Universität St.Gallen
Projekt eines Zürcher Architekten für neuen HSG-Campus am Platztor verspricht offenes Gebäude mit öffentlichem Park

Auf dem Areal Platztor erstellt der Kanton einen zweiten Campus für die Universität St.Gallen. Damit erhält die HSG den benötigten zusätzlichen Raum. Die Jury des Architekturwettbewerbs sieht im erstrangierten Projekt «Haus im Park» des Zürcher Architekten Pascal Flammer den besten Brückenschlag zur Stadt.

Marcel Elsener
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 Zum neuen Gebäude gehört auch ein öffentlicher Park.

Zum neuen Gebäude gehört auch ein öffentlicher Park.

Bild: pd

Der zusätzliche Campus der Universität St.Gallen am Fuss des Rosenbergs nimmt Form an: Kompakt, aber auch luftig, offen und mit grosszügigen Freiflächen präsentiert sich das Projekt «Haus im Park» des Zürcher Architekten Pascal Flammer für das Unigebäude auf der Platztor-Brache am nördlichen Rand der St.Galler Altstadt. Die Jury des Architekturwettbewerbs hat es unter den 59 eingereichten Projekten als eines der drei vielversprechendsten ausgewählt und nun nach der Überarbeitung mit dem ersten Platz ausgezeichnet.

«Die Architektur erzählt von Transparenz, Offenheit und von Kommunikation», heisst es im Jurybericht. «Mittels weicher Grenzen und erzeugter Tiefe tritt das Gebäude und damit die Institution HSG in den Dialog mit der Stadt.» Dabei lobt die Jury speziell die Gestaltung des Freiraums mit dem «respektvollen Gebäudeabstand» zur gegenüberliegenden Häuserzeile sowie dem «stark begrünten Hangbereich». Der Abstand von der Strasse schaffe einen «weiten Raum für das Ankommen und die Gastronomie».

Ein offenes Gebäude, das auch von der Bevölkerung genutzt werden soll

Ankommen, vom Hügel herunterkommen, das will die HSG mit ihrem zusätzlichen Campus unten in der Stadt. Freilich geht es um dringend benötigten Raum für Lehre und Forschung: Von 5000 ist die Uni längst auf über 8000 Studierende gewachsen und baut ihre Studienangebote weiter aus, auch um dem Fachkräftemangel in der Ostschweiz entgegenzuwirken (Stichworte Informatik, Medizin). Dank dem zusätzlichen Campus könnten ausserdem die zahlreichen leidigen Mietobjekte in der Stadt abgebaut und wieder für Wohnraum verwendet werden, wie Bildungschef Stefan Kölliker vor den Medien betonte.

Doch es geht ebenso sehr um die Anbindung an die Stadt: Baudirektorin Susanne Hartmann sprach von einem «öffentlichen Raum, wo Uni und Bevölkerung zusammenkommen» und wo, wie vom Kanton erwünscht, «Barrieren abgebaut und Brücken gebaut» würden. Das ausgewählte Projekt symbolisiere diese öffentliche Zugänglichkeit an einer der wichtigsten Verkehrsachsen in Stadt und Kanton.

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Bilder: pd

Auch Unirektor Bernhard Ehrenzeller betonte die erwünschte

«Begegnungsuniversität», welche die hohe «Nutzungsflexibilität» des Neubaus ermögliche. Die HSG wolle keine Fernuniversität sein, vielmehr den Austausch zwischen Lehre und Forschung verstärken und neuartige Lernräume fördern; gerade die Coronazeit habe gezeigt, dass es an solchen Plätzen mangle. Integrativ gegen innen, einladend gegen aussen solle der neue Campus wirken, so Ehrenzeller.

«Das Gebäude soll animieren, um gern da zu sein und zu bleiben.»

Die grossen Fensterflächen erlaubten durchgängigen Einblick: «Es ist auch für die Studierenden neu, dass man sieht, was die da tun.» Dank des Restaurants und bewusst kuratierter Veranstaltungen soll die Bevölkerung teilhaben, meint Ehrenzeller und kann sich sogar Versammlungen des Quartiervereins am Platztor vorstellen. Gesamthaft bietet der neue Campus 31'000 Quadratmeter Geschossfläche. In den zwei Untergeschossen ist eine Aula mit Platz für 400 Personen geplant; die vier Obergeschosse dienen dem Austausch von Studierenden und Dozierenden.

Viel Holz, Freiraum und eine Stadtterrasse

Mit seinen grossen zusammenhängenden Flächen mache der sechsstöckige Bau die Uni sicht- und erlebbar, unterstrich Kantonsbaumeister Michael Fischer. Man spüre in ihm die Stadt, und der Stadtraum werde wiederum an und ins Gebäude hineingeführt; dazu gehört auch eine öffentliche «Stadtterrasse» im ersten Geschoss. Das kompakte Gebäude mit «kleinem Fussabdruck» und viel Holz überzeuge mit vielen Stärken, jedoch vor allem städtebaulich, meinte Fischer.

«Es verspricht einen zukunftsweisenden und identitätsstiftenden Campus für die Uni und die Stadt.»

Im Gegensatz zu vielen anderen Projekten beschränkt sich der künftige St.Galler Universitätsbaumeister Pascal Flammer mit seinem «Haus im Park» auf ein einzelnes Gebäude, das (jeweils aufgerundet) 80 Meter lang, 40 Meter breit und 25 Meter hoch ist. Die Reduktion und Durchlässigkeit deutet auf seine skandinavischen und japanischen Einflüsse hin.

Flammer, geboren 1973 in Fribourg, ist für sein mehrfach preisgekröntes Einfamilienhaus («Stöckli») in Balsthal bekannt; bevor er 2005 in Zürich sein eigenes Büro eröffnete, arbeitete er jahrelang für den Bündner Architekten und ETH-Professor Valerio Olgiati. Die Wahl eines kleineren, relativ jungen Büros steht durchaus in der Tradition der HSG: Als sich Walter Maria Förderer 1957 mit seinem Entwurf für einen brutalistischen Neubau der Handelshochschule St.Gallen gegen 116 (!) Mitbewerber durchsetzte, war das Basler Büro gerade mal ein Jahr alt.

Zurückhaltung und Leichtigkeit statt eines wuchtig-protzigen Neubaus

Unter den derzeit ausgestellten 59 Projekten mögen sich wuchtigere, markantere, mutigere Gebäudeformen finden. Doch leuchtet ein, warum das transparente und städtebaulich rücksichtsvolle Projekt Flammers die meisten Sympathien erhielt. Gewiss schwingt die Absicht der Universität mit, das viel kritisierte Image der elitären und betriebswirtschaftlich dominierten «Kaderschmiede» abzulegen und in der Stadt keinesfalls mit einem Neubau aufzutrumpfen, der als bluffig, protzig oder arrogant wahrgenommen werden könnte.

Anspruchsvoll wird die Verbindung in die Stadt, die grösstenteils mit einer Unterführung des täglich von 24'000 Fahrzeugen befahrenen Unteren Grabens geleistet werden soll. Vorläufig nur mit Treppen erreichbar bleiben soll der Rosenberg-Campus, weil eine Drahtseilbahn und andere Ideen als zu kostspielig verworfen wurden – eine sportliche Herausforderung.

Gebaut werden soll der Campus von 2025 bis 2029. Den grössten Teil der Gesamtkosten von 207 Millionen Franken trägt der Kanton St.Gallen: Den 160-Millionen-Kredit hatten 2019 gut zwei Drittel der Stimmberechtigten gutgeheissen. Beiträge kommen ausserdem vom Bund (25 Millionen), von der Universität (20 Mio.) und von der Stadt (2 Mio.). Die weiteren Bauprojekte der HSG sind weit fortgeschritten: Im Herbst wird die vom Kanton für 15 Millionen Franken sanierte Bibliothek eröffnet, im Februar 2022 folgt das HSG Learning Center mit Platz für rund 700 Studierende, dessen Kosten von 60 Millionen Franken durch die HSG-Stiftung finanziert werden.

Hier finden Sie den ausführlichen Jurybericht.

Projekte werden ausgestellt

Interessierte können die 59 Projekte mit Modellen und Plänen im dritten Stock in der Hauptpost in St.Gallen einsehen. Die Ausstellung dauert vom 27. April bis 8. Mai. Die Öffnungszeiten sind auf der Website www.hsgbaut.ch aufgeschaltet. Aufgrund der aktuellen Lage kann sich im Ausstellungssaal nur eine begrenzte Anzahl Personen aufhalten.