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Ostschweiz
St.Gallen, Gossau, Rorschach
Die stark befahrene Teufener Strasse zerschneidet das Riethüsli in zwei Teile. Jetzt darf das Quartier auf etwas Erleichterung hoffen. Ein Bahnprojekt schafft Raum dafür.
Der St.Galler Eisenbahn-Herbst 2018 startet am Freitag und Samstag mit der Eröffnung des sanierten Hauptbahnhofs und des neugestalteten Bahnhofplatzes. Am 6. Oktober folgt das Fest zur Einweihung des Ruckhaldetunnels der Appenzeller Bahnen. Der fahrplanmässige Personenverkehr wird hier am 7. Oktober aufgenommen. Mit dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember nimmt die AB-Durchmesserlinie von Gais über Teufen und St.Gallen nach Trogen den Betrieb auf.
Quasi im Windschatten dieser für den regionalen und lokalen öffentlichen Verkehr epochalen Schritte profitiert ein St.Galler Stadtquartier – das Riethüsli. Die Appenzeller Bahnen fahren neu nicht mehr durchs Quartierzentrum, was entlang der Teufener Strasse Freiraum gibt. Die Pläne für eine freundlichere Gestaltung der Hauptverkehrsachse liegen pfannenfertig vor. Sie werden 2019 umgesetzt.
Die Arbeiten an der neuen Linienführung der Appenzeller Bahnen zwischen Güterbahnhof und Liebegg im Riethüsli sind weit fortgeschritten: Der Ruckhaldetunnel sowie seine neuen Zufahrten sind fast fertig. Am 3. September starten die Testfahrten zwischen St.Gallen und Niederteufen. Die alte Bahnlinie ist weitgehend zurückgebaut. Die bei Eisenbahnfreunden berühmte Ruckhaldekurve ist beispielsweise schon vollständig verschwunden (siehe Zweittext).
Fürs verkehrsgeplagte Riethüsli-Quartier ist vor allem die alte Eisenbahnstrecke parallel zur Teufener Strasse von der Hochwacht bis in die Liebegg von Interesse. Hier sind Fahrleitungen, Schienen und Schwellen ebenfalls verschwunden. Das verbleibende Schotterbett wird erst in Zusammenhang mit der geplanten Aufwertung der Teufener Strasse für den Langsamverkehr ausgehoben und abgeführt.
Es mache ja keinen Sinn, den Schotter jetzt abzuführen und den verbleibenden Graben mit Erde aufzufüllen, die die Stadt bei den kommenden Bauarbeiten an der Strasse wieder zuerst ausheben und abführen müsste, sagt Stadtingenieur Beat Rietmann. All jene, die sich regelmässig über angeblich «unkoordinierte Grabereien» auf den Stadtstrassen aufregen, werden ihm zustimmen.
Und das Projekt zur Neugestaltung der Teufener Strasse im Riethüsli ist tatsächlich pfannenfertig. Die Pläne dafür lagen vor rund fünf Jahren öffentlich auf; seit zwei Jahren sind sie rechtskräftig. Derzeit läuft die Ausführungsplanung. Die Bagger sollen im nächsten Frühling auffahren. Fertig saniert und umgestaltet ist die Hauptstrasse voraussichtlich im Spätherbst 2019.
Entlang der Teufener Strasse werden die zusätzlichen Flächen, die mit dem Verschwinden der Bahnlinie zur Verfügung stehen, Fussgängern und Velofahrern, also dem Langsamverkehr, zur Verfügung gestellt. Zudem werden entlang der Strasse Bäume gepflanzt und es entstehen an einigen Stellen kleine Grünflächen.
Die vor Jahren als Provisorium erstellte Fussgängerpasserelle bei der Verzweigung Teufener- und Demutstrasse wird abgebaut. Dafür entstehen zwei per Lichtsignal gesteuerte Fussgängerstreifen. Insgesamt sind zwischen Hochwacht und Liebegg sechs Strassenübergänge für den Langsamverkehr geplant.
Und auch die Autofahrer haben etwas von der neuen AB-Linienführung: Die Kreuzung der Züge mit der Teufener Strasse bei der Verzweigung Demutstrasse entfällt. In Stosszeiten stauten sich hier regelmässig die Autos.
An der Ruckhalde zwischen dem St.Galler Güterbahnhof und dem Riethüsli ist – wie ein Spaziergang am Samstag zeigte – die alte Eisenbahnlinie vollständig verschwunden. Nur noch eine zuwachsende Schneise quer über den Hang erinnert an ein berühmtes Eisenbahnkuriosum. Die AB fuhr unten am Hang durch die engste Zahnrad-Eisenbahnkurve der Welt.
Durch den neuen Tunnel wird die oberirdische Zahnradstrecke samt der Kurve überflüssig. Fahrleitungen, Schienen, Zahnstangen, Schwellen, Schotter und belastetes Erdreich sind ausgebaut, abgeführt und entsorgt oder recycelt worden. Mit einer Ausnahme: Die 80 Meter Schienen und Zahnstangen aus der Kurve selber sind bei den Appenzeller Bahnen in Herisau eingelagert. Sie bleiben im Depot, bis klar ist, ob man sie für ein «Denkmal» braucht, das an die doch nicht ganz alltägliche Kurve erinnern soll. (vre)