Der Parteivorstand schlägt Michael Götte oder Ivan Louis zur Nomination für den zweiten Regierungssitz neben Stefan Kölliker vor. Der Entscheid obliegt der Delegiertenversammlung am 12. Dezember in Mörschwil.
Am 20. Oktober hatte die St.Galler SVP ein Problem: Mit der überraschenden Wahl ihrer Parteisekretärin Esther Friedli in den Nationalrat verlor sie ihre Kronfavoritin für den – seit langem reklamierten – zweiten Sitz in der St.Galler Regierung. Weil die zweite halbwegs prominente SVP-Frau, die Gossauer Stadträtin und Kantonsrätin Claudia Martin, abwinkte, war der Fall für den Vorstand schnell klar: Nun muss es Fraktionschef Michael Götte richten.
Seither kursierte der Name des Tübacher Gemeindepräsidenten (seit 2006) und Kantonsrats (seit 2002) als wahrscheinlicher Kandidat, nun steht er offiziell fest – allerdings auf einem Zweierticket. Der Kantonalvorstand der SVP schlägt der Delegiertenversammlung vom 12. Dezember in Mörschwil Götte und dessen Ratskollegen Ivan Louis für den zweiten Regierungssitz vor. Selbstverständlich neben dem amtierenden Regierungsrat Stefan Kölliker, der für die Wiederwahl antritt.
«Regierungswahlen sind Kopfwahlen, da braucht es jemanden mit grosser Bekanntheit», sagt SVP-Präsident Walter Gartmann. Der Tübacher Gemeindepräsident und Kantonsrat verspreche die grössten Wahlchancen und sei «klarer Favorit». Jedoch habe die Parteibasis ein «Urrecht» auf eine Auswahl, erklärt Gartmann den Zweiervorschlag. Demnach meldeten im parteiinternen Verfahren Kandidaten aus allen Regionen des Kantons ihr Interesse an. Mit dem Toggenburger Kantonsrat Ivan Louis machte ein Vertreter des ländlichsten Kantonsteils das Rennen. Weil keine gleichermassen bekannten Frauen zur Verfügung stehen, setzt die SVP laut Gartmann auf «Männer zur richtigen Zeit am richtigen Ort». Beide würden Regionen vertreten, die derzeit nicht in der Regierung vertreten sind.
Die beiden Kantonsräte erscheinen typähnlich: Götte diplomierter Betriebswirtschafter und Leiter kantonale Politik bei der Industrie- und Handelskammer (IHK), Louis selbständiger IT-Unternehmer und HSG-Doktorand in Recht und Wirtschaft, vertreten sie beide eine jüngere, liberale, wirtschaftsnahe und trotz ländlichen Wirkungsorten recht urbane SVP. Zwar ist Louis mit erst 29 Jahren 11 Jahre jünger als Götte, doch verfügt er immerhin über die Führungserfahrung des Kantonsratspräsidiums, das er 2017/18 ausübte.
Selber habe er eine Kandidatur 2020 nicht geplant, meint Michael Götte. «Das war null Thema bis zum 20. Oktober.» Doch die Ermunterungen verschiedener Parteileitungsmitglieder, darunter Esther Friedli, hätten ihn bald motiviert. Die wählerstärkste Partei verlange klar einen zweiten Sitz, doch wolle man «keine Abwahl erzwingen», sagt Götte. «Gegen lauter Amtierende wäre ich als zweiter SVPler nicht angetreten, aber bei drei Vakanzen liegt es auf der Hand.» Der Gemeindepräsident, der seit zehn Jahren die Fraktion präsidiert, spricht nicht zuletzt aus der Erfahrung einer gescheiterten Kandidatur – acht Jahre ist es her, seit er Fredy Fässler (SP) unterlag.
Den Support der Parteileitung hat Götte auf sicher, nun hofft er auf eine klare Mehrheit unter den jeweils erwarteten rund 200 Delegierten. Sein parteiinterner Herausforderer, am 20. Oktober ebenso überrascht wie alle andern, will das ländliche und südliche Kantonsgebiet vertreten, speziell auch jene Regionen, die abseits des «Regierungsgürtels» von St.Margrethen bis Wil in der Spitaldebatte zu berücksichtigen seien, wie Ivan Louis zu verstehen gibt. Der 29-Jährige dissertiert an der Universität St.Gallen zum Thema Öffentlichkeitsprinzip in den Kantonen, nachdem seine Masterarbeit bereits dem St.Galler Öffentlichkeitsgesetz galt.
Von wegen «richtigem Ort»: Dass die Delegiertenversammlung in Tübachs Nachbargemeinde Mörschwil stattfindet, stand schon vor der Nomination der beiden Kandidaten fest. Bis am 12. Dezember dürfte eine weitere Kandidatur bekannt sein – jene der GLP, über die an der Kantonsratssession munter gerätselt wurde, ohne Ergebnis.