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Daniela Schmid hat in Frankreich einen Preis für Modedesign gewonnen. Nun will sie zu einem grossen Label.
Sie stieg in die falsche Metro ein, wohnte in einer überteuerten Wohnung. Immerhin mit Ausblick auf den Eiffelturm, aber ohne Heizung, das WC auf dem Gang. Der Start in Paris war schwierig für Daniela Schmid. Sie hatte zwar den Abschluss als Bekleidungsgestalterin in der Tasche, jedoch nicht einmal ein Praktikum in Aussicht. Dazu kam ihr schlechtes Französisch. Aber sie hat es gewollt, dieses Leben.
«Als ich klein war, verbrachten wir Ferien in Paris. Seither sehe ich mich auf der Vespa über Boulevards brausen, mit einem Baguette im Rucksack.»
Heute, drei Jahre später, hat sich die 23-Jährige mit Paris versöhnt. Sie hat die internationale Modeschule Esmod abgeschlossen. Und soeben einen der wichtigsten Nachwuchspreise für Modedesign in Frankreich gewonnen.
Nun steht sie in der Bahnhofsunterführung in St.Gallen, verbringt Ferien in der Stadt, wo sie aufgewachsen ist. Sie hat die Grösse eines Models, posiert aber sichtlich verlegen für den Fotografen. Die Hosen, die sie trägt sind lang, überlang. Wie jene aus ihrer Kollektion «Werk 12», mit der sich Schmid am Grand Prix du Festival International des Créateurs de Mode de Dinan gegen 250 Mitbewerber durchgesetzt hat.
«<Werk> steht für Kunstwerk oder Werkstatt. Zwölf ist meine Glückszahl», erklärt sie. Als minimalistisch und von der Architektur beeinflusst beschreibt sie ihre Mode. «Sie sieht von Weitem einfach aus. Erst aus der Nähe zeigt sich, wie komplex sie ist.» Auf Blusen und Jacken hat sie Architekturpläne gedruckt, dann darüber gestickt. Schwarz, Weiss, Creme und Blaugrün dominieren, Wolle, Baumwolle, Seide, keine synthetischen Stoffe. «Die Direktorin der Modeschule hat bereits einen Blazer bei mir bestellt. Ich wende dabei die traditionelle Verarbeitung wie bei italienischen Herrensakkos an. Das habe ich beim Modehaus Céline gelernt.»
Eine Ausbildnerin des Gewerblichen Berufs- und Weiterbildungszentrums St.Gallen hatte ihr den Kontakt zur renommierten Marke verschafft, sie bei der Bewerbung unterstützt. Und plötzlich hatte die junge St.Gallerin im grossen Paris doch eine Praktikumsstelle ergattert. Und erst noch während der Modewochen. «Wir hatten Masseusen im Atelier, bekamen Champagner serviert, um die Nächte durcharbeiten zu können.» Doch Schmid erlebte auch weniger glamouröse Momente. Sie sortierte während Tagen Knöpfe im Lager. «Meine Arbeitskollegin und ich unterhielten uns dabei stundenlang. So lernte ich Französisch.»
Nach dem Erfolg am Nachwuchsmodewettbewerb hofft sie nun auf ein Praktikum bei Dior. Oder bei Maison Margiela. Bis Zu- oder Absagen vorliegen, arbeitet sie auf Abruf als Modelistin für Balenciaga. «Ich realisiere Skizzen des Designers und forme sie an einer Büste ab», sagt Schmid. Auch verdient sie als Umziehhilfe für Chanel Geld, hilft den Models hinter der Bühne von einem Outfit ins nächste. «Die Mannequins sind zu teuer, um sie einen Tag vor der Show für die Generalprobe einzufliegen.» Die Umziehhilfen springen deshalb im Testlauf ein. Und so stöckelte Daniela Schmid schon über einen in einen Strand verwandelten Laufsteg. In der ersten Reihe sass ein berühmter Zuschauer: der unterdessen verstorbene Karl Lagerfeld.
Da bleibt keine Kapazität für «Werk 12». «Ich werde mich meiner Marke erst ausgiebig widmen, wenn ich mehr Erfahrungen gesammelt habe», sagt sie. Und lehnt sich im St.Galler Café entspannt zurück. In die Schweiz kommt sie, um die Hektik und den Lärm von Paris zu vergessen. Sie trifft sich oft mit ihrer Mutter zum Apéro. «In Paris beginnen wir schon am Montagabend damit. Ich mag dieses unbeschwerte Leben.» In ein paar Stunden reist sie zu ihrem Vater ins Bündnerland. Hans Schmid, ehemaliger Leiter des kantonalen Amtes für Kultur, betreibt dort ein Hotel.
«Hat die Leinenbettwäsche Löcher, mache ich daraus Schürzen für das Küchenteam.»
Auch in Paris flickt sie fleissig. «Ich habe mich in die wunderbare Secondhandshops verliebt.» Ein Blazer von Yves Saint Laurent kostet dort nur 30 Franken. Hat er ein Loch, pas de problème. Sie habe in der Ausbildung in St.Gallen im Vergleich zu den Pariserinnen gut nähen gelernt, sagt sie. «Das ist mein Vorteil, nebst der Pünktlichkeit.» Sie aber wartet in Frankreich regelmässig eine halbe Stunde auf Menschen, mit denen sie verabredet ist. Zeit, in der sie vom grossen Durchbruch träumen kann.