Die Thurgauer Parteien vor der Wahl (1/9): Die SVP respektiere den Anspruch der Bauern auf einen Nationalratssitz, sagt Parteipräsident Ruedi Zbinden.
Die nationalen Umfragen sehen die SVP im Sinkflug. Schlafen Sie noch gut?
Ruedi Zbinden: Das tue ich. Sicher: Ich bekomme diese Meldungen auch mit. Aber wir vertreten nach wie vor unsere Werte und Grundhaltungen. Die Themen, die jetzt aktuell sind, hat die SVP schon immer bearbeitet − nachzulesen in unseren Positionspapieren.
Was macht die SVP Thurgau besser als die SVP Schweiz?
Unsere Trümpfe sind unsere Kandidaten. Die Kantonalpartei ist nicht eins zu eins mit der SVP Schweiz vergleichbar. Nationale und regionale Themen sind unterschiedlich, und die Kantonalpartei steht schon lange in staatstragender Verantwortung. Wir sind gut vertreten im Grossen Rat, im Regierungsrat und im Parlament in Bern. Überall haben wir unsere Leute, die sehr gute Arbeit leisten. Das wird von den Wählerinnen und Wählern geschätzt.
Wären Sie zufrieden, wenn die Kantonalpartei im Herbst ihren Wähleranteil halten kann?
Der ist mit 39,9 Prozent ja schon sehr hoch ...
Sie befürchten, dass er zurückgeht?
Wenn man den Umfragen Glauben schenken kann, dann könnte das passieren. Wir werden aber alle Anstrengungen unternehmen, damit es nicht so weit kommt. Wir haben sehr früh mit den Vorbereitungen begonnen und können jetzt unsere Kandidaten und ihren Leistungsausweis präsentieren. Das Ziel muss immer sein, noch etwas zuzulegen. Aber mir ist klar, dass das keine leichte Aufgabe ist, wenn man drei von sechs Thurgauer Sitze im Nationalrat hat und verteidigen muss.
Ihre Partei macht sich das Leben selber schwer. Mit dem Verzicht von Nationalrat Markus Hausammann fehlen die Stimmen eines Bisherigen. Das kann für den dritten SVP-Sitz entscheidend sein.
Stimmt. Aber Markus Hausammann hat sich so entschieden und ganz auf die Karte Ständerat gesetzt. Jetzt ist es so, wie es ist. Aber wir haben eine sehr starke Nationalratsliste: Leute aus der Landwirtschaft und dem Gewerbe sind dabei, wir haben einen guten Altersdurchschnitt und die Mischung zwischen Männern und Frauen stimmt. Sechs ausgezeichnete Trümpfe.
Die Herausforderung für die SVP ist eine doppelte: Sie müssen den dritten Sitz verteidigen und der neue Nationalrat muss Bauer sein.
Das steht nirgends geschrieben. Allerdings war die Thurgauer Landwirtschaft im Nationalrat immer vertreten, früher mit allen drei SVP-Nationalräten, jetzt noch mit einem.
Es ist klar, dass die Landwirtschaft, die im Thurgau eine wichtige Rolle spielt, weiterhin im Nationalrat präsent sein möchte.
Mit einem aktiven Landwirt.
Das ist ihr Anspruch. Deshalb sind wir auch froh, zwei Bauern auf der Liste zu haben. Daniel Vetterli ist ein Vollblutbauer. Und Manuel Strupler hat ein Gartenbaugeschäft und einen stattlichen Landwirtschaftsbetrieb. Auch er ist in der Landwirtschaft aufgewachsen und mit ihr verwurzelt.
Und wenn es kein Bauer wird? Das wäre doch eine Katastrophe für Ihre Partei.
Katastrophe? Nein. Zuerst geht es darum, die drei Sitze zu halten. Aber es wäre sicher eine Überraschung. Nochmals: Die SVP respektiert den Anspruch der Landwirtschaft. Wir haben mit den Bauern ein ausgezeichnetes Einvernehmen. Auch im Ständerat hat die SVP etwas zu verlieren.
Gibt es einen zweiten Wahlgang?
Wir wünschen uns natürlich, dass unser überzeugender Kandidat Jakob Stark im ersten Durchgang gewählt wird. Dafür setzen wir uns ein.
Die Konkurrenz ist gross.
Jakob Stark bringt beste Voraussetzungen für den Ständerat mit. Auch eine Person übrigens, die als Bauernsohn ursprünglich aus der Landwirtschaft kommt. Stark pflegt einen sehr guten Kontakt zur Landwirtschaft und stammt aus einer Generation, die den Stallgeruch noch mitbekommen hat.
Wenn ein Regierungsrat Ständerat wird, braucht es einen neuen Regierungsrat. Haben Sie einen Favoriten?
Das ist erst dann ein Thema, wenn Jakob Stark gewählt ist. Stark hat doch beste Wahlchancen. Davon gehen wir auch aus. Aber zu einer allfälligen Nachfolge nehme ich erst nach der Ständeratswahl Stellung.
Drei Frauen in der fünfköpfigen Thurgauer Regierung sind genug?
Falls tatsächlich jemand gesucht werden muss, besteht kein Druck, dass es partout eine Frau sein muss. Das ist schon von der Arithmetik her logisch.
In dieser Konstellation könnten einige in der SVP auf die Idee kommen, dass ein politisch erfahrener Mann mit grauen Haaren die richtige Wahl ist.
Wir haben in der SVP eine schöne Anzahl von Leuten, die das Wissen und Können für solche Aufgaben mitbringen.
Und wir sind guten Mutes, eine Auswahl bieten können, wenn es so weit ist.
Sie haben auch viel Erfahrung, Herr Zbinden, und Sie haben graue Haare.
(lacht) Die wenigen Haare, die ich noch habe ... Nein, wenn ich schon nicht über die anderen rede, dann rede ich selbstverständlich auch nicht über mich.
Die Regierungsratswahlen finden im Thurgau am 15. März zum ersten Mal gemeinsam mit den Parlamentswahlen statt. Das ist auch ihr Verdienst.
Andreas Zuber und ich haben diesen Schritt mit einer Einfachen Anfrage angestossen. Nun findet ein solcher Versuch statt. Wir erhoffen uns davon eine bessere Stimmbeteiligung. Auslöser war ja auch der schweizweit letzte Platz des Thurgaus bei kantonalen Wahlen.