St.Galler SVP-Exponenten kämpfen für Notfallstationen — Nun wird ihre Initiative selber zum Notfall

Die Notfall-Initiative ist überholt, noch bevor sie lanciert ist. Nun wirbt das Komitee mit SVP-Exponenten mit der Mitsprache fürs Volk. Am Mittwoch gaben sie den Start der Unterschriftensammlung bekannt.

Regula Weik
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Ein Notfallpatient wird ins Spital eingeliefert. (Bild: Ralph Ribi)

Ein Notfallpatient wird ins Spital eingeliefert. (Bild: Ralph Ribi)

An den St. Galler Spitälern muss es auch künftig eine stationäre Notfallversorgung geben. Das forderten Exponenten der SVP im Frühsommer und kündigten eine Volksinitiative an – lange bevor klar war, welche Spitalstrategie die Regierung verfolgen will. Die Kritik liess nicht lange auf sich waren. Die CVP warf der SVP «Windfahnenpolitik» vor. Und: Sie blockiere damit den laufenden Prozess.

Anfang Oktober doppelte Peter Boppart nach. Er sei erstaunt «über den von den SVP-Exponenten aus dem Stand ausgeführten Dreifachsalto rückwärts mit ebenso vielen Schrauben», so der CVP-Kantonsrat in einem parlamentarischen Vorstoss. Es sei natürlich nie falsch, das Volk zu befragen. Bloss: Mit der Initiative werde der politische Prozess torpediert. Boppart fragte sich denn auch, ob nun die Spitaldebatte «per sofort auf Eis gelegt wird, bis Klarheit darüber besteht, was das Volk will».

«Bereits die Ankündigung zeigte Wirkung»

Nun liegt die Antwort der Regierung vor, und sie entwarnt: Die zentrale Forderung der Initianten sei mit der neuen Spitalstrategie bereits erfüllt. Die regio­nalen Gesundheits- und Not­fallzentren garantierten, dass St. Gallerinnen und St. Galler an 365 Tagen rund um die Uhr Zugang zu einer wohnortnahen, professionellen Erstversorgung haben. Es gebe aktuell keinen Grund, wegen der Volksinitiative den Zeitplan zu ändern. Bis Ende Jahr ist die Spitalstrategie noch in der Vernehmlassung, im Februar 2020 soll die Botschaft dem Kantonsparlament zugeleitet werden.

Erwin Böhi, SVP-Kantonsrat und Präsident des Initiativkomitees

Erwin Böhi, SVP-Kantonsrat und Präsident des Initiativkomitees

Das Initiativkomitee beurteilt die Situation anders. Es hat gestern den Start der Unterschriftensammlung bekanntgegeben. Ist ihm entgangen, dass der Vorschlag der Regierung ebenfalls eine regionale Notfallversorgung vorsieht? «Keineswegs», sagt Erwin Böhi, SVP-Kantonsrat und Präsident des Komitees. Er unterlässt es nicht, dies als Erfolg des Komitees zu werten. So sagt er:

«Interessant ist, wie bereits die Ankündigung einer Initiative den politischen Prozess beeinflussen kann.»

Die Regierung stellte ihre künftige Spitalstrategie im Oktober vor. Die Frage, ob ihre Initiative «Für eine stationäre Notfallversorgung in allen Regionen» inzwischen nicht überflüssig sei, verneint Böhi vehement. Sie sei keineswegs überflüssig. Denn: Mit der Initiative könnten Spitalschliessungen nicht mehr ausschliesslich vom Kantonsparlament beschlossen werden; Änderungen der Spitalstandorte würden damit dem fakultativen Referendum unterstehen.

In der nächsten Runde soll das Volk mitreden können

Auf die Frage, ob er mit weiteren Spitalschliessungen rechnet, antwortet Böhi: Die ambulanten Behandlungen würden weiter zunehmen, die stationären Überkapazitäten damit grösser. Er gehe deshalb davon aus, dass «früher oder später» weitere Regionalspitäler geschlossen oder in Gesundheits- und Notfallzentren umfunktioniert würden. «Dank unserer Initiative könnte bei einer nächsten Anpassungsrunde das Volk das letzte Wort haben.»

So sehr Boppart über die ­Initianten und ihr Anliegen überrascht ist, so wenig ist er es über den Zeitpunkt der Initia­tive. Das «Buebetrickli» der SVP-Exponenten sei ein «durchschaubarer Wahlgag», so der CVP-Kantonsrat. Das Initiativkomitee hat bis Ende März 2020 Zeit, um die geforderten 4000 Unterschriften zusammenzutragen. Die kantonalen Wahlen finden Anfang März statt.