Wegen Lärm – St.Galler Rock-Club wendet sich an Anwohner, Gäste und die Polizei: «Neuzuzüger können nicht alles verändern, nur weil sie jetzt hier wohnen»

Weil sich die Lärmklagen bei der Bar an der Lämmlisbrunnenstrasse häuften, greift die Wirtin zum Stift. Sie wendet sich auch an die Polizei.

Sandro Büchler
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Rock-Club an der Lämmlisbrunnenstrasse: Der Platz für Raucher auf dem Troittoir ist knapp. (Bild: Benjamin Manser)

Rock-Club an der Lämmlisbrunnenstrasse: Der Platz für Raucher auf dem Troittoir ist knapp. (Bild: Benjamin Manser)

Am vergangenen Wochenende war in der Stadt St.Gallen Rambazamba. Bei der Stadtpolizei meldeten sich Dutzende Anrufer und beschwerten sich wegen lauten Gruppen in den Strassen.

Von der Lämmlisbrunnenstrasse wurden an diesem Wochenende zwar keine Ruhestörungen gemeldet, doch hatte die Betreiberin des Rock-Clubs ihre Erfahrungen mit Anwohnern, die wegen lauten Gästen vor dem Lokal bei der Polizei anrufen. Zehnmal ist die Polizei seit letztem September wegen Lärmklagen beim Rock-Club aufgekreuzt, wie
20 Minuten berichtet. Zweimal wird das Lokal gebüsst.

Als die Polizei deswegen vor Kurzem zum wiederholten Mal vor dem Club vorfährt, platzt Bea Heilig der Kragen. Die Betreiberin der Bar findet am Tag nach dem Vorfall klare Worte – und greift zum Stift. Sie schreibt drei A4-Blätter und hängt diese ins Schaufenster ihrer Bar. Darauf nimmt sie nicht nur die Polizei und ihre Gäste ins Gebet, sondern wendet sich auch direkt an die Anwohnerinnen und Anwohner rund um die Bar.

Bea Heilig betreibt den Rock-Club. (Bild: Sandro Büchler)

Bea Heilig betreibt den Rock-Club. (Bild: Sandro Büchler)

Denn bei der Unterredung mit der Patrouille vor dem Club habe es geheissen, Anwohner hätten sich über den Lärm beschwert. Heilig schreibt deshalb: «Liebe Nachbarn, Sie wohnen in einer Stadt, da ist es am Wochenende nicht leise. Als Sie Ihre Wohnung wählten, haben Sie geprüft, was Ihre Nachbarschaft ist? Wir sind schon 14 Jahre hier, und Sie?» Am Schluss bittet die Wirtin die Anwohner um Toleranz. «Dass es hin und wieder lauter werden könne, sollten die doch wissen, die hierher gezogen sind», sagt die Chefin des Lokals.

Sie will vermitteln. Darum nimmt Heilig auf dem zweiten Papier ihre Gäste in die Pflicht. Sie sollen hohe Töne und laute Gespräche draussen vermeiden. «Auch den Gästen soll bewusst werden, dass rund um den Club Leute wohnen, die schlafen und frühmorgens arbeiten gehen müssen», sagt die 53-Jährige. Werde es besonders laut vor der Bar, ermahne sie die Gäste persönlich. Die Wirtin appelliert an beide Seiten: Anwohner und «Partyvolk». «Die Leute sind heute nicht mehr so tolerant wie früher.»

Die Krux mit dem Rauchergesetz

Auf dem dritten Plakat richtet sich Heilig schliesslich an die Gesetzeshüter: «Geschätzte Polizei, Ihr macht einen guten Job.» Allerdings ist sie der Ansicht, die Polizei müsste Anrufer darauf aufmerksam machen, dass in der Stadt der Lärmpegel höher sei als auf dem Lande.

«Neuzuzüger können nicht alles verändern, nur weil sie jetzt hier wohnen.»
Drei handgeschriebene Hinweise hat Wirtin Bea Heilig verfasst: Je eines an die Gäste, die Polizei und die Anwohner adressiert. (Bild: Benjamin Manser)

Drei handgeschriebene Hinweise hat Wirtin Bea Heilig verfasst: Je eines an die Gäste, die Polizei und die Anwohner adressiert. (Bild: Benjamin Manser)

Barbetreiberin Heilig sagt: «Die Polizei und ich sind keine Freunde.» Sie spreche die Polizisten nun einmal offen und direkt an, meine es aber nicht böse. «Die müssen halt ihren Job machen.» Seit rund einem Jahr beobachtet die Wirtin die Polizeieinsätze vor ihrem Club. «Die Polizei kommt nicht mehr so häufig vorbei.» Trotzdem ist ihr die Präsenz ein Dorn im Auge. «Die hätten Besseres zu tun, als kleinen Betrieben das Leben schwer zu machen.»

Dionys Widmer, Sprecher der St.Galler Stadtpolizei, sagt dazu: «Die Lämmlisbrunnenstrasse ist kein Schwerpunkt unserer Arbeit.» Er weist aber darauf hin, dass auf der Strasse oft ohnehin viele Nachteulen unterwegs seien, die vom Ausgang nach Hause gingen.

Bea Heilig macht weder die Polizei, noch ihre Gäste oder Anwohner für den Lärm verantwortlich.

«Es liegt am kantonalen Rauchergesetz.»

Dieses verbanne die Raucher vor die Tür. Und vor dem Rock-Club ist das Trottoir schmal, der Platz für Raucher knapp. «Mit einer Lüftung wäre das Problem behoben», sagt Heilig. Allerdings seien Raucherlokale, die wie im Kanton Thurgau bis zu einer Fläche von 80 Quadratmetern zugelassen werden, im Kanton St.Gallen gesetzlich nicht erlaubt.