vom Tisch.
Guten Tag! Ratspräsident Bruno Cozzio läutet die Glocke - wir begrüssen Sie zur dreitägigen Novembersession des St.Galler Kantonsrates: Es ist bereits die vierte, die «extra muros» in der Olma-Halle 2.1 stattfindet. Und es wird nicht das letzte Mal sein: Die Rückkehr in den Kantonsratssaal ist erst für die Maisession vorgesehen, wie das Ratspräsidium beschlossen hat. Einige wenige Ratsmitglieder müssen der Session coronabedingt fernbleiben: Ihnen wünscht Cozzio einen milden Verlauf der Krankheit. Es gilt eine generelle Maskenpflicht, die nur zum Essen und Trinken aufgehoben ist.
In der dreitägigen Novembersession des St.Galler Kantonsrats stehen spannende Geschäfte an: Unter anderem geht es um die Spitalpolitik, die Ausgaben für das Staatspersonals, die Wirksamkeit des Energiekonzepts und die Abschaffung der Schwarzen Liste für säumige Prämienzahler.
Heute Montag stehen vor allem zweite Lesungen auf dem Plan. Das wichtigste Geschäft: Die Weiterentwicklung der Strategie der St.Galler Spitalverbunde. Nicht mit dabei ist der an Covid-19 erkrankte Regierungspräsident und Gesundheitschef Bruno Damann, der sich in Isolation befindet: Beim Spitalgeschäft springt für ihn Finanzchef Marc Mächler ein; er gehört seit Beginn der Spitaldebatte vor über zwei Jahren dem Lenkungsausschuss an. Die übrigen Geschäfte Damanns vertritt Laura Bucher, Vorsteherin des Departements des Innern.
Die grosse Linie steht fest: Die Landspitäler Altstätten, Flawil, Rorschach und Wattwil werden geschlossen. Grossen Diskussionen werden heute nicht erwartet – wohl aber in den Schlussabstimmungen am Mittwoch. Dann nämlich, wenn die Ratslinke das Ratsreferendum ergreift, um eine Volksabstimmung zu erzwingen. Dazu sind 40 der 120 Stimmen nötig.
In erster und zweiter Lesung behandeln will der Rat den unbestrittenen Kantonsratsbeschluss über den Sonderkredit zur Beteiligung am Innovationspark Ost mit den Standorten St.Gallen und Buchs: 500’000 Franken Aktienkapital sowie zehn Millionen Franken à fonds perdu für die Aufbauphase.
Für Diskussionsstoff sorgen wird auch die Behandlung einer Motion, die die schwarze Liste für säumige Prämienzahler abschaffen will.
Morgen Dienstag wird die Budgetdebatte das grosse Thema sein. Im Brennpunkt stehen nicht die Zahlen an sich, sondern die Diskussion über den Personalaufwand. Die Mehrheit der Finanzkommission schlägt vor, 1,7 Millionen aus der Pauschale zu streichen, die der Regierung für den Personalaufwand zur Verfügung steht.
Für Dienstag traktandiert sind auch zwei Energievorlagen, die zu reden geben werden: Das Energiekonzept 2021–2030, das die Halbierung der CO2-Emissionen im Vergleich zum Jahr 1990 vorsieht, und das Aufstocken des bereits bewilligten Sonderkredits Förderprogramm Energie 2021–2025 in Höhe von 25 Millionen Franken mit einem Nachtragskredit von 17,2 Millionen Franken.