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Auf dem Parkett, in den Gassen, auf den Bühnen: Am Tanzfest 2018 hat St.Gallen drei Tage lang getanzt. So bunt wie die Tanzszene ist auch das Fest: mit Schnupperstunden, Battles und Vorführungen. Wir haben vier Schauplätze besucht.
Nur noch wenige Minuten. Wuchtige Bässe dröhnen aus den Boxen. Ein letzter Blick in den Spiegel, das Cap richten, die Moves durchgehen. Durchatmen. Für die 28Tänzerinnen und Tänzer im Jugendkulturraum «Flon» geht es am Samstag um viel. Die Swiss Battle Tour macht für eine Vorausscheidung Halt am Tanzfest. In den Kategorien Popping, Hiphop und Break Dance treten Tänzer gegeneinander an. Einer gegen einen. Wer die dreiköpfige Jury – darunter der St.Galler Break-Dance-Profi SonLe – überzeugt, misst sich am Sonntag in Fribourg mit den Gewinnern aus weiteren fünf Städten.
Break Dance verlangt Körperbeherrschung. Die Tänzer drehen Pirouetten auf dem Kopf, fallen, verharren Sekunden lang in einer Pose. Das Publikum fiebert mit. Man kennt sich in der Szene. Break Dance ist familiär. Nicht mehr als eine Minute haben die Tänzer Zeit. Dann fällen die Juroren ihr Urteil. Per Fingerzeig wählt jeder seinen Favoriten aus. Wer weniger Stimmen bekommt, scheidet aus. Und schon macht sich der Nächste bereit.
Ein Maiwochenende lang wird in 30 Städten und Gemeinden in der ganzen Schweiz gleichzeitig getanzt. Das Tanzfest wurde 2006 in Zürich ins Leben gerufen und hat sich seither zu einem schweizweiten Ereignis entwickelt. Gemeinsam stemmen heute rund 4000 Mitwirkende und 200 Partnerinstitutionen das Programm bestehend aus 600 Tanzkursen, 450 Tanzaufführungen und 40 Partys in der ganzen Schweiz. (lim)
Die Passanten staunen nicht schlecht, als Tobias Spori die schwarzen Gummireifen auf den Bärenplatz rollt. Der Tänzer und Gründer des «Panorama Dance Theater» hat einen Tanzrundgang koordiniert. Unter dem Titel «CauseandEffect» betanzen Diane Gemsch, Laura Garcia Aguilera, Richard Mascherin und Tobias Spori am Samstagnachmittag die Innenstadt. Vom Bärenplatz geht es zum Multertor, zum Konsulat und auf den roten Platz. Das Wetter spielt mit, viele Schaulustige folgen der Gruppe auf ihrem Rundgang.
Die Performance ist gleichzeitig sanft und hart. Die Tänzerinnen und Tänzer interagieren nicht nur mit den Reifen,sondern auch mit ihrer Umgebung.Musikalisch begleitet werden sie von Enrico Lenzin. Der Rheintaler verleiht der Performance als Ein-Mann-Band eine eigene Dynamik. Mal gibt er mit dem Cajon den Rhythmus vor, mal vermischt er Alphornklänge mit technoiden Sounds, mal lässt er Blechschalen erklingen. Tanz, Musik und Kulisse verschmelzen zu einem stimmigen Ganzen.
Das Tanzfest will den Tanz zu den Leuten bringen. Das Ziel der Veranstalter: Die Leute bewegen, sie zum Mitmachen animieren. An keiner anderen Veranstaltung an diesem Wochenende gelingt das so leicht wie an der Tanznacht. Der Anlass ist Disco, Tanzshow und Tanzstunde in einem. Und: Er ist ein Publikumsmagnet.
Das Parkett in der Offenen Kirche füllt sich am Samstagabend schnell. Jeder tanzt mit jedem. Die einen sind barfuss, die anderen in Tanzschuhen. Der DJ legt Klassiker wie «Hit the Road, Jack» oder «Groove Is In The Heart» auf. Auch lateinamerikanische Tanzhits stehen auf der Songliste. Je später der Abend, desto heisser wird es im Saal.Und spätestens als ein Animator zur gemeinsamen Choreografie bittet, hält es kaum noch jemanden auf seinem Stuhl. Reihe für Reihe werden die Schritte eingeübt. Eins, zwei, Cha-cha-cha, und schon bewegt sich der ganze Saal im selben Takt. Getanzt wird bis spät in die Nacht. Oder so lange, bis der eine oder andere eine Verschnaufpause braucht.
Lindy Hop reisst mit. Schon beim Aufwärmen. Es ist Sonntagmittag, in der Kanti-Turnhalle stehen etwa 50 Leute im Kreis. «Ihr müsst bouncen», sagt Yannick Cannon und wippt auf seinen Fussballen auf und ab. Zusammen mit Paula Guzman gibt er einen Lindy-Hop-Schnupperkurs. Die beiden sind Mitglieder des St.Galler Vereins Sitterbugs – und bringen den Swing ans Tanzfest. Lindy Hop ist ein Paartanz und kam in den frühen 1930er Jahren in den New Yorker Ballrooms auf. Hierzulande erlebt der Tanzstil einen Boom. Auch die St.Galler Szene wächst.
Fertig aufgewärmt schnappt sich jeder einen Partner. Dann geht’s an den Grundschritt. «Back step, step, step», rufen Cannon und Guzman. Es dauert nicht lange, bis der Schritt sitzt. Dann wird wie im Lindy Hop üblich der Partner gewechselt. Runde für Runde zeigen die Kursleiter neue Figuren. Erst dreht die Dame, dann der Herr, dann beide. Hapert’s hie und da, wird fröhlich weiter gehüpft und geschwungen. Denn der Lindy Hop reisst nicht nur mit – er verbreitet auch gute Laune.