St.Gallen im Städteranking: Wo wir Spitze sind und wo es hapert

Fürs Städteranking von Avenir Suisse wurden für die zehn grössten Städte der Schweiz 47 Indikatoren ausgewertet. Bei den Resultaten für die vergangenen zwei Jahrzehnte gibt’s positive Erkenntnisse für St.Gallen. Es gibt hier aber offensichtlich auch noch Lücken zu beheben. Eine Auswahl.

Reto Voneschen
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Im Vergleich zu den anderen neun grossen Schweizer Städten glänzt St.Gallen auch mit der Verfügbarkeit von Sportstätten für Hobbysportler. (Bild: Urs Jaudas - Handball-Schüeleri im Athletik-Zentrum, 16.11.2013)

Im Vergleich zu den anderen neun grossen Schweizer Städten glänzt St.Gallen auch mit der Verfügbarkeit von Sportstätten für Hobbysportler. (Bild: Urs Jaudas - Handball-Schüeleri im Athletik-Zentrum, 16.11.2013)

Positive Indikatoren für die Stadt St.Gallen

+ Bei der Zuverlässigkeit der Budgetprognose in der Periode von 2010 bis 2016 landet St.Gallen auf Platz eins. Aufwand und Ertrag wurden in acht Fällen zu pessimistisch, in sechs Fällen zu optimistisch beurteilt. Das Resultat der Rechnung fiel im Schnitt 7,53 Millionen Franken besser aus als budgetiert.

+ In St.Gallen ist kein Ungleichgewicht zwischen Büroleerständen und Leerwohnungsziffern zu entdecken. Der Bestand an leeren Büros ist mit 1,3 Prozent optimal: niedrig, aber noch unter der Schwelle zur Knappheit. Der Wohnungsmarkt funktioniert gemäss Avenir-Suisse-Ranking sehr effizient.

+ Der Kostendeckungsgrad des öffentlichen Verkehrs liegt in Bern und St.Gallen bei 72 Prozent. Für Avenir Suisse sind die beiden Städte bei diesem Indikator «Musterschüler».

+ Im Vergleich zu anderen Schweizer Gross- und Mittelstädten fliesst der Verkehr in St.Gallen zufriedenstellend. Die Stadt managt gemäss Städteranking den knappen Parkraum «ordentlich».

+ St.Gallen ist unter den zehn grössten Schweizer Städten jene mit der grössten Verfügbarkeit von Sportstätten. Die Turnhallen sind ausserhalb der Belegung durch den Schulsport wöchentlich während 59, in den Schulferien gar während 101 Stunden mietbar. Für die Nutzung von Hallen braucht es auch keine Vereinsmitgliedschaft.

+ Nur vier der zehn grössten Schweizer Städte unterstützen die Ansiedlung von Privatschulen aktiv. Darunter ist St.Gallen. Wobei die Gallusstadt genau wie Zürich noch zurückhaltender agiert als Bern und Winterthur.

+ St.Gallen gehört zur Spitzengruppe unter den grossen Schweizer Städten bei Sanktionen in der Sozialhilfe. Die Quote der Sanktionen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Sozialhilfeempfänger liegt bei zwölf Prozent. Ob man das gut oder schlecht findet, dürfte vom politischen Standpunkt abhängen. Es zeigt aber, dass ab und zu geäusserte Befürchtungen von Rechtsaussen, der Sozialhilfemissbrauch nehme in St.Gallen überhand, wohl unbegründet sind.

Negative Indikatoren für die Stadt St.Gallen

- Von 2010 bis 2016 weist St.Gallen eine durchschittliche Investitionsquote von 16,42 Prozent pro Jahr auf. Der Eigenfinanzierungsgrad lag im Schnitt bei 61 Prozent. Der Schnitt der zehn grössten Schweizer Städte lag in dieser Zeit bei 12,04 und 83,7 Prozent. Avenir Suisse kritisiert die St.Galler Quote als zu hoch; zehn Prozent seien gemäss Ökonomen optimal. Wobei Letzteres vielen Städten nicht bewusst sei. Sie investierten vielmehr nach dem Prinzip «Mehr ist besser».

- Sechs von zehn grossen Schweizer Städten haben kein Gebührenreglement, darunter ist St.Gallen. Auch hier ist damit gemäss dem Städterating «der Gebührendschungel ziemlich unübersichtlich».

- Am 17. Mai 2018 wies die entsprechende nationale Datenbank für St.Gallen 18 Startups aus. Das sind 14,6 dieser Jungunternehmen auf 100'000 Einwohner. Womit die Gallusstadt bei diesem Indikator der Avenir-Suisse-Studie nur auf Rang sieben kam – vor Bern, Biel und Winterthur.

- Der Anteil an Erholungs- und Grünflächen im Siedlungsgebiet wies 2008 in der Stadt St.Gallen 9,6 Prozent auf. Das ist nur Platz acht unter den zehn grössten Schweizer Städten. Das Städteranking von Avenir Suisse sieht Verbesserungspotenzial.

- Die von Avenir Suisse auf zwanzig zufällig ausgewählten Fahrten ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit des ÖV liegt in St.Gallen roh bei 8,3 und statistisch bereinigt bei 7,04 Stundenkilometer. Das ist überraschend langsam und Platz fünf unter den zehn grössten Städten der Schweiz. Wobei anzumerken ist, dass der öffentliche Verkehr in diesen Gross- und Mittelstädten allgemein überraschend langsam unterwegs ist. Am schnellsten ist er noch in Zürich mit etwas über zehn Stundenkilometer.

- Mit der Velofreundlichkeit der zehn grössten Schweizer Städte hapert’s gemäss Avenir Suisse allgemein. Ausnahme ist Basel. St.Gallen liegt bei diesem Indikator auf Platz sieben; ein Teil der Platzierung ist auf die ungünstige Topografie zurückzuführen. In St.Gallen ereignen sich 3,29 Unfälle auf eine Million gefahrener Velokilometer. Das ist nicht so dramatisch wie in Lugano (19,57 Unfälle), aber das drittschlechteste Resultat für die zehn Städte.