Mit einem dokumentarischen Theaterstück rüttelte die Kompanie «Rotes Velo» im Kulturforum an den Gefühlen der Zuschauer.
Barbara Hettich
War es der Beginn der Sportferien oder die Tatsache, dass noch nicht viele Theaterliebhaber die Kompanie «Rotes Velo» kennen? Das Gedränge am Eingang des Kulturforums hielt sich am Samstag jedenfalls in Grenzen. Mit vielen Zuschauern hatten die Akteure aber auch gar nicht gerechnet. Die rund 20 vor und auf einer kleinen Bühne inmitten des Raums platzierten Stühle reichten jedenfalls aus.
Den Zuschauern bot sich ein Bild der Verwüstung: Berge von Papierschnipseln auf dem Boden, auf Holzpaletten die Musikinstrumente aufgebaut. «Vergessen Sie für eine Stunde ihre Welt und erleben die letzten Stunden dieser Welt», fordert eine Stimme auf und langsam geraten die Papierhaufen in Bewegung. Eine Hand, ein Fuss, ein Kopf – zuckende Gestalten tauchen aus Schutt und Asche auf, um ihre letzten Stunden auf dieser Welt zu verbringen.
War es ein Meteoriteneinschlag, eine Atombombe oder Klimakatastrophe? Die sechs Performer von «Rotes Velo» lassen diese Frage unbeantwortet, sie war für die imaginäre Situation auch nicht relevant: Das Ende vom Ende ist da. Wie verhalten sich Menschen in solch einer Situation? Verkriechen sie sich in einer Kartonschachtel? Oder bringen sie sich gegenseitig um? Die Performer hatten ein breites Spektrum im Angebot: Eine aufwühlende Geschichte über eine Welt, in die keine Kinder mehr geboren werden, in der es keine Wunder und kein Lachen mehr gibt. Eine Schöpfungsgeschichte, in welcher der Mensch Worte erschafft, die von Mann zu Krieg führen. Eine Geschichte über Angst und wovor man alles Angst haben könnte: Angst, Entsetzen und Horror, der letzte Mensch auf Erden zu sein.
Es werde Licht. Nach rund eineinhalb Stunden entliessen die Akteure das Publikum in die heile Realität und ernteten für ihre aufwühlende und beeindruckende Darstellung viel Applaus. «Es gefiel mir sehr gut, insbesondere was es in mir ausgelöst hat», so das Fazit einer Zuschauerin.