«Sie wäre möglicherweise nicht mehr am Leben»: Wie ein mittlerweile beschlagnahmter Bernhardiner eine Frau beim China-Schiff in Gaissau angriff

Zwei Frauen bangen im Rheintal weiterhin um das Leben ihrer beschlagnahmten Bernhardiner. Derweil werden Details zu einer weiteren Beissattacke von einem der Tiere bekannt. In der Nachbarschaft hat man Angst vor einer Rückkehr der Hunde.

Daniel Walt
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Die beiden Bernhardiner sind mittlerweile beschlagnahmt worden. Eins der Tiere hatte in Gaissau eine Frau ins Bein gebissen und verletzt. (Bilder: pd)

Die beiden Bernhardiner sind mittlerweile beschlagnahmt worden. Eins der Tiere hatte in Gaissau eine Frau ins Bein gebissen und verletzt. (Bilder: pd)

«Ohne meine Hunde will ich nicht mehr leben»: Das sagte Daaniel Pauly, nachdem ihre zwei Bernhardinerhunde Michael und Samuel am Dienstag vor einer Woche beschlagnahmt und in ein Tierheim gebracht worden waren. Nach einem Beissvorfall Anfang Jahr hatte die Stadt Rheineck der in Deutschland gemeldeten Halterin verboten, die Tiere weiterhin in den Kanton St.Gallen mitzunehmen – Paulys Mutter lebt nach wie vor in Rheineck. Die Halterin hielt sich nicht an die Weisung. Als Anwohner vergangene Woche meldeten, die Hunde seien wieder in Rheineck, griff die Polizei zu.

Nun werden Details zu einer weiteren Beissattacke bekannt, für die einer der beiden Hunde vor rund einem Monat verantwortlich war. Der polizeilich dokumentierte Vorfall spielte sich am Sonntag, 22. September, auf einem Parkplatz beim China-Schiff Hu Bin in Gaissau ab.

Inhaber Yongsai Hu erinnert sich mit Schrecken an den Angriff: «Eine 59-jährige Mitarbeiterin von uns lief von der Bushaltestelle kommend über den Parkplatz in Richtung des China-Schiffs», erzählt er. Plötzlich sei ein Bernhardiner auf die Frau zugerannt und habe sie angegriffen.

Mit Besen verscheuchen wollen

Laut der Schilderung von Yongsai Hu warf der Bernhardiner die Frau zu Boden und biss sie über ein Dutzend Mal ins rechte Bein. «Mitarbeiter des China-Schiffs wurden auf den Angriff aufmerksam und eilten ihrer Kollegin zu Hilfe», sagt er. Einer von ihnen habe mit einem Besen vergeblich versucht, den Hund zu verscheuchen.

Ein zweiter Bernhardiner sei derweil in etwas Entfernung an einem Baum angeleint gewesen, hält Yongsai Hu weiter fest. Eine Frau – gemäss Hus Schilderungen die Mutter von Daaniel Pauly – versuchte in der Folge ebenfalls, den Hund wegzuziehen. Das sei mit vereinten Kräften schliesslich gelungen.

Yongsai Hu, Inhaber des China-Schiffs in Gaissau. (Bild: pd)

Yongsai Hu, Inhaber des China-Schiffs in Gaissau. (Bild: pd)

Bis heute arbeitsunfähig

Yongsai Hu alarmierte in der Folge den Rettungsdienst. In der Folge sei auch Daaniel Pauly aufgetaucht. Die Besitzerin der Bernhardiner und ihre Mutter wurden in der Folge polizeilich befragt. Eine Entschuldigung seitens der beiden Frauen sei allerdings ausgeblieben, bedauert der China-Schiff-Wirt.

Die angegriffene Mitarbeiterin ihrerseits musste laut ihrem Chef eine Nacht im Spital verbringen. «Sie wurde schwer am Bein verletzt.» Arbeitsfähig ist sie bis heute nicht – «ihr Bein ist noch geschwollen, und sie leidet auch psychisch stark unter dem Hundeangriff.»

«Lebensgefährlich»

Irina Pauly erklärt auf Anfrage, sie habe nicht mit eigenen Augen gesehen, dass der Bernhardiner zugebissen habe – sie sei zu weit entfernt gestanden. «Aber es ist natürlich schlimm, was passiert ist, es tut mir sehr leid», sagt sie.

Für den Wirt des China-Schiffs steht derweil fest:

«Wenn ein Hund ohne Vorwarnung derart zubeisst, muss man Massnahmen ergreifen, zumal ja auch noch weitere Vorfälle bekannt sind.»

Wenn ein solches Tier herumlaufe, sei das lebensgefährlich – «meine Mitarbeiterin wäre möglicherweise nicht mehr am Leben, wenn nicht mehrere Leute eingegriffen hätten.»

«Sie haben die Hunde schlicht nicht im Griff»

Auch in der Nachbarschaft von Daaniel Paulys Mutter in Rheineck herrscht Angst, dass die Hunde trotz der aktuellen Konfiszierung und der anstehenden amtstierärztlichen Untersuchung irgendwann wieder dort auftauchen könnten. Anwohnerin Claudia Tobler hält fest, die Halterin beziehungsweise ihre Mutter hätten die Tiere schlicht nicht im Griff – «sie sind immer wieder aus dem Grundstück entwischt». Teils hätten sich Nachbarn auch schon in der Garage in Sicherheit bringen müssen, und einige Familien hätten die Kinder aus Angst vor den Bernhardinern nicht mehr zum Spielen ins Freie gelassen.

Irina Pauly ihrerseits will von alledem nichts wissen. Sie tut die Kritik aus der Nachbarschaft als «Lügen» ab.

Verhalten der Hunde wird abgeklärt

Der St.Galler Kantonstierarzt Albert Fritsche bestätigt, dass sein Amt die beiden beschlagnahmten Bernhardiner von Daaniel Pauly dieser Tage einer Verhaltensabklärung unterziehen wird. Hans Pfäffli, Stadtpräsident von Rheineck, hält fest, dass sich die Halterin per Anwalt gegen die Beschlagnahme der Hunde wehre. Dies mit dem Argument, die Tiere seien in Deutschland gemeldet. Für Pfäffli spielt das keine Rolle: «Wie auch aus Aussagen von Nachbarn hervorgeht, haben sich die Hunde in den letzten Monaten trotz des Verbots immer wieder in Rheineck aufgehalten. Sie sind somit eine Gefahr für die Schweizer Bevölkerung.» (dwa)