Ein rundum gelungenes Début

Jakob von Werdenberg besitzt alles, was sich ein Mann wünschen kann. Doch plötzlich wendet sich das Blatt, und die Jagd auf einen Schatten beginnt, der sein Leben zerstören will.

Karin Pfister
Drucken

Es war ein grandioser Oktoberabend, die Sonne stand schon tief im Westen. Ihr warmes gelbes Licht brach durch die grossen Wolkenlücken wie die Strahlen mächtiger Scheinwerfer. Sein champagnerfarbener A6 flog über die breite und leere Schwarzwaldhochstrasse. Derart steigt Matthias Moor in seinen Débutroman «Finstersee» ein. Er arbeitet als Gymnasiallehrer und Journalist in Konstanz; am Bodensee lässt er auch seinen ersten Kriminalroman spielen.

Auf dem Weg zur Spitze

Der fulminante Einstieg hält, was er verspricht. Im A6 sitzt Jakob Graf von Werdenberg. Der aufstrebende Politiker, einst als Jakob Müller geboren, hat alles, was zu einem erfolgreichen Leben gehört. Er ist Rechtsanwalt, Bundestagsabgeordneter für den Kreis Konstanz, Bezirksvorsitzender der CDU Südbaden, hat zwei Kinder und eine schöne Frau, mit der es auch im Bett noch Spass macht. Nun ist er auf dem Weg zu einem Landesparteitag, wo er sich nur noch gegen Fritz Merk durchsetzen muss. Graf von Werdenberg hängt seinen Gedanken nach: Und wenn das gelang […]. Die Kandidatenfrage für das Amt des Ministerpräsidenten zur nächsten Landtagswahl war noch offen.

Jakob von Werdenberg gönnt sich eine kurze Pause, steigt aus und geniesst den Ausblick über den Schwarzwald. Plötzlich schlägt die Autotür hinter ihm zu und er sieht sein Auto davonbrausen. Nach ein paar hundert Metern trifft er auf einen Mann, der ihn mit einer Pistole bedroht und durch den Wald jagt, wo von Werdenberg das Bewusstsein verliert und erst einige Stunden später aufwacht.

Sympathische Charaktere

«Finstersee» hat alles, was einen guten Kriminalroman ausmacht, und man schafft es kaum, das Buch aus der Hand zu legen. Auf über 400 Seiten bricht die Spannung kein einziges Mal ein, der Leser wird Zeuge einer fast atemlosen Jagd auf von Werdenberg und wie sich das Netz um ihn immer enger zuzieht.

Viel zum Gelingen dieses Bodensee-Krimis tragen die spannenden Charaktere bei. Martin Schwarz, ein alter Schulfreund Jakobs von Werdenberg und ehemaliger Soldat, hält sich als Privatermittler mehr schlecht als recht über Wasser, seine Person wird einem im Laufe der Geschichte immer sympathischer; der facettenreiche Kommissar Dörflinger, eine auf den ersten Blick eher abgewirtschaftete Existenz, wie es von Werdenberg formuliert. «Finstersee» ist rundum gelungen: Der Plot ist sorgfältig konstruiert, das Motiv auf die Jagd von Jakob von Werdenberg überrascht zwar, ist aber nicht zu weit hergeholt – ein richtig gutes Début, das Lust auf weitere Fälle macht.

Matthias Moor: Finstersee. Emons, Köln 2013, 414 S., Fr. 18.90.