Zirkus Stey muss in Rorschach Hunderte Plakate entfernen

Der Zirkus ist in der Stadt. Noch bis Sonntag zeigt der Zirkus Stey sein Programm in Rorschach. Allerdings weiss kaum jemand davon, denn die Zirkusleute mussten auf Anordnung der Kantonspolizei St.Gallen die meisten Plakate an den Kantons- und Quartierstrassen entfernen.

Rudolf Hirtl
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Endlich, nach vielen Jahren Absenz ist der Zirkus Stey wieder zurück in Rorschach. Auf dem Kiesplatz beim Segelhafen hat der Schweizer Traditionszirkus ein Zelt für 500 Personen aufgestellt. Spanisch, englisch, deutsch, französisch, mongolisch, russisch – ein faszinierendes Sprachengemisch ist zu hören, als die Zirkusleute heute Morgen die Manege mit Sägemehl bestreuen, die Bänke befestigen oder den Eingangsbereich dekorieren. «Herzlich willkommen», steht auf einer grossen Tafel. Doch Zirkusdirektor Martin Stey ist sich nicht sicher, ob denn auch der Zirkus selbst willkommen ist.

Zirkusdirektor Martin Frey mit den Plakaten, die er an der Kantonsstrasse auf Höhe Hauptbahnhof Rorschach wieder entfernen musste. (Bild: Rudolf Hirtl)

Zirkusdirektor Martin Frey mit den Plakaten, die er an der Kantonsstrasse auf Höhe Hauptbahnhof Rorschach wieder entfernen musste. (Bild: Rudolf Hirtl)

Am Montag hat er nämlich einen Anruf der Verkehrspolizei St. Gallen erhalten. Alle Plakate, die in der Stadt Rorschach auf den Zirkus aufmerksam machen, müssten bis am Abend verschwunden sein. Ansonsten gebe es eine Anzeige und es werde teuer. Für Martin Stey ein Schock, hat sein Unternehmen doch genug zu kämpfen, um finanziell überleben zu können.

Klar, dass er die gegen 500 Plakate sogleich entfernen liess.
Eine Aktion, die sich nun negativ bemerkbar macht. «Es fahren ständig Leute mit Autos vor oder rufen an, weil sie wissen wollen, ob die Vorstellungen stattfinden. Viele haben uns beim Abmontieren der Plakate gesehen und sind nun verunsichert.»

Klare Regeln für Plakataushang

Gian Andrea Rezzoli, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen, bestätigt, dass die Zirkusverantwortlichen Plakate entfernen mussten. «Der Zirkus hat die Genehmigung erhalten, an den Ortseinfahrten der Kantonsstrassen Plakate aufstellen zu können. Allerdings wurden auch Plakate entlang der Kantonsstrasse innerorts aufgehängt, und das ist nicht erlaubt, weil sie eine Ablenkung darstellen können.» Erschwerend komme dazu, dass Plakate an Lichtsignalen, Kandelabern oder Verkehrstafeln befestigt gewesen seien, was verboten sei. «Ein Mitarbeiter der Verkehrstechnik hat dies gesehen und den Zirkusdirektor darauf aufmerksam gemacht», sagt der Polizeisprecher.

Laut Martin Stey war die Anordnung aber unmissverständlich. Alles muss weg, habe es geheissen, auch in Gemeinde- und Quartierstrassen, wo das Aufhängen ja erlaubt sei. Das bestätigt auch Gian Andrea Rezzoli, wobei aber das Einverständnis der Hausbesitzer eingeholt werden müsse, wenn beispielsweise bei einem Zaun ein Plakat befestigt werden soll. Was laut Martin Stey vom Zirkus-Plakateur seit Jahr und Tag auch so gemacht wird. «Wir fragen nach und bieten jeweils als Gegenleistung ein paar Gratistickets an. Das funktioniert in der Regel problemlos.»

Aber auch bei Quartierstrassen sind Bestimmungen einzuhalten. So darf in Kreuzungen und zehn Meter davor/danach, in Kurven, an Brückengeländern, Bahnübergängen, Engpässen oder Unterführungen keine Reklame angebracht werden. «Es ist schwierig heute, wenn man bedenkt, dass Zirkusse das Plakatieren ja eigentlich erfunden haben», sagt Martin Stey dazu.

Rorschachs Stadtpräsident Thomas Müller hat «null Verständnis» dafür, dass der Zirkus die Plakate entfernen musste. Dies sei völlig unverhältnismässig. «Ich freue mich extrem darüber, dass der Zirkus Stey wieder hier ist und die Stadt belebt. Selbstverständlich ist er jederzeit in Rorschach willkommen.»

Ein Kulturgut ohne Unterstützung

Auch heute noch glänzen nicht nur Kinderaugen, wenn farbenprächtige Plakate auf den bevorstehenden Besuch eines Zirkus hinweisen. Früher klebten Reklamen an Bäumen, hingen an Zäunen oder standen an Pfählen befestigt an Wegrändern. «Wir müssen um unserer finanzielles Überleben kämpfen und sind darauf angewiesen, viele Plakate aufstellen zu können. Doch leider wird das mit den Bewilligungen immer aufwendiger. Ich musste zwei Mitarbeiter engagieren, die sich nur darum kümmern», sagt Zirkusdirektor Martin Stey.

«Wir müssen um unser Überleben kämpfen und brauchen die Plakate.»
Martin Stey, Zirkusdirektor

Gerade in diesen Tagen mit ständig schönem Wetter und der Fussball-Weltmeisterschaft sei es besonders schwierig, genügend Leute ins Zirkuszelt zu locken. Gratis bekommt der Zirkus schon lange nix mehr. Er muss für die Standplätze Miete bezahlen, bekommt Rechnungen für Wasser und Strom. «Wir sind zwar als Schweizer Kulturgut anerkannt, doch an Subventionen bekommen wir keinen Franken», sagt Martin Stey und schaut nachdenklich hinaus auf den Bodensee. Er überlegt, künftig wieder mit einer Zirkusparade und Musik durch die Stadt zu ziehen. Wenn er denn eine Bewilligung dafür bekommt.

www.zirkus-stey.ch